Dies Domini – Fest Darstellung des Herrn, Lesejahr A
schon wieder ist es Anfang Februar. Mehr als ein Monat ist bereits seit dem Weihnachtsfest und dem Jahreswechsel vergangen und wieder einmal frage ich mich, wo die Zeit geblieben ist. Unser Weihnachtsbaum steht immer noch in unserem Wohnzimmer und verbreitet an den langen Winterabenden heimeliges Licht – irgendwie kann ich mich wie in jedem Jahr schlecht von ihm trennen. Vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils 1960 endete der Weihnachtsfestkreis mit dem 2. Februar, dem heutigen Fest der „Darstellung des Herrn“, dem 40. Tag nach der Geburt Jesu, uns besser bekannt als „Mariä Lichtmess“. Unser Baum steht also noch in guter Tradition und damit nicht ganz so verkehrt da.
Heutzutage scheint das Fest „Darstellung des Herrn“ ein bisschen aus der Mode gekommen zu sein, zumindest spielt es nicht mehr die Rolle, die es einmal in der kirchlichen und weltlichen Tradition innehatte. In früherer Zeit war das Fest ein wichtiges Datum im Jahreslauf. Mit ihm verbanden sich Zahlungsfristen, zeitliche Fixierungen von Arbeitsverhältnissen sowie der Beginn des sogenannten Bauernjahres: Ab diesem Zeitpunkt wurde die Feldarbeit zum Teil wieder aufgenommen; Dienstboten und Knechte mussten sich eine neue Arbeitsstelle suchen oder ihr bestehendes um ein weiteres Jahr verlängern. In den Gegenden, in denen die alemannische Fastnacht gefeiert wird, ist Mariä Lichtmess deren Beginn.
Aber auch in der kirchlichen Tradition ist der Inhalt des Festes nicht ganz unbedeutend: 40 Tage nach der Geburt Jesu kommt Jesus, der Messias, in seinen Tempel und begegnet dort dem Gottesvolk des Alten Testamentes in den Personen des Simeon und der Hanna. Ein „Fest der Begegnung des Herrn“ – so wurde es zumindest in der Ostkirche verstanden.
40 Tage – auch das ist keine unbedeutende Zeitspanne. Im Alten und Neuen Testament spielt diese Zahl eine große Rolle: 40 Tage lang weilt beispielswiese Mose auf dem Berg Sinai, um das Gesetz zu empfangen. Der Prophet Elija geht nach schweren Depressionen 40 Tage und 40 Nächte zum Berg Horeb, um Gott zu begegnen. 40 Tage und 40 Nächte dauert nach der Erzählung des Buches Genesis die Sintflut, 40 Jahre irren die Israeliten durch die Wüste, ehe sie in das Gelobte Land kommen. Und schließlich stehen auch am Beginn des Wirkens Jesu 40 Tage: Diese Zeit fastet er in der Wüste. Die Zahl 40 steht für eine Zeit, in der sich das Leben durch die Begegnung mit Gott verändert – ein „Fest der Begegnung des Herrn“.
In Jerusalem wurde das Fest „Darstellung des Herrn“ mindestens seit dem Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. gefeiert. Die Pilgerin Egeria, eine spätantike Schriftstellerin aus Gallien, die von 381 bis 384 n. Chr. das Heilige Land bereiste, berichtet in ihren Beschreibungen der Alt-Jerusalemer Liturgie davon, dass es „mit gleicher Freude wie Ostern begangen“ wurde. In der westlichen römischen Kirche wurde es um ca. 650 n. Chr. eingeführt; hier trat der Ritus der Reinigung der Frau, also Marias, nach dem jüdischen Gesetz von Levitikus 12 mehr in den Vordergrund, sodass es – verbunden mit den später hinzugekommenen Traditionen von Kerzenweihe und Lichterprozession – eher zu einem Marienfest wurde. Erst seit der Liturgiereform Mitte der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts wird „Mariä Lichtmess“ in der römischen Kirche wieder als Herrenfest der „Darstellung des Herrn“ gefeiert.
Den Inhalt des Festes beschreibt das Evangelium dieses Tages:
„Es kam für die Eltern der Tag der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung. Sie brachten das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn zu weihen, gemäß dem Gesetz des Herrn, in dem es heißt: Jede männliche Erstgeburt soll des Herrn geweiht sein.“
Jesus wird also von seinen Eltern in den Tempel gebracht, wie es das Gesetz des Alten Bundes verlangt, nachdem Lukas zuvor kurz von dessen Beschneidung am achten Tag nach seiner Geburt berichtet hatte. Ebenso hält sich Maria an die Vorschriften, die für jede jüdische Mutter gelten, indem sie ein Paar Turteltauben und zwei junge Tauben als Opfer darbringt. Denn diese Reihenfolge schreibt die Tora, das jüdische Gesetz, vor: Nach der Beschneidung und der Reinigung der Frau erfolgt die Heiligung der Erstgeburt im Tempel.
Doch die „Begegnung des Herrn“ ist damit noch nicht vollendet.
„Vom Geist in den Tempel geführt“,
erkennt Simeon, ein gerechter und frommer Jude, in Jesus den Messias, der das Heil für das Volk Israel bringt. Er singt das Nunc dimittis, das Loblied, das in der Komplet, dem Nachtgebet der Kirche, heute noch täglich gesungen wird. Die Verheißung, die er durch den Heiligen Geist erhalten hatte, erfüllt sich:
„Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden.
Denn meine Augen haben das Heil gesehen,
das du vor allen Völkern bereitet hast,
ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.“
Doch auch Jesu weiterer Weg wird bereits von Simeon in düsterer Weise prophezeit, die Geschichte seines Wirkens und Leidens ist hier bereits vorgezeichnet. Jesus ist der, der an den bestehenden Verhältnissen rütteln wird, sodass kein Stein auf dem anderen bleibt, und er wird viel Kritik erfahren:
„Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden.“
An Jesus wird sich das Schicksal Israels und aller Völker entscheiden. Wollen wir uns auf die Begegnung mit ihm einlassen, diesen Weg mit ihm gehen?
40 Tage hatten wir von Weihnachten, der Geburt Jesu, Zeit, uns auf die Begegnung mit Jesus als unserem Herrn im heutigen Fest vorzubereiten. 40 Tage sind die Zeitspanne, die uns im Laufe des Kirchenjahres immer wieder neu angeboten wird, uns auf ein Leben mit Gott einzulassen, Zeit, in der es immer wieder Krisen gibt, wir aber auf ein Leben in Fülle und die erlösende Auferstehung hoffen dürfen, wenn wir uns nur darauf einlassen.
Die nächsten 40 Tage der Vorbereitung, die uns angeboten werden, sind die der Fastenzeit. Noch ist es ein Weilchen bis dahin, aber ich frage Sie schon jetzt: Nehmen Sie das Angebot an?
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche,
Ihre Nicole Hoffzimmer, Theologische Assistentin
Katholische Citykirche Wuppertal
Author: Nicole Hoffzimmer
Nicole Hoffzimmer ist katholische Theologin und Liturgiewissenschaftlerin. Ihr Interesse gilt besonders der Verbindung zwischen Kirche und Kunst.
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