Es ist gut 1 Woche her, dass der Nationaltorhüter Robert Enke nach seinem tragischen Tod unter großer nationaler und internationaler Anteilnahme beerdigt wurde. Keiner dürfte wohl von der Trauerfeier im Heimstadion Robert Enkes in Hannover unberührt geblieben sein. Vor allem der Moment, als unter den Klängen der Fußballhymne „You’ll never walk alone“ der Sarge Robert Enkes von seinen Mannschaftskollegen aus dem Stadion getragen wurde, war intensiv.
„You’ll never walk alone“ – Du wirst nie alleine gehen …?
Die Hymne wird vor allem dann angestimmt, wenn die eigene Mannschaft unterlegen ist oder die Niederlage droht. Sie signalisiert, dass der Eine für den Anderen einsteht – in der Mannschaft – aber auch zwischen Fans und Mannschaft.
Ich muss gestehen, dass es mir einen Schauer über den Rücken jagte, als diese Hymne in Hannover (und wenige Tage beim Länderspiel in Gelsenkirchen-Schalke) angestimmt wurde. Aber weniger aus Sentimentalität. Vielmehr empfand ich ein beklemmendes Gefühl. War das nicht zynisch, dieses „Du wirst nie alleine gehen“? War der letzte Gang Robert Enkes am Bahndamm nicht voller Einsamkeit? Und hat er nicht viele ratlos und einsam zurückgelassen?
In Trauer verbunden
Man steht unfassbar vor dem Tod Robert Enkes, vor allem aber vor der Art und Weise seines Sterbens. Viele Worte wurden in den letzten Tagen gemacht, um den Tod des Nationaltorhüters zu verstehen – Worte, die wie Musik zur Trauer klingen. Die gemeinschaftliche Trauer hilft hier vielleicht, die eigene Sprachlosigkeit zu überwinden, für die es doch keine echten Worte geben kann. Aber wie viele Menschen bleiben in solchen Situationen allein – und niemand ist da, der mit ihnen trauert.
In Erinnerung wird vor allem auch Teresa Enke, die Frau von Robert Enke, bleiben. In ihr wurde offenbar, dass psychische Erkrankungen nicht nur die Erkrankten selbst betreffen. In ihr kamen die zur Sprache, die auch von dem noch existierenden Tabu, über psychische Erkrankungen zu sprechen, betroffen sind. Sie ist diejenige, die jetzt allein nach einem neuen Weg ins Leben suchen muss. „You’ll never walk alone …?“
Vom „Warum?“ zum „Wozu?“
Viel ist nach dem „Warum“ gefragt worden. Eine Frage, die schlichtweg nicht zu beantworten ist. Vielleicht auch eine Frage, die falsch gestellt ist. Besser wäre es, angesichts der Tragik der letzten Tage nach dem „Wozu“ zu fragen. Wenn das Tabu des Schweigens, in das sich Betroffene und Angehörige hüllen – vielleicht auch hüllen müssen -, wenigstens anfanghaft durchbrochen werden konnte, wird der Tod Robert Enkes nicht sinnlos bleiben. Die Worte des DFB-Präsidenten Theo Zwanziger bringen genau das zum Ausdruck:
Fußball ist nicht alles. Fußball, meine Damen und Herren, liebe Trauergemeinde, darf nicht alles sein. Das Leben, das uns geschenkt ist, ist vielfältig. Es ist interessant. Es ist lebenswürdig. Wir können auch auf das, was wir tun, ein Stück stolz sein. Wir können etwas leisten. Aber wir erfüllen uns immer nur in der Vielfalt und in der Gemeinschaft. Fußball darf nicht alles sein, liebe Eltern, wenn Ihr daran denkt, ob Eure Kinder einmal Nationalspieler werden könnten. Denkt nicht nur an den Schein, an dass was sich dort zeigt, über die Medien verbreitet. Denkt auch an das, was im Menschen ist, an Zweifel und an Schwächen. Fußball ist nicht alles.
Hätte Robert Enke gewusst, was er durch seine einsame Entscheidung und den letzten entscheidenden Schritt auslöst, hätte er ihn dann getan?
Sicher ist: Da wo Robert Enke jetzt ist, gilt: „You’ll never walk alone!“
Dr. Werner Kleine
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
Der Tod und die öffentliche Trauer…
“Michael Jackson ist tot” – der selbsternannte “King of Pop” verstarb am 26. Juni 2009. Sein Tod löste nicht nur bei seinen Fans in der Welt Bestürzung und Trauer hervor. Sogar Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen…
Man sieht wieder deutlich, wie dumm die Menschen sind. Schnell vergessen ist die Lebensgeschichte eines Verstorbenen. Gemessen an den Leistungen und Bekanntheitsgrad, die augenscheinlich übrigbleiben. Aber was ist mit den Menschen aus der direkten Nähe. Wer interessiert sich für deren Leben, wenn sie keinen Bekanntheitsgrad haben? Vielleicht haben sie es nur geschafft, ohne Aufsehen ein ehrenvolles Leben zu führen. Ich kenn viele, die auf Ihrem Lebensweg gehen und sich nicht von den üblichen Verführungen der Gesellschaft verleiten zu lassen. Ein sehr bescheidenes Leben. Von diesen Leuten sterben täglich welche. Es spricht keiner davon. Aber man spricht von Popstars und Fußballgöttern.