Mit dem Fest „Taufe des Herrn“ endet die Weihnachtszeit. Bis zur Liturgiereform währte diese Zeit 40 Tage bis zum 2. Februar, dem Fest „Darstellung des Herrn“ – im Volksmund auch „Mariä Lichtmess“ genannt. Jetzt bildet das Fest „Taufe des Herrn“ den Abschluss und führt eröffnet gleichzeitig den Jahreskreis, denn der kommende Sonntag wird der 2. Sonntag im Jahreskreis sein. Man könnte das Fest „Taufe des Herrn“ fast als „Schwellenfest“ bezeichnen. In diesem Fest sind Weihnachten und Alltagszeit eben scharft voneinander getrennt, sondern miteinander verbunden. Die Menschwerdung Gottes, diese Identifikation Gottes mit uns Menschen, ereignet sich eben, oder besser gerade im Alltag.
Der Alltag ist auch der Bewährungsort des Christseins. Hier entscheidet sich, wie ernst wir es mit dem Wort Gottes meinen. Der menschgewordene Gott begegnet uns eben nicht nur in der Eucharistie, sondern auch im Nächsten. Der Nächste ist der, der uns gerade jetzt begegnet – ob wir ihn mögen oder nicht. Mutter Theresa von Kalkutta hat diese Verbindung vollständig in ihr Leben integriert. Bevor sie durch die Straßen Kalkuttas zog, um den Armen, Kranken und Leidenden beizustehen, hielt sie Anbetung vor dem Allerheiligsten. Das eine war für sie nie ohne das andere zu denken. Wer in der Kirche vor dem Allerheiligsten kniet, wird sich im Alltag Gott verehrend den Niedrigen gebückt zuwenden müssen.
Am heutigen Fest „Taufe des Herrn“ wird genau das gefeiert. Gott selbst beugt sich in die Niedrigkeit des Menschen herab – so tief, dass sie fast verborgen erscheint. Sie wird erst durch die himmlische Stimme geoffenbart: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ (Lukas 3,22)
Ob viele Menschen diese Offenbarung erlebt haben, lässt das heutige Evangelium offen. Trotz der eigentlich eindeutigen Offenbarung wird der Weg Jesu am Kreuz enden. Selbst das Wort Gottes erreicht sein Ziel nicht von selbst. Selbst das Eingreifen Gottes scheitert allzu oft an den Menschen selbst. Die oft gestellte Frage: „Wie kann Gott das zulassen?“ wird dann zu der Frage: „Warum hast du, Mensch, nicht gehandelt?“. Wer nur anbetend vor Gott steht und darüber den Nächsten vergisst, steht Gott eben manchmal im Weg. Da hilft nur eins: Umkehren und mit Gott in die Welt gehen, zu den Armen, Kranken und Leidenden. Manchmal reicht es auch schon, den Nachbarn zu grüßen, dem anderen im Straßenverkehr mit Rücksicht zu begegnen oder dem Kollegen zu helfen. Man muss dabei nicht alle mögen, aber achten. Gott tut es doch auch!
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche,
Ihr
Dr. Werner Kleine, PR
Katholische Citykirche Wuppertal
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
Du kannst einen Kommentar schreiben.