6. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr C) – Apg 15,1-2;22-29, Offb 21,10-14;22-23, Joh 14,23-29
Vom Frieden – nicht von dieser Welt
Die Lesungen des heutigen Sonntags führen uns zunächst in der Apostelgeschichte mitten hinein in eine der schwersten Auseinandersetzungen der frühen Kirche: Ein ganzes Konzil – das Apostelkonzil – braucht es, um die schwierige Frage zu entscheiden, wie es mit den Heidenchristen weitergehen soll. Schließlich stand damals die kirchliche Praxis in beträchtlicher Spannung zu dem Wort Jesu, wonach erst Himmel und Erde vergehen müssten, bevor auch nur der kleinste Buchstabe des jüdischen Gesetzes geändert würde (Mt 5, 17). Jetzt kommt eine in ihrem Anspruch ungeheuerliche Wende: „Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen …“. Das ist wirklich ein Tusch. Es bestehen Schwierigkeiten, die Jünger Jesu, die nicht aus dem Judentum stammen, wollen eine Lösung ihrer unklaren Situation: und in gleichsam göttlicher Vollmacht entscheiden die Apostel, was man eine rheinische Lösung nennen könnte: keine Beschneidung und keine detaillierten Vorschriften, aber ein paar Grundsätze werden übernommen.
Kaum hatten man diese wirklich revolutionäre Botschaft aus der Apostelgeschichte gehört und sich über den Freimut gewundert, mit dem die Apostel eine Anpassung der Lehre an die Notwendigkeiten der Zeit vornehmen, da schildert Johannes in den wunderbaren Bildern der Geheimen Offenbarung seine Vision des Neuen, des Himmlischen Jerusalem. Und jetzt? Mitten drin der erstaunliche Satz: „Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt“. Eine Endzeitvision, eine Schilderung des vollendeten Gottesreichs, in dem es keine Kirche mehr braucht, denn der Herr selbst, Gott selbst und das Lamm sind Tempel, Sonne und Mond und alles, was dieses Neue braucht und strahlen lässt ist aufgebaut auf den zwölf Aposteln und den zwölf Stämmen Israels und ganz erfüllt von der Herrlichkeit Gottes.
Dieser Hinweis des Johannes kann von uns heute vielleicht gelesen werden als eine Mahnung, uns nicht so wichtig zu nehmen, uns die Vorläufigkeit und Relativität vor Augen zu führen, die wir in der Kirche in unserer Zeit ertragen müssen und die uns andererseits auch erleichtert, weil schließlich er, Gott selbst, derjenige ist, um den es geht, der selbst und unmittelbar ohne unsere kirchliche Vermittlung der Ursprung der Heiligen Stadt Jerusalem ist.
Und gleichsam wie eine Bestätigung fügt Johannes dann im Evangelium an, dass Christus uns einen Frieden hinterlassen hat, wie er nicht von der Welt stammt, sondern wie er von ihm selbst zu uns kommt, indem er uns seinen Frieden gibt. Einen Frieden, der womöglich nicht immer unseren Erwartungen entspricht, der immer mehr gibt, als wir uns zu erhoffen wagen.
Unsere Sonntagslesungen spannen den Bogen von der selbstbewussten, aber nicht selbstherrlichen Entscheidung der Apostel für die Heidenchristen über den himmlischen Tempel, der Gott selber ist, zum Beistand für die Kirche in der Welt, den Heiligen Geist, der uns als Lehrer hilft, wenn er uns an ihn, Jesus selbst, erinnert. Das ist damit die Quintessenz dieses Sonntags: Verkündet es jauchzend: Der Herr selbst hat sein Volk befreit!
Ich wünsche Ihnen einen friedvolle Woche.
Ihre Katharina Nowak
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