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kath 2:30 Dies DominiEs ist sicher keine Untertreibung, wenn man die Ereignisse vom 11. Februar 2013 als historisch bezeichnet. Der überraschende Rücktritt Papst Benedikts XVI am Rosenmontag war selbst für Insider völlig unerwartet. Kein Wunder, dass die Spekulationen über die Gründe Anfang der Woche in zahlreichen Foren, Talkshows und Artikeln ins Kraut schossen.

Nicht alles, was dort zu lesen, zu hören und zu sehen war, entsprang wohlüberlebter Reflexion. Was da die Besserwisser nicht alles von sich gaben. In der WDR Sendung „Lokalzeit Bergisch Land“ vom 11.2.2013 verstieg sich ein im Bergischen Land wohnender, als Mitarbeiter von Radio Vatikan ausgewiesener Interviewpartner zu der Aussage, auf den Gängen des Vatikan wäre von Demenz die Rede – eine Information, die völlig ungeprüft in Umlauf gebracht wurde. In der Ausgabe der gleichen Sendung vom 12.2.2013 durfte ein junger Wuppertal unwidersprochen den Papst als „größten Abzieher“ bezeichnen, ohne dass nachgehakt wurde, wie er denn zu dieser Aussage käme.

Auch sonst war viel von den Versäumnissen des Papstes die Rede. Der kritische Theologe David Berger durfte in der ARD-Sendung „Beckmann“ vom 14.2.2013 mehrfach darauf hinweisen, der Papst hätte ja den homophonen Äußerungen seiner Mitarbeiter nicht widersprochen – als wenn der Papst jedes Wort seiner Mitarbeiter zu kommentieren hätte. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth erwies sich als Meisterin der Redundanz; gleich mehrfach erhob die der katholischen Kirche nicht angehörende Politikerin das Lamento, jetzt müsse endlich etwas in Sachen Zölibat, Frauenordination und Sexualmoral getan werden. Und die jüngst aus der Kirche ausgetretene Journalistin Eva Müller durfte in den letzten Tagen ebenfalls mehrfach Werbung für ihr Buch „Gott hat hohe Nebenkosten“ machen, in dem sie zwar die finanziellen Regelungen kirchlicher Einrichtungen offenlegt, dabei aber vergisst, dass dies keineswegs auf die Kirche beschränkte Sonderregelungen sind und die Kirche andere Einrichtungen, die der Gesellschaft dienen, komplett oder zu großen Teilen selbst finanziert – wie zum Beispiel die katholischen Beratungsstellen für Ehe-, Familien- und Lebensfragen.

Die Liste könnte hier noch lange fortgeführt werden. Und nur um das festzustellen: Ich habe nichts gegen berechtigte Kritik; ganz im Gegenteil. Allerdings geht es hier nicht um berechtigte Kritik und konstruktive Auseinandersetzung. Was man da erleben konnte, hatte eher etwas von gehässigem Nachtreten und neurotischem Abarbeiten persönlicher Ressentiments, so dass Klaus Kelle in der Kolumne „Politisch inkorrekt“ der Rheinischen Post vom 15.2.2013 unter dem Titel „nach dem Papst-Rückzug: Feuer frei aus allen Rohren“ völlig zu Recht feststellt:

Vorweg: Niemand muss katholisch oder überhaupt Christ sein, niemand muss an Gott glauben, und niemand muss überhaupt einen Papst mögen. Doch die Reaktionen eines Teils der deutschen Öffentlichkeit lassen mich am Verstand mancher Zeitgenossen zweifeln. (…) Kaum ein Blatt, kaum ein Sender, der die Top-Nachricht dieser Woche nicht nutzt, vornehmlich Gegner der katholischen Kirche im Allgemeinen und dieses Papstes im Besonderen ausführlich zu Wort kommen zu lassen.

Was in dem ganzen Palaver unterging – weil auch niemand der professionellen Gesprächsleiter danach fragte -, ist die Frage nach der Bedeutung, die dieser wahrhaft historische Schritt über den eigentlichen Rücktritt hinaus hat. Da verzichtet einer, dessen Titel immerhin „Stellvertreter Jesu Christi“ ist, auf sein Amt. Das müsste doch eigentlich allen, die immer die vermeintliche Machtbessenheit der Kirche beklagen, in den Ohren klingeln. Denen, die sich immer noch nach der „ecclesia triumphans“ – der triumphierenden Kirche – sehnen, klingelt es jedenfalls in den Ohren. So twitterte der der konservative Kirchenrechtler Alexander Pytlik:

Wenn ein Tyrann vor Rom stünde oder dem Papst die Muttergottes in einer Privatoffenbarung gesagt hätte, per 28. 2. zurückzutreten: nur dann.

oder:

Unbegreiflich: bis jetzt hat kein Kardinal Bischof zu Gebetssturm Gebet aufgerufen, daß Papst seine fehlbare Entscheidung zurücknehme. (sic!)

Auch der Rechtsanwalt der Piusbrüder, Dr. Maximilian Krah, betont in einem Tweet:

Ein Papst hat im Amt zu sterben. Das Herabsinken des Papstamtes zu einem Posten auf Zeit ist ein großer Schaden.

Besonders deutlich wird die historische Dimension der Erklärung des aus freien Stücken und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte erfolgenden Rücktritts Papst Benedikts XVI in einer Äußerung der Erzbischofs von Krakau, Stanislaw Dziwisz:

Dziwisz verwies darauf, dass Karol Wojtyla, Papst vor Ratzinger, trotz schwerer Erkrankung zu jener Zeit nicht von seinem Amt als Papst zurückgetreten sei. “Er vertrat die Ansicht, man steige nicht vom Kreuz herab”, wurde Dziwisz zitiert. (Quelle: ZDF-Hyperland. Darüber spricht das Web)

Die Äußerungen von Erzbischof Dziwisz, die er am selben Abend dahingehend relativierte, er wolle nicht die beiden Päpste vergleichen, sorgten nicht zuletzt deshalb für Irritationen, weil er der Privatsekretär Johannes‘ Pauls II war. Die Irritation ist wohl begründet. Stand Johannes Paul II genau als Stellvertreter Jesu Christi dafür ein, sein Amt, bis zum letzten Atemzug auszufüllen und gerade auch sein Leiden zum Tode als Konsequenz dieser Nachfolge zu verstehen, setzt Benedikt XVI, der schon zu Lebzeiten Johannes‘ Pauls II den Rücktritt eines Papstes als reale Möglichkeit in Erwägung gezogen hat, ein radikal neues Zeichen: Im Vordergrund steht hier nicht der Stellvertreter Jesu Christi, sondern der Diener der Diener Gottes. Benedikt XVI liegt das Wohl der Kirche am Herzen, die gerade in diesen kritischen Zeiten eine gute und starke Führung braucht. Das Schiff der Kirche muss in ein neues Fahrwasser gesteuert werden – und offensichtlich hat Papst Benedikt XVI, der unzweifelbar für die Synthese von Glaube und Vernunft steht, gemerkt, dass er diese Gewässer nicht mehr genug kennt und ihm die Kräfte fehlen, sie zu erkunden. Das nenn ich Verantwortung für das Volk Gottes. Das hat jeden Respekt verdient. Das ist neu und modern!

Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki stellt deshalb lakonisch fest:

Der Papst hat mit seinem Rücktritt das Amt entzaubert. (…) Das Papstamt wird dadurch entmystifiziert. Und das ist auch gut so. (Quelle: Berliner Morgenpost, 12.2.2013)

Genau das ist die überragende Symbolik des Rücktritts von Benedikt XVI, die vielleicht erst mittel- oder langfristig erkannt wird. Der Papst ist und bleibt ein Mensch und nicht Gott. Heilig ist seine Aufgabe, nicht unbedingt die Person. Es geht nicht um Macht, sondern um Dienst – ein Dienst am Volk Gottes. Davon können viele, die sich „Erwählte“, also „Kleriker“ nennen, lernen. Berufung erscheint plötzlich relativ: Sie ist keine Berufung für sich selbst, sondern für das Volk Gottes.

Wer weiß, welche Konsequenzen dieser Rücktritt noch zeitigen wird. Was bedeutet die Zeitlichkeit des Papstamtes für das Unfehlbarkeitsdogma? Muss man die kirchliche Hierarchie jetzt nicht völlig neu definieren? Geht es in dieser Hierarchie wirklich um eine Oben-Unten-Relation oder um ein Miteinander der verschiedenen Charismen auf Augenhöhe in dem einen Leib Christi? Und überhaupt: Was wird jetzt aus den ganzen Papalatristen der Generation Benedikt oder dem Bildreporter Andreas Englisch, der – so hat man bisweilen den Eindruck – sein Lager auf der Fußmatte des apostolischen Palastes aufgeschlagen hat? Was wird aus all den Vorzeigekatholiken, die als Psychiater, Spiegeljournalisten oder K-TV-Chefredakteure in den Talkshows vorgeben, den wahren katholischen Glauben zu vertreten? Sie alle vergessen allzu schnell das Wort aus dem Evangelium vom 1. Fastensonntag im Lesejahr C:

Und er (der Teufel) sagte zu ihm (Jesus): All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen, und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. (Lukas 4,6-8)

Nein: Macht steht der Kirche nicht. Papst Benedikt XVI winkt mit dem Zaunpfahl. Manch einer, der nicht versteht, hat deshalb zu Recht Kopfschmerzen.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche,
Ihr

Dr. Werner Kleine, PR
Katholische Citykirche Wuppertal

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

14 Kommentare

  1. Peter Otten schrieb am 17. Februar 2013 um 09:23 :

    Die Klage über die angebliche Einseitigkeit der Berichterstattung kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Sie war qualitativ grenzwertig, vor allem in den ersten Stunden, das sicherlich. Auch ich habe mich beispielsweise über Stephan Kulle geärgert, der am Rosenmontag in Phoenix und auch abends noch in der Aktuellen Stunde des WDR seine krude These von den zukünftigen zwei Päpsten verbreiten konnte. Ich weiß aber auch, dass der Rücktritt für manche Fachredaktionen gerade am Rosenmontag ein Supergau war und sie tatsächlich stundenlang unter Druck standen, bis sie ihre Leute und überhaupt irgendwelche Gesprächspartner an Bord hatten. Das soll keine Entschuldigung sein, und doch finde ich Klaus Kelles Äußerung maßlos und einfach nicht zutreffend. Über den Stil in sozialen Netzwerken mag man sich aufregen – aber dann bitte grundsätzlich. Diese Ekelhafteleien sind doch nun wirklich nicht neu. Und wer ernsthaft Frau Ranke-Heinemann als Gesprächspartnerin einlädt oder Jürgen Fliege – dem ist eben nicht zu helfen; hier ist das Thema aber meines Erachtens der zum Teil unseriöse Aufriss der Diskussionskultur in den öffentlich-rechtlichen Medien und nicht eine grundsätzliche sprungbereite aggressive Presse. Abgesehen davon, dass man die Regensburger Rede vor allem im Hinblick auf ihre Marginalisierung des Protestantismus und auch die Rede des Papstes in Auschwitz zumindest im Blick darauf, wie der Papst die Rolle der Deutschen wertete doch wohl auch kritisch betrachten kann. Was Kelle vorzuwerfen ist ist, dass er – freilich mit umgekehrten Vorzeichen – genau das fordert, was er denen vorwirft, die er kritisiert: Eine undifferenzierte Lobhudelei. „Eine feixende schadenfrohe Meute“ – tut mir leid, die habe ich zumindest in der seriösen Presse nicht gefunden. Und wer sich selber ein Bild machen möchte, kann sich gerne unter der hier hinterlegten Linksammlung überzeugen: http://www.muenster.de/~angergun/papst-ruecktritt.html

    Dort wird die von dir, Werner, zu recht in den Vordergrund gestellte These von der Entmystifizierung und Entsakralisierung, die hinter dem Schritt des Papstes stehe und in der Tat nicht hoch genug gewürdigt werden kann übrigens schon seit Tagen lang und breit diskutiert. Man darf gespannt sein, wie es im Hinblick auf die Wahl eines neuen Papstes weiter geht. Im Moment herrscht ein bisschen das Gefühl wie beim 9. November. Doch bei aller Euphorie muss man daran erinnern: Auch wenn ein Past sein Amt zur Verfügung stellt, bleibt ein neuer doch ein absolutistischer Wahlmonarch. Und die dogmatischen Fesseln, die sich die Kirche im Laufe ihrer Geschichte angelegt hat, geben zu Zweifeln Anlass, dass sich das so bald ändern wird.

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 18. Februar 2013 um 18:19 :

      Lieber Peter,

      danke für Deinen Kommentar. Nachdem sich der erste mediale Pulverdampf verzogen hat, kann offenkundig auch in den Medien nüchterner über die Bedeutung des angekündigten Rücktritts von Benedikt XVI nachgedacht werden. Meine Kritik möchte ich auch nicht als generelle Medienschelte verstehen – ich denke, dazu kennst Du mich zu gut. Trotzdem fiel mir die anfänglich unreflektierte, vielleicht auch populistische Reaktion (mancher) Medien auf (siehe hierzu auch meinen Kommentar bzgl. des in der WDR-Lokalzeit „Bergisch Land“ vom 11.2.2013 erwähnten vermeintlichen Mitarbeiters von Radio Vatikan weiter unten).
      Dass es jenseits der medialen Oberfläche einen intensiven Austausch über die theologische Bedeutung des Schritts von Benedikt XVI ist, ist mir ebenso bekannt wie die von Dir zitierte Internetseite. De facto wurde diese Diskussion in der Öffentlichkeit bisher wenig gewürdigt. Vielleicht wird das noch. Der ARD-Presseclub vom 17.2.2013 setzte jedenfalls ein wohltuendes Signal, weil die Diskutanten (Daniel Decker, Christiane Florin, Bettina Gaus und Mattias Gierth) kritisch und sachlich der Frage nach der Bedeutung des päpstlichen Rücktritts auch für die Kirche nachgingen. Das war ein gutes Zeichen.

      • Peter Otten schrieb am 19. Februar 2013 um 09:23 :

        Lieber Werner, ich hoffe, du hast aus meinem Kommentar keine Generalkritik an dir heraus gelesen. Im Kern haben wir meine ich überhaupt keinen Dissenz. Und ich wollte auch nicht belehrend daherkommen. Was deine Kritik am WDR-Beitrag der Lokalzeit Bergisch Land angeht, stimme ich dir zu. Mein Beispiel geht ja in dieselbe Richtung. Umgekehrt kann man sich aber auch fragen: Warum stoßen wir selber zu wenig in diese Lücken, die sich da auftun? Eigentlich müssten wir selber die ExpertInnen für Theologie, Religion und Kirche sein, die natürliche GesprächspartnerInnen für Medien sind. Ich finde, da liegt auch eine Chance für uns alle drin. Eine differenzierte Stellungnahme des BDKJ im EB Köln hat es gestern bis in den Spiegel geschafft. Allein das ist keine Kunst, aber es zeigt doch, dass gute Argumente immer noch gehört werden. Medien bilden nämlich nicht nur Freaks ab, sondern sie sind auch begeistert, wenn sie es mit Menschen zu tun haben, die eine Sachlage verständlich erzählen können. Dann habe ich nur auf die meines Erachtens breite sachlich-fachliche Diskussion hingewiesen, weil die eben auch ignoriert wird (nun wirklich nicht von dir!, aber schon von KollegInnen, die oft schrecklich naiv und ahnungslos daherkommen). Ich höre von KollegInnen, die den Kölner Stadtanzeiger abbestellen, weil Joachim Frank den Kardinal böse darstelle. Man kann den Stadtanzeiger aus guten Gründen abbestellen, aber doch nun wirklich nicht deswegen. Und der Presseclub war wirklich ein tolles Beispiel öffentlich-rechtlichen Rundfunks – das habe ich denen auch geschrieben.

  2. Alexander Pytlik schrieb am 17. Februar 2013 um 12:48 :

    Danke für die interessante Analyse! Persönlich möchte ich noch folgendes feststellen (Tweets sind ja immer all zu kurz):

    Während meiner Studien des Kirchenrechtes und an meiner Päpstlichen Universität dachten weder Professoren noch Studenten je an einen terminierten Rücktritt des Heiligen Vaters, d. h. es wurde nicht einmal darüber spekuliert, daß einer Rücktrittsverkündigung ein festes späteres Datum gegeben würde. Erst seit 11. Februar 2013 steht die kirchenrechtliche Thematik im Raum, daß der Papst aufgrund dieser Frist auch noch einen derart erklärten Rücktritt zurücknehmen könnte.

    Ich respektiere diese päpstliche Entscheidung zu 100 %, aber innerlich kann ich weder die Motivation noch den Termin verstehen, muß ich aber auch gar nicht. Ich habe aber in jedem Falle volles Vertrauen in die Vorsehung der Allerheiligsten Dreifaltigkeit in bezug auf die Kirche!

    Eine gute Diskussion hier und eine gute erste volle Fastenwoche allen Leserinnen und Lesern!

  3. Dr. Werner Kleine schrieb am 18. Februar 2013 um 18:11 :

    In dem Beitrag wird auf die WDR-Lokalzeit „Bergisch Land“ vom 11.2.2013 hingewiesen, in der ein als „ehemals Radio Vatikan“ gekennzeichneter Interviewpartner zu Wort kommt. Radio Vatikan hat sich daraufhin gemeldet. Es hat sich herausgestellt, dass es sich bei dem vom WDR Befragten um einen ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins „Freunde von Radio Vatikan“ handelt, der selbst den Vatikan nicht kennt.
    Genau dahin zielt meine Kritik. Die journalistische Recherche hätte das nachprüfen müssen, statt ungefiltert irgendwelche Behauptungen zu veröffentlichen.
    Ich bedanke mich bei Radio Vatikan für diesen wichtigen Hinweis.

  4. Norbert Bauer schrieb am 20. Februar 2013 um 16:01 :

    Ich sehe schon, dass Du keine einfache Medienschelte betreibst. Dein Blog ist ja schon Ausdruck der aktiven medialen Einmischung. Vor kurzem konstatierte aber ein Journalist recht treffend: „Bei der Kirche ist es immer das gleiche. Am Ende sind immer die Medien schuld.“ Als hätte er es geahnt: am Montag eröffnete Bischof Zollitsch die Frühjahrkonferenz der deutschen Bischöfe mit einer Medienschelte. Ja, die Medien sind an vielen schuld, aber die kirchlichen Klagesänger sollten einen Moment innehalten und bedenken, warum wir im Moment eine so hohe mediale Aufmerksamkeit beobachten können: weil die Kirche bei ihrem Projekt, den Papst auch zu einer medialen Figur aufzubauen ohne Schwierigkeiten auf die Unterstützung von ARD, ZDF, RTL, Die ZEIT, Gala und BILD setzen konnte. Jeder Papstbesuch wird mit stundenlangen, parallelen Übertragungen vorbereitet und begleitet. Jedes besondere Ereignis im Vatikan wird medial so gut inszeniert, dass es einen Platz in der Tagesschau hat. Ohne dieselben oft gescholtenen Medien wäre die katholische Kirche nicht zu der Papstkirche geworden, die sie aktuell ist. Und wenn dann ein Papstrücktritt ein neues Medienereignis bewirkt, wird bei den stundenlangen Sondersendungen und Berichterstattungen auch das ein oder andere kenntnislose Wort ausgesprochen. Das ist ärgerlich. Aber ich verbuche das gelassen unter innerweltlicher Gerechtigkeit: wie oft sind kirchliche Äußerungen durch Weltfremdheit geprägt – dann halte ich auch die ein oder andere Stimme in den Medien aus, die sich durch Kirchenfremdheit auszeichnet.
    Nur am Rande: die Fernsehanstalten waren mit den Einschaltquoten zu ihren Papstsendungen letzte Woche gar nicht so zufrieden…..
    Zur Sache selbst. Der Papst tritt zurück. Das ist gut so, denn Person und Amt wird entkoppelt. Eigentlich sollte das selbstverständlich sein, ist es ja auch für jeden Bischöfe und Pfarrer, ebenso für alle Laien innerhalb und außerhalb der Kirche. Ein Unterschied zu allen anderen Amtsträgern bleibt bestehen: „prima sedes a nemine iudicatur.“ Es kann nur einen geben, der die Amtszeit des Papstes begrenzt, er selbst. Daher interpretiere ich den Wink mit dem Zaunpfahl etwas anders. Benedikt XVI sagt nicht: „Macht steht der Kirche nicht.“ Er sagt vielmehr, die Macht der Kirche kann nur stabilisiert werden, wenn ein aktueller Papst erkennt, dass seine Kraft für das Papstamt nicht mehr ausreicht. Papst Benedikt nimmt seine persönliche Macht zurück, er stärkt so jedoch zugleich die prinzipielle die Macht der Päpste. Ein Blick nach Israel zeigt das Problem auf: der damalige Ministerpräsident Ariel Sharon wurde 2006 nach seinem Schlaganfall für amtsunfähig erklärt. Er befindet sich seitdem im Koma. In der römisch katholischen Kirche ist so ein Weg undenkbar. Im schlimmsten Fall müsste diese Kirche jahrelang mit einem Papst in Wachkoma leben, denn es kann in der Kirche niemanden geben, der auch in so einer extremen Situation sagt: „Du bist jetzt nicht mehr Petrus.“ Genau diese Möglichkeit würde das Papstamt schwächen, denn es kann ja nach dem aktuellen kirchlichen Selbstverständnis niemanden geben, der über den Papst entscheidet. Mit seinem Rücktritt hat Papst Benedikt eine Möglichkeit aufgezeigt, diesem Dilemma zu entkommen und verhilft somit der Macht der Päpste weiterhin zu ihrem Recht. Eine wirkliche Begrenzung der Macht wird es nur dann geben, wenn der Papst nicht mehr sein oberster Richter ist. Das wäre aber ein noch größerer Schock für die glühenden Papstverehrer in unseren Talkshows.

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 20. Februar 2013 um 19:28 :

      Lieber Norbert,

      mein Beitrag versteht sich nicht als Medienschelte, gleichwohl ist er medienkritisch. Das ist ein wichtiger Unterschied, denn eine kritische Grundhaltung ist in jeder Hinsicht notwendig. Es geht ja auch gar nicht darum, dass die Medien ihrerseits kritisch berichten. Das soll und muss so sein. Die “Katholikenphobie” halte ich deshalb für einen polemisch-rhetorischen Missgriff. Was mich allerdings nachdenklich macht, ist die Besetzung der Talkrunden. Die ist nicht nur redundant, sondern zeigt auch oft eine populistische Grundausrichtung: Man möchte das Plakative, das dramaturgisch nicht auf Erkenntnisgewinn, sondern auf Spontanreaktion angelegt ist. Und da frage ich mich schon, welche politische Bedeutung die immer gleichen Einlassungen der verschiedenen Talkshow-Teilnehmer überhaupt haben. Da geht es ja eben nicht mehr um kritische Auseinandersetzung, denn dazu würde das Zuhören, Aufgreifen, Argumentieren gehören. Da wird eben nicht nur das eine oder andere kenntnislose Wort gesprochen, deren Zahl ist eher Legion! Zu einem kritischen, investigativen Journalismus gehört aber, genau diese Kenntnislosigkeit zu entdecken und ggfls., wenn die Kenntnislosigkeit in sich das Problem ist, zu entlarven. Das gilt für jede Seite. Und genau das habe ich in vielen Beiträgen – etwa dem schon mehrfach zitieren Beitrag der WDR Lokalzeit “Bergisch Land” vom 11.2.2013 ebenso vermisst, wie in manchen Besetzungen von Talkshows, der Ziel weniger die Aufdeckung von Missständen und Sachverhalten als die Erzeugung bestimmter Stimmungen ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt übrigens auch Christiane Florin in ihrem Beitrag “Der Katholik für gewisse Stunden” (http://www.christundwelt.de/detail/artikel/der-katholik-fuer-gewisse-stunden/).
      Ob der Schritt Benedikts XVI das Papstamt subtil stärkt, halte ich für spekulativ, fast schon verschwörungstheoretische Unterstellung, wie die brüske Ablehnung dieses Schritts in konservativen Kreisen. Ich weiß nicht, wie dieser Schritt historisch bewertet werden wird. Faktisch ist er so neu, dass die Symbolik noch gar nicht erfasst werden kann: Wie endgültig werden die Worte von Päpsten sein, die vielleicht nicht mehr Papst sein werden. Der von mir öfters angeführt Psychiater Manfred Lütz – ein fleißiger Teilnehmer besagter Talkshows, hat jedenfalls vor einigen Jahren festgestellt, dass ein Papst sein Wort nie zurücknehmen könne, weil dass ja die Authentizität aller Papstworte in Zweifel ziehen könne. Quod est demonstrandum!

    • Dr. Werner Kleine schrieb am 20. Februar 2013 um 22:20 :

      Ergänzend sei auf den interessanten Beitrag „Der Rücktritt als Bruch.
      Vom ‚heiligen Vater‘ zur Entsakralisierung des Amtes“ von Prof. Dr. Thomas Großbölting (Historiker am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster) hingewiesen. T. Großbölting führt dort u.a. aus: „Der Katholizismus kann nicht mehr von der Sakralisierung seiner Organisation und vor allem seiner Spitze zehren. Die bedingungslose Verehrung des Papstes, von der sich dann auch eine besondere Stellung der Bischöfe und des Klerus ableiten ließe, gehört der Vergangenheit an. Auch wenn einzelne Bischöfe mit einer besonders repräsentativen Selbstdarstellung noch auf die Haltung der besonderen Verehrungswürdigkeit setzen wollen, so zeigen sich doch die Katholiken davon weitgehend unbeeindruckt oder kritisieren offen den demonstrativen Einsatz von Statussymbolen wie schweren Dienstwagen und Privatkapellen.“ (Quelle: http://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/religion_und_politik/aktuelles/2013/02_2013/ansichtssache_ruecktritt_als_bruch.pdf)
      Ein Zurück zum Alten wird nicht leicht möglich sein. Der Exodus hat begonnen, da sollte man nicht schon vor dem Aufbruch die Fleischtöpfe Ägyptens beschwören.

      • Norbert Bauer schrieb am 21. Februar 2013 um 08:24 :

        Lieber Werner,

        ja die Besetzung der Talkshows ärgert mich auch oft. Seitdem ich aber weiß, dass Günther Jauch und Co bei den Fernsehanstalten (wenn überhaupt) von Unterhaltungsredaktionen betreut werden, und nicht durch die Informationsressorts, wundere ich mich nicht mehr so sehr. Es geht um Unterhaltung – nicht um Erkenntnisgewinn. Dafür müssen die Rollen möglichst pointiert besetzt werden. Differenzierungen stören da nur. Aber, und das war ja meine These, meist beklagt sich die Kirche nicht darüber, dass die Popularität des Papstes durch Unterhaltungsformate gesteigert wird.
        Ich habe versucht, relativ nüchtern auf die kirchenrechtlichen Rahmenbedingungen des Papstamtes hinzuweisen und dem damit verbundenen Dilemma: Die absolute Vollmacht des Papstes kann genau dann ins Gegenteil kippen, wenn derjenige, der auf dem Hl. Stuhl sitzt, nicht mehr die Kraft hat, das Amt auszufüllen. Das scheint Papst Benedikt erkannt zu haben. Eine „verschwörungstheoretische Unterstellung“ kann ich bei meiner Analyse beim Besten Willen nicht erkennen. Ich beschreibe nur eine kirchenrechtliche Realität und verstehe die Rücktrittsworte des Papstes so: er sieht sich nicht mehr in der Lage sieht, dem Machtanspruch des Amtes gerecht zu werden. „Um trotzdem das Schiff des heiligen Petrus zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig.“ Wo ist da eine Verschwörungstheorie?
        Ich stimme dem von Dir zitierten T. Großbölting zu: “Der Katholizismus kann nicht mehr von der Sakralisierung seiner Organisation und vor allem seiner Spitze zehren.“ Aber die Verfassung der Kirche setzt weiterhin darauf. Der Papst ist vollkommen frei und autonom und damit anfällig für eine Sakralisierung. Papst Benedikt hat sich systemkonform anders verhalten als sein Vorgänger. Und der nächste Papst kann sich in der Frage des Amtsverzichts wiederum genau anders entscheiden als Papst Benedikt. Auch systemkonform. Ich bleibe dabei: Papst Benedikt verzichtet persönlich auf Macht. Die Vollmacht des Papstes bleibt dadurch unangetastet, denn ist und bleibt nur der Papst, der seine Macht beschränken kann.

      • Dr. Werner Kleine schrieb am 21. Februar 2013 um 20:55 :

        Ich weiß nicht, ob Papst Benedikt XVI bei seiner Entscheidung die Konsequenzen für die künftige Ausübung des Papstamtes überhaupt im Blick hatte. Er spricht ja von einer Gewissensentscheidung, also einer sehr persönlichen Entscheidung. Genau hier liegt m.E. der Knackpunkt. Die Folgen für das Amt des Papstes sind nicht absehbar. Wenn man jetzt hier, wie Du es tust, vor allem den Verzicht auf den „Machtanspruch“ sieht, dann ist das aus meiner Sicht eine einseitige Sichtweise, die ich – vielleicht etwas zu pointiert – als „verschwörungstheoretisch“ bezeichnet habe. Ein starkter Papst mit Führungsqualitäten ist ja an sich nichts Schlechtes. Das muss (und darf) nicht mit absolutistischer Macht verwechselt werden. Wie soll dieser absolute Machtanspruch nach dem Rücktritt Benedikts XVI zukünftig auch gesichert werden? Allein der Rekurs auf das Kirchenrecht hilft ja nicht weiter. Der besagt ja erst einmal nur, dass der Papst das letzte Wort in Entscheidungssituationen innehat. Ansonsten haben die letzten 40 Jahre den traditionelen Spruch „Roma locuta, causa finita est“ doch immer wieder alt aus sehen lassen. Was ist denn wirklich endgültig entschieden worden? Selbst über das apostolische Schreiben Papst Johannes‘ Pauls II „Ordinatio sacerdotalis“ wird nach wie vor gestritten, obschon nicht wenige der Ansicht sind, die darin enthaltene Ablehnung der Frauenordination sei aufgrund der verwendeten Formulierung als unfehlbar einzustufen.
        In unserer Zeit ist absolute Macht kaum verifizierbar. Die Mündigkeit der Menschen steht dem entgegen. Man kann zwar nicht verhindern, dass jemand diesen Anspruch erhebt; ob der aber auch bestätigt wird, ist doch eine ganz andere Frage. Und überhaupt: Steht von nun an nicht jede päpstliche Entscheidung unter einer gewissen zeitlichen Indikation? Ist es jetzt nicht denkbar geworden, dass bei zukünftigen Päpsten Rücktrittsforderungen erhoben werden? Was passiert, wenn der öffentliche Druck steigt (man denke etwa an die Causa Mixa u.a.)? Kann sich ein Papst darüber wirklich nur um der Macht willen erheben, ohne dass er das Wohl der Kirche aus dem Blick verlieren würde?
        Nein, der Schritt Benedikts zeitigt eine Menge Folgen, die eine Neugewichtung des Papstamtes notwendig machen. Es mag sein, dass vordergründig die Führungsstärke dieses Amtes in den Vordergrund tritt. Hintergründig aber ist diese gerade jetzt mehr denn je an den Dienstcharakter des Amtes für die Kirche rückgekoppelt. Das wird leicht übersehen. Das meinte ich, wenn ich davon spreche, dass der „Stellvertreter Jesu Christi“ zugunsten des „Dieners der Diener Gottes“ in den Hintergrund tritt.

  5. Peter Otten schrieb am 22. Februar 2013 um 11:44 :

    Was der Papst im Blick hatte, als er seine Entscheidung traf, bleibt einerseits Spekulation. Er bezieht sich andererseits, wie du ja auch feststellst auf sein Gewissen, von dem gute Katholiken allerdings wissen, dass es nur Entscheidungen treffen kann innerhalb der „lehramtlichen Leitplanken.“ Das Gewissen ist nach katholischer Lehre eben nur dann zu autonomen Entscheidungen fähig, wenn es bereit ist, sich lehramtlicherseits bilden und schulen zu lassen. Das darf – und muss – man auch bei Benedikt voraussetzen. Und insofern hilft der Rekurs auf das Kirchenrecht – was ja nichts anderes ist als geronnene Dogmatik – schon. Die Papstgewalt ist zunächst einmal die höchste, volle, unmittelbare, universale, ordentliche und jederzeit frei ausübbare Gewalt. Der Papst ist der absolut herschende Wahlmonarch – und ein neuer Papst wird das auch sein und aller Wahrscheinlichkeit nach auch bleiben. Insofern ist es nicht falsch, den Rücktritt zunächst als einen Verzicht auf den Machtanspruch zu deuten – im Bewusstsein, genau diesen mit dieser Entscheidung zu sichern. Im übrigen ist es – zumindest aus säkularer Perspektive – meines Erachtens nicht falsch, das päpstliche Leitungsmodell aufgrund fehlender Gewaltenteilung absolutistisch zu nennen. Du wendest ein: Das mag ja alles sein, aber in unseren Zeiten ist absolute Macht kaum verifizierbar mit dem Hinweis, dass päpstliche Entscheidungen doch kaum noch beachtet werden. Das mag der neulich ohne Begründung abgesetzte slowakische Bischof Robert Bezak anders sehen. Noch nicht mal die deutschen Bischöfe trauen sich, wie wir sehen, die Güterabwägungsentscheidung Meisners in Fragen der Verabreichung der Pille danach in vollem Umfang zu übernehmen – und brauchen dafür eine Absicherung durch den Papst. Der Papst hat absolute Macht, und wer sich dem nicht unterwirft, hat/bekommt zumindest nach lehramtlicher Hinsicht Probleme. Das kann man ignorieren, das kann man in Frage stellen, das wird vielleicht auch irgendwann mal auf einer Agends stehen. Aber bis auf Weiteres wird es gelten. „Kann sich ein Papst darüber (d.h. den zeitlichen Indikator seines Amtes) wirklich nur um der Macht willen erheben, ohne dass er das Wohl der Kirche aus dem Blick verlieren würde?“ fragst du. Nach lehramtlicher Sicht dient derzeit die Machterhaltung des Papstes und seine Machtkonzentration genau dem Wohl der Kirche. Kurz: Der Papst ist verpflichtet, die absolute Macht zu erhalten – wegen des Wohls der Kirche. Insofern ist es nicht falsch zu sagen, die Entscheidung des Papstes liegt voll auf Linie. Neu ist allenfalls, dass man Fragen stellen darf wie du es tust. Der Gedanke der Veränderung ist in der Welt, da stimme ich dir zu. Dass daraus jedoch echte Veränderungen folgen werden, ist angesichts der offen sichtbaren dogmatischen Fesseln nicht sehr wahrscheinlich.

  6. Norbert Bauer schrieb am 22. Februar 2013 um 19:13 :

    Der nächste Papst soll gut leiten können. Ob er dazu eine „Führungspersönlichkeit“ sein muss, wage ich zu bezweifeln. Nicht nur im Fußball zeigt sich, dass moderne Systeme ohne dominante Führungspersonen besser organisiert werden können. Vor allem kommen diese ohne eine Machtformulierung aus, die die Potenz zum Absolutismus hat. Offensichtlich fehlt uns Katholiken das Vertrauen in Demokratie und Gewaltenteilung und können uns daher nicht vorstellen, dass diese auch in Kirche funktionieren können.
    Ja, manchen lassen sich den Mund nicht verbieten, und reden trotz “Ordinatio sacerdotalis” weiterhin über Frauenpriestertum. Ich will aber nicht wissen wie lang die Liste der Theologen und Theologinnen ist, die wegen einer anderen Positionierung in dieser Frage keine „nihil obstat“ bekommen haben, und manch Name wurde schon von einer Bischofsliste gestrichen, weil sich der Kandidat mal zum Thema Frauenordination unvorsichtig geäußert hat. Apropos Frauen: bei der selben Tagung, bei der die deutschen Bischöfe entschieden, Frauen mehr Mitwirkung zu gewähren, reden die selben Bischöfe mehrere Stunden über das Thema „Pille danach“. Natürlich ohne Beteiligung von Frauen.

  7. Dr. Werner Kleine schrieb am 23. Februar 2013 um 18:07 :

    Das Insistieren auf dem päpstlichen Absolutismus übersieht trotzdem die symbolische Potenz, die sich aus dem Rücktritt Benedikts XVI ergibt. Natürlich kann ein zukünftiger Papst versuchen, sein Amt absolutistisch auszuüben – allein, es wird ihm nicht gelingen. Sicher Bischöfe und andere Kleriker, die durch das Gehorsamsgelübde gebunden sind, haben hier wenig Freiheiten. Die Kirche besteht aber eben nicht nur aus Klerikern. Gerade heute konnte ich über diese Frage mit dem Generlvikar des Bistums Fulda diskutieren, der auf das Wort Benedikts XVI hinwies, dass man allein Gott Gehorsam schulde. Das hört sich nicht sonderlich absolutistisch an (ich weiß natürlich, dass man alles irgendwie verbrämen kann). Trotzdem scheint es mir, als dass viele Christen von links und rechts einen absoluten Papst brauchen. Die Rechten, weil das ihr patariarchales Kirchenbild bestätigt; nicht umsonst wähnen sich viele Kleriker im Moment „vaterlos“, wie ich mit einiger Irriation mehrfach vernommen habe. Die Linken, weil sie die patriarchale Projektionsfläche benötigen. Was soll nur werden, wenn die Päpste kollegialer werden?
    Wie auch immer, es bleibt uns nichts anderes, als abzuwarten. Nichtsdestotrotz darf die symbolische Wirkung des Rücktritts nicht übersehen werden. Ich glaube nicht, dass zukünftige Päpste hier einfach weiter monarchisch agieren können. Der Rücktritt Benedikts XVI eröffnet da vielfache Perspektiven. Ähnlich positioniert sich auch John L. Allen Jr. in einem Beitrag für „Christ und Welt“: „rstens und ganz grundsätzlich kommt Benedikts Entscheidung einer dramatischen Abkehr vom üblichen Tagesgeschäft gleich. Sie macht bewusst, dass selbst eine engstirnige Institution mit Hingabe an die Tradition zu Überraschungen fähig ist. In diesem Sinne mag Benedikts Beispiel manche Kardinäle dazu anregen, über den Tellerrand zu schauen, neue Schritte zu riskieren.

    Zweitens: Der Rücktritt bedeutet in sich, dass die Kirche einen Neuanfang braucht. Indem der Papst sagte, dass es ihm an notwendiger Kraft fehle, um „die Fragen größter Relevanz für das Glaubensleben“ anzupacken, die sich unserer sich rasch verändernden Welt stellen, hat er praktisch signalisiert, dass eine neue Richtung nötig ist.

    Drittens: Benedikts Entscheidung, das Ende seines Papsttums vom Ende seines Lebens zu trennen, bedeutet, dass der Vorlauf für das Konklave nicht von elegischer Anerkennung dominiert werden wird. Diese wird stets gezollt, wenn eine weltweit bedeutende Person stirbt und man dazu neigt, die Tugenden des Verstorbenen zu übertreiben und die Fehler herunterzuspielen. Dies wird ein Konklave, das frei sein wird vom ‚Beerdigungseffekt‘, der im April 2005 nach dem Tod von Johannes Paul II. eine so große Rolle spielte.“ (Quelle: http://www.christundwelt.de/detail/artikel/weisser-rauch-und-schmutzige-geruechte/)
    Die Situation ist so neu, dass man die Folgen kaum überblicken kann. Sich hier nur an bisherigen Erfahrungen zu orienteren, verengt den Blick.
    Ob moderne Systeme ohne Führungspersönlichkeiten auskommen, halte ich übrigens für ein Gerücht. Auch wenn im Fußball die Hierarchien flacher geworden sind, kommt man doch nicht ohne Führungspersönlichkeiten aus. Das lehrt alleine schon die simple Gruppendynamik. Auch in einer modernen Fußballmannschaft wird nicht diskutiert, wie der nächste Angriff laufen soll. Spielgestalter bleiben nach wie vor notwendig. Dass die sich nicht mehr wie Könige auf dem Platz aufführen, widerspricht nicht deren Führungsqualität, sondern mehr einer neuen, modernen Form der Kommunikation – einer Kommunikation übrigens, die die Kirche noch lernen muss. Da gebe ich Dir, Norbert, völlig Recht. Was da an Frauenförderung geplant wurde, ohne Frauen überhaupt zu beteiligen, dass treibt mir – um es mit einem Wort von Peter Otten zu sagen – wirklich die Tränen in die Augen.

  8. kathcitykirche schrieb am 28. Februar 2013 um 21:40 :

    Passend zum Thema: Ein Gastbeitrag von Raúl Vera in der Süddeutschen Zeitung vom 28.2.2013 – „Aufbruch zur Versöhnung“. José Raúl Vera López ist Bischof von Saltillo. Er schreibt unter anderem: „Es ist ungewöhnlich, vom Beginn eines neuen Pontifikats zu sprechen, während der scheidende Papst noch am Leben ist. Während er, wenn auch körperlich müde, uns weiterhin Lehren erteilen kann. Die Abdankung von Papst Benedikt XVI. ist nicht nur eine Überraschung gewesen, sondern ein Ereignis, das bedeutende Auswirkungen auf diese Kirche und ganze Gesellschaften haben wird.“
    Später führt er aus: „Wie wäre es, wenn wir Kirchenmitglieder uns alle auf die Probe stellen, vor allem die Geistlichen, zusammen mit unserem Papst? Der Verlust von Glaubwürdigkeit und Respekt, den die Kirche erleidet, sollte uns dazu anregen.“ Und weiter: „Solange bei einigen Personen, die an der Seite des Papstes arbeiten, ein Konzept der Macht statt des Dienstes fortbesteht, werden wir weiterhin Misstrauen und Kontrolle erfahren, welche die lokalen Kirchen ausbremsen und Rückschritte in der priesterlichen Arbeit verursachen, die auch der Universellen Kirche schaden. Letzteres sage ich, weil die Stärke der Universellen Kirche nicht zuletzt in den auf dem Erdkreis verstreuten Einzelkirchen liegt.“
    (Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/papst-benedikt-xvi-aufbruch-zur-versoehnung-1.1610387)

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