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kath 2:30 Meinungen LogoEs ist schon wirklich erstaunlich, wie die Schwerpunkte in der Verkündigung der frohen Botschaft gegenwärtig gesetzt werden. Ein Medium, das wohl zu den meistgenutzten – und gelesenen Publikationen der Kirche zählt, ist tatsächlich der klassische Pfarrbrief, der von den Pfarrgemeinden vor Ort zwei- bis viermal jährlich in alle Haushalte, in denen mindestens ein Katholik wohnt, verteilt wird. Diese Pfarrbriefe bieten eine gute Gelegenheit, auch diejenigen zu erreichen, die nicht unbedingt jeden Sonntag den Gottesdienst besuchen oder an anderweitigen Angeboten der Gemeinde teilnehmen. Gestaltung und Inhalt der Pfarrbriefe sollten deshalb gut durchdacht und geplant werden. Nichts ist schließlich schlimmer, als den Leser zu langweilen und seine Vorurteile zu bestätigen, statt ihn für eine Sache zu interessieren.

Ein Standarddatum, zu dem die meisten Pfarrbriefe erscheinen, ist die Adventszeit. Das bevorstehende Weihnachtsfest und die damit verbundene Erwartungshaltung, die auch die postmoderne Gesellschaft in vielfältiger Ausformung prägt, bildet den gestalterischen und inhaltlichen Schwerpunkt. Ein grobe Durchsicht aktueller Adventsausgaben der in Wuppertal erscheinenden Pfarrbriefe, die mir zugänglich waren, zeigt aktuell eine deutliche thematische Tendenz: Die Anklage der Verkommerzialisierung des Weihnachtsfestes. In Editorials, geistlichen Beiträgen – wahrscheinlich auch in mancher Predigt – wird gegen den Adventkonsum zu Felde gezogen. Die Weihnachtsbotschaft vom menschgewordenen Gott drohe angesichts der Geschenkeflut unterzugehen. Die offen vorgetragene Forderung nach einem besinnlichen Advent zieht angesichts der formulierten Konsumklage einen deutlichen Appell nach sich: Bitte, schenken Sie jetzt nichts!

Ich muss gestehen, dass mich diese kulturpessimistische Ausrichtung katholischer Propaganda mittlerweile ziemlich nervt. Besteht die Botschaft des Christentums tatsächlich nur noch aus entweltlichender Ablehnung? Hinzu kommt, dass eine Begründung für die Behauptung des die Bevölkerung kollektiv ergreifenden Konsumrausches ausbleibt. Den Kommerz anzuklagen scheint kirchlich en vogue zu sein – allein: Die Klage verfehlt ihr Ziel! So hat die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in einer Studie jüngst veröffentlicht, dass jeder Deutsche zwischen 14 und 65 Jahren 241 Euro für Weihnachtsgeschenke – und damit tendenziell weniger als im Vorjahr – ausgeben wird. Die Ausgaben divergieren dabei erwartungsgemäß je nach Alter und Einkommen:

„Während junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahren durchschnittlich 121 Euro für Geschenke einplanen, steigt die Summe mit zunehmendem Alter bis auf 303 Euro bei den 55-64-Jährigen. Speziell diese Altersgruppe will im Verleich zum Vorjahr am deutlichsten sparen und durchschnittlich 30 Euro weniger ausgeben.“ (Quelle: GfK)

Natürlich kann man jetzt darüber diskutieren, ob durchschnittlich 241 Euro nicht doch viel Geld für Weihnachtsgeschenke sind und ob man mit diesem Geld nicht Sinnvolleres anstellen könnte. Die Summe an sich ist sicher nicht geeignet, in ein rauschhaftes Konsumverhalten zu fallen, zumal die GfK außerdem erhoben hat, dass das Budget in Bücher, Kleidung und Spielzeug investiert wird. Bücher stehen dabei auf Rang 1, gefolgt von Kleidung und dann erst Spielzeug. Da wird manches dabei sein, was ohnehin gebraucht wird.

Man darf sich also nicht blenden lassen. Ein Rausch sieht anders aus. Sicher, wer in der Adventszeit in die Innenstädte geht, wird Menschen antreffen, die volle Tüten in den Händen halten. Er wird Menschen treffen, die gestresst wirken und von Geschäft zu Geschäft eilen. Aber was ist daraus zu schließen? Vielleicht ist es für diese Mitbürger die einzige Gelegenheit, Weihnachtseinkäufe zu tätigen.

Wer in der Adventszeit in die Innenstädte geht, wird aber auch eine allgemeine von Vorbereitung erfüllte Stimmung wahrnehmen können. Es ist eben die Zeit, um es mit einem jesuanischen Gleichnis zu sagen, Öl zu kaufen und sich auf das große Fest vorzubereiten (vgl. Matthäus 25,1-13). Wer jetzt kein Öl kauft, wird an Weihnachten möglicherweise wie die törichten Jungfrauen dastehen.

Mal ehrlich: Kann man sich das wirklich vorstellen – eine Innenstadt in der Adventszeit ohne Weihnachtsmarkt und ohne die vielleicht auch hektische Vorbereitung auf das große Fest? Ist der Himmel in der Heiligen Nacht wirklich still gewesen – oder war da nicht doch ein frohes Jubilieren? Sind die Hirten nicht hektisch nach Bethlehem gelaufen? Haben die drei Magier nicht ein Vermögen in die Geschenke für den neugeborenen König investiert? Mit 241 Euro wären sie wohl nicht weit gekommen – auch wenn man einem Neugeborenen und seinen Eltern für diese Summe sicher Sinnvolleres hätte schenken können als Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Lassen wir also die Kirche im Dorf – und den Menschen ihre Freude an der Advents- und Weihnachtszeit. Einen Konsumrausch anzuklagen, den es so gar nicht gibt, bringt bestimmt niemanden zur Besinnung. Eher werden Vorurteile bestätigt, die die Wahrnehmung der eigentlichen Weihnachtsbotschaft sicher nicht erleichtern. Es ist doch die Botschaft von dem, der seine Gottheit nicht wie einen Raub festhielt, sondern sich entäußerte und ein Mensch wurde wie wir. Es wäre schade, wenn die Menschen diese Botschaft nicht mehr hörten, weil die Verkünder damit beschäftigt sind, ihnen ein schlechtes Gewissen zu machen.

Das meint
Ihr Dr. Werner Kleine

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

3 Kommentare


  1. […] unterm Tannenbaum? Der Wuppertaler Pastoralreferent Dr. Werner Kleine wirft diese Frage auf und schreibt: “Ein grobe Durchsicht aktueller Adventsausgaben der in Wuppertal erscheinenden Pfarrbriefe, […]

  2. Peter Otten schrieb am 5. Dezember 2011 um 16:01 :

    Lieber Werner, vielen Dank für den hellsichtigen Beitrag, mit dem Du mir aus der Seele sprichst.

    Vgl auch:
    http://kjg-koeln.de/bueroeins/2011/12/adventszeit-keine-zeit-der-miesepetras-und-miesepeter/#more-227

  3. Kath 2:30 schrieb am 8. Dezember 2012 um 19:34 :

    […] Sie zu diesem Thema auch den Beitrag “Bitte, schenken Sie jetzt nichts!” in diesem […]

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