Das große Fußballfest ist vorbei, der Sommer ist angekommen. Für viele beginnt jetzt eine Zeit, auf die sie sich das ganze Jahr freuen und vorbereiten. Wer hat sich nicht danach gesehnt, dass Ferien und Urlaub beginnen? Endlich ausspannen vom Alltagsstress, neue Menschen kennenlernen, andere Landschaften sehen, ungewöhnliche Erfahrungen machen – endlich leben! Jetzt wird all das nachgeholt, wofür in den letzte Monaten keine Zeit war.
Nicht selten zerplatzt dieser Traum schon kurz nach Urlaubsbeginn. Nicht nur der erste Ferienstau auf der Autobahn erzeugt Stress, wenn die Kinder zum x-ten Mal fragen, wie lange es noch dauert, der Lärmpegel auf der Rückbank steigt oder man das Kinderhörspiel nach der x-ten Wiederholung mit dem Partner in verteilten Rollen mitsprechen kann. Irgendwann will man dann nur noch so schnell wie möglich ankommen und endlich ausspannen. Aber auch dann ist häufig der Konflikt in der Familie schon vorprogrammiert, weil die Erwartungen aneinander einfach zu unterschiedlich sind oder lange Unausgesprochenes kommt – weil endlich Zeit ist – zur Unzeit hoch.
Dabei kann man sogar im Urlaub viel vom Fußball lernen. Das Spiel beginnt am eigenen Strafraum. Nur wenn die Defensive steht, gelingt das Spiel nach vorn. Für den Urlaub heißt das: Runter vom Gas! Das gilt sowohl für stressfreies defensives Fahren wie für das Urlaubsprogramm. Im Fußball werden die Spiele oft im Mittelfeld gewonnen. Bei der WM war es die souveräne Leichtigkeit und das eintrainierte Kurzpassspiel, das nicht nur den Weltmeister ausmacht, sondern mit dem auch die deutsche Nationalmannschaft begeistert hat. Auch in den Ferien muss die Leichtigkeit des Seins erst eingeübt werden: Wenn der Alltag zu Hause bleibt – wir selbst nehmen uns mit in den Urlaub. Es wird und kann nicht alles anders werden. Die eingespielte Alltagsroutine kann auch in den Ferien vor allzu großen Erwartungen und den noch größeren Enttäuschungen schützen. Wer große Sprünge machen möchte, stolpert leicht; auch die kleinen Schritte führen zum Ziel.
Im Fußball steht am Ziel eines Spielzuges schließlich der Stürmer, der nach wunderbarem Steilpass den Ball im Tor versenkt. Vor dem gemeinsamen Jubel steht der gemeinsam erarbeitete Spielzug. Auch die Urlaubserholung ist ein Gemeinschaftsprojekt. Wer lernt, vom anderen her zu denken, schützt sich und die anderen vor Überforderungen, die nicht erfüllt werden können. So kann auch Ihr persönliches Sommermärchen gelingen.
In diesem Sinn wünsche ich den Daheimbleibenden einen guten Sommer, den Reisenden eine gesunde Heimkehr, allen aber eine gottgesegnete Zeit.
Dr. Werner Kleine
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
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