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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 26 Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Ja! Die meisten sagen aus vollem Herzen und tiefer Überzeugung „Ja!“ wenn sie vor dem Altar stehen und sich gegenseitig Liebe, Achtung und Ehre versprechen in den guten und den schlechten Tagen, bis der Tod allein dem gemeinsamen Weg ein Ende setzt.

Wer in der heutigen Zeit Hochzeiten beobachtet, kann mehr denn je diese Sehnsucht nach Ewigkeit erahnen. Man heiratet nicht einfach. Man inszeniert die Ehe. Selbst die standesamtliche Hochzeit ist mehr als der bloße Wechsel in eine günstigere Steuergruppe. Vor dem Rathaus werden aus Betttüchern Herzen geschnitten, weiße Tauben steigen in die Luft und die Brautsträuße werden unter großem Gejohle geworfen, auf dass die Nächste den Mann fürs Leben findet. Wer heiratet, denkt am Tag der Hochzeit nicht an das mögliche Scheitern. Wer heiratet, gibt kein Versprechen auf Zeit. Wer heiratet, ist sich in der Regel vor dem Tisch des Standesbeamten sicher, dass das Versprechen, das hier gegeben wird, halten wird. Um wieviel mehr aber gilt das, was für den weltlichen Bereich gilt, auch für das Versprechen vor Gott.

Man mag sich über den Hype wundern, der heutzutage um die Hochzeit gemacht wird. Eine ganze Industrie ist um diesen vermeintlich schönsten Tag des Lebens entstanden. Man muss sich nur einmal vor das Standesamt setzen, wenn dort im 20-Minuten-Tag geheiratet wird. Die LKWs mit Stehtischen, Taubenkäfigen, Rosentoren und anderem Zierat kommen und fahren nacheinander weg; und jedes Paar inszeniert die  Einzigartigkeit seiner Liebe. Das ist so romantisch, dass der Verstand bisweilen auf der Strecke bleibt. Das rosarote Hochgefühl dieses einen Tages überstrahlt mit intensiver Süße das drohende bittere Grau der kommenden Alltage. Was soll schon auf den schönsten Tag des Lebens folgen, wenn nicht ein steter Abstieg, denn das Schönste ist doch gerade vergangen?

Die Erwartungen an die Ehe sind heute anders als noch vor wenigen Jahrzehnten. Heutzutage ist die Eheschließung ein Höhepunkt im Zusammenleben vieler Paare; früher war es der Beginn des Zusammenlebens. Das spiegelt sich auch in der kirchlichen Ehevorbereitung wider. Frühere Ehevorbereitungskurse unterrichteten geradezu die Führung des Haushaltes und die gegenseitigen „Rechte und Pflichten“ der Eheleute; heutige Ehevorbereitungskurse der Kirche gleichen eher Events, wenn man im gemeinsamen Kanufahren, Steilwandklettern oder erotischem Kochen den besonderen Kick der Partnerschaft herauskitzeln möchte. Dann geht es um Teamarbeit, vielleicht auch um Konfliktbewältigung. Ein großer Unterschied zu manchem Seminar für gelangweilte Manager, bei dem man nicht weiß, worin eigentlich der Ertrag für die kommenden Aufgaben liegt, ist jedenfalls nicht erkennbar.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 25. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“ Sicher haben Sie diesen Satz schon einmal gehört. Er stammt von Michael Gorbatschow, der ihn anlässlich seines Besuches zum 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1989 an Erich Honecker richtete. Den weiteren Gang der Geschichte kennen wir. Recht schnell hat dieser Satz Einzug in unsere Sprache gehalten und wird oft und gerne, manchmal auch sehr unbedacht, zitiert, wenn es darum geht, dass man sich beeilen soll, dass man schnell genug sein soll, um noch etwas abzubekommen vom großen Kuchen und nicht als Letzter auf der Strecke zu bleiben.

Das Evangelium des 25. Sonntags im Jahreskreis des Lesejahres A erzählt uns mit dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg eine ähnliche Geschichte. Da sind auch die, die zu spät kommen, die den ganzen Tag auf dem Markt gestanden haben, anstatt zu arbeiten:

„Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, die dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum?“

Die Arbeiter hätten doch längst arbeiten können wie die anderen! Warum haben sie nichts getan? Ihre Antwort, dass sie niemand angeworben habe, klingt fast wie eine faule Ausrede.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Fest Kreuzerhöhung

Wissend geworden, nicht unbedingt weise – so versucht der moderne Mensch seines Lebens Herr zu werden. Weil Wissen Macht ist, versucht er Wissen zu hamstern. Sein Prinzip ist das sola scientia – allein das Wissen, das, was ihm Augen, Mund und Hände, Nase und Ohren vermitteln. Der Reiz ist es, der zählt. Und der Reiz wird zur Wirklichkeit erklärt. Wo der Weise mit Sokrates wusste, dass er nichts weiß, wird jetzt der Sinnenreiz zum alleinigen Erkenntnisgrund erhoben. Was sich dem Reiz-Reaktionsschema entzieht, wird einfach als „Nicht erkennbar“ deklariert. Der dem Reiz erliegende Mensch sonnt sich dann im Licht einer vermeintlichen Vernunft, die die Sehnsucht nicht mehr kennt, wirklich weise zu werden. Wäre der wissende Mensch wirklich weise, er würde nicht vorschnell urteilen. Die Weisheit kennt den Zweifel. Die Weisheit braucht den Zweifel, weil er es ist, der sie nicht ruhen lässt. Es ist ja gerade der Zweifel, der fragt, ob die Sinne sich nicht täuschen lassen; ob das was scheint, auch ist. Der Zweifel weiß um die Notwendigkeit der Deutung des Reizes, der Kritik, der Reflexion. Der Zweifel, der zur Weisheit führt, weiß deshalb, dass die Wirklichkeit nicht einfach beschreibbar ist. Zweifel und Weisheit sind die Lehrmeister der Mythen und Metaphern, der Symbole und Seme, dieser Zeichen der Sprache, die doch selbst nicht das Bezeichnete sind, sondern es lediglich bedeuten. Und Bedeutung erhält nur das, was den Menschen berührt. Der moderne Mensch mag so viel wissen, wie keine Menschheit vor ihm. Aber die Evolution vom homo sapiens, dem weisen Menschen, zum homo sciens, dem wissenden Menschen, führt in ein existentielles Dilemma: weil der wissende Mensch nur dem Reiz der Sinne vertraut, kann er nicht mehr an eine Heimat glauben, die sich dem äußeren Schein entzieht. Er vermag nicht mehr die Zeichen zu deuten, die ihn, als er noch weise war, erkennen ließen, dass der Reiz nicht alles ist, dass hinter dem Sichtbaren mehr ist, dass ein Urgrund ihn trägt. Und so schwebt der wissende Mensch auf einer kleinen, unscheinbaren, ja banalen blauen Kugel durch die Dunkelheit eines Himmels, den er längst verloren hat, weil er mit Teleskopen sucht, was er doch nicht finden kann: den Ursprung allen Seins, die Singularität, die Einheit, die er mit wissenschaftlicher Exaktheit seziert und in ihre Einzelteile zerlegt hat – unfähig, den Sinn zu erkennen.

Ach, Wissender, wann fängst du an, zu zweifeln? Denn es ist der Zweifel, die Selbstinfragestellung, die den Beginn der Erkenntnis markiert. Dem cartesianischen

Cogito, ergo sum – ich denke, also bin ich.

geht immer noch das

Dubito, ergo cogito – ich zweifle, also denke ich.

voraus.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 23. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Die Täuschung des Zustandes absoluter Freiheit genießt der Mensch nur wenige Jahre. Die Entdeckung der eigenen Möglichkeiten, die Freiheit von Verantwortung, die Erkenntnis des eigenen Selbst – all das wird den weiteren Lebensweg prägen, zum Guten wie zum Schlechten. Denn nicht jeder erlebt diese Illusion eigener Mächtigkeit; für nicht wenige wird diese Zeit eine Zeit der schlechten Erinnerungen, der Ohnmacht und des Versagens sein. Trotzdem wird diese Zeit oft glorifiziert, diese Zeit der Jugend, in der alles möglich schien und der ungeliebte Schutz der Eltern einen Raum der Sicherheit gewährte, die den Schein der Freiheit erst ermöglichte.

Soziologische Studien versuchen den Zeitraum der Jugend immer wieder neu zu definieren. Oft wird der Definition der Faktor wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Elternhaus zugrunde gelegt. Dann kann es schon einmal sein, dass die Jugend erst mit 29 Jahren oder später endet. Faktisch aber wird man sagen müssen, dass die Jugend im Sinne der Individuation, also der Selbstfindung, meist mit dem Ende der Schulzeit zusammen fällt. Der Beginn eines Ausbildung oder eines Studiums, früher auch der Wehr- oder Zivildienst, setzen der vermeintlichen Freiheit nicht nur ein jähes Ende; häufig ist er auch mit einem Wechsel der Beziehungen verbunden. Die alten Freundschaften der Jugend lösen sich auf, weil die Bezugsgruppen sich ändern. An die Stelle der Schulklasse tritt das universitäre Seminar, an die Stelle der Jugendgruppe der Ausbildungsgang. Neue Leute werden wichtig. Auch Mobilität ist angesagt, denn wer fortkommen will, muss flexibel sein. Die Geburtsstadt wird zum Ort der Erinnerung in einer Zeit, in der man der Erwerbstätigkeit folgend an neuen Orten Wohnsitz nimmt.

Die Jugendzeit dürfte also jenseits aller berechtigten soziologischen und psychologischen Definitionen in Zeiten des G8-Abiturs mit etwa 18 Jahren beendet sein. Faktisch dauert das scheinbare Freiheitserleben damit wohl nicht mehr als 3-4 Jahre an – 3-4 Jahre, die prägend für das weitere Leben sein werden. Später wird man sich an diese kleine Lebensspanne intensiver Emotionen mit Wehmut erinnern – als wenn nach 3-4 Jahren das Leben vorbei wäre. Es gibt deshalb kaum eine Institution oder Vereinigung, die nicht ihr zukünftiges Heil in der Jugendarbeit sieht. Kirche und Parteien, Gewerkschaften und Umweltschutzorganisationen, Sportvereine und Hilfsdienste – alle sind bestrebt, die Jugend zu erreichen. Die Etats der Jugendarbeit sind oft so gut ausgestattet, dass man den Eindruck gewinnen könnte, danach käme nichts mehr.


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