Dies Domini – Dritter Adventssonntag, Lesejahr B
Ist es eine feindliche Übernahme, wenn die Welt einfach Weihnachten feiert, ohne die Kirche zu fragen? Den Eindruck kann man gewinnen, wenn man den belehrenden Ton wahrnimmt, mit dem eifernde Kirchenmänner und -frauen bisweilen auf die Art und Weise reagieren, mit der die modernen Zeitgenossen den Advent als fröhliche Vorweihnachtszeit begehen. Während in den Kirchenräumen das bußfertige Violett vorherrscht, dass am 3. Adventssonntag hier und da als „Halbzeitgabe“ in ein helles rosa aufgelockert wird, und man die eigene, gegenwärtig kaum erfahrene Menschennot besingt, erklingt draußen an den Glühweinständen schon in vorweihnachtlicher Freude das „O du fröhliche“ oder „Jingle Bells“. Mit ingrimmig erhobenem Zeigefinger wird dann in Predigten, Twitternachrichten und Facebook-Postings darauf hingewiesen, dass der Advent gefälligst eine Zeit der Erwartung, vor allem aber der Besinnung und – begreift es endlich! – stillen (!!!) Zeit sei. Das Weltenvolk indes scheint sich an den lautstark vorgetragenen Mahnungen zu Stille nicht mehr zu stören, sondern freut sich einfach weiter auf das Weihnachtsfest.
Vorfreude ist schließlich die schönste Freude. Vielleicht hat die Kirche genau das verlernt – sich vorzufreuen. Wenn sie genau hinschauen würde, dann könnte sie entdecken, dass Volkes Geist und Stimme wohl noch sehr genau die Heiligkeit der Weihnacht spürt. Auch wenn nicht mehr jede und jeder die theologische Tiefe der Menschwerdung Gottes bekennen kann, so ergreift das Weihnachtsfest doch von der Gesellschaft als Ganzer Besitz. Wer am Heiligen Abend nach Einbruch der Dunkelheit durch Stadt und Land fährt, kann unmittelbar und geradezu körperlich spüren, wie die Welt den Atem anhält. Es ist, als synchronisiere sich die Gesellschaft in dieser Nacht. Ob man glaubt oder nicht – in dieser Nacht sitzen alle unter dem Weihnachtsbaum – die Christen und viele Nicht-Christen – beschenken sich, freuen sich, essen gemeinsam. Alles läuft auf das Weihnachtsfest zu. Es ist der Höhepunkt dieser Jahreszeit – ein wahrhaft heiliger Höhepunkt, an dem die Welt für einen kurzen Moment den Atem anhält, um kurz darauf wieder in den Alltag mit all seinen unterschiedlichen Herausforderungen zurückzukehren.
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Woher weiß man eigentlich, ob Bier im Kühlschrank ist? Der Physiker und Kabarettist Vince Ebert merkt hierzu an, dass der Naturwissenschaftler in den Kühlschrank schaut, während der Theologe sich mit dem puren Glauben zufrieden gibt. Da irrt Vince Ebert! In so einem simplen Fall sieht auch der Theologe einfach nach. Befindet sich der Kühlschrank aber außerhalb seines unmittelbaren Zugriffs – etwa in Bethlehem – dann prüft er erst einmal die Quellen, die sagen, im Kühlschrank sei Bier. Dann sucht er nach Hinweisen in der Wirklichkeit, die das bestätigen. Wird etwa überliefert, dass sich in der Nähe des Kühlschranks ein leerer Kasten Bier und dazu noch eine Quittung vom Getränkemarkt befindet, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass im Kühlschrank Bier ist. Steht außerdem auf der Homepage des israelischen Sportsenders „Sport5“, dass abends Fußball im Fernsehen kommt ist, dann – und erst dann! – sagt er: die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass im Kühlschrank Bier ist. Der Naturwissenschaftler muss trotzdem nachsehen, weil er dem Offenkundigen nicht traut …
Ähnlich ist es auch mit der Heiligen Nacht. Nächste Woche wird, nachdem der Klang der Engel erscholl und von der Geburt des Lichtes der Welt die Rede war, am Ende der Christmetten das Licht gedimmt, während die Orgel säuselnd „Stille Nacht“ intoniert. War sie still, diese Nacht, die heilig werden sollte? Ja, was glauben Sie denn?
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Dies Domini- Zweiter Adventssonntag, Lesejahr B
Liest man die Worte der heutigen ersten Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja kommt man in Versuchung, die Trump’sche Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels im Einklang mit den Worten der Schrift zu sehen:
„Redet Jerusalem zu Herzen und verkündet der Stadt, dass ihr Frondienst zu Ende geht, dass ihre Schuld beglichen ist.“ (Jes 40,2)
Aber dies scheint nicht die Sichtweise der christlichen Kirchenoberen zu sein, die den Präsidenten eindringlich vor jeder plötzlichen Änderung der rechtlichen Situation einer Stadt unter internationaler Verantwortung warnt, dies müsse schwere Verletzungen nach sich ziehen. Und der Psalmist nennt die Voraussetzungen einer glücklichen Entwicklung:
„Es begegnen einander Huld und Treue, Gerechtigkeit und Frieden küssen sich.“
Diese Worte aus dem Psalm 85 sind geeignet, Tränen der Rührung hervorzurufen, wenn man sich die blühenden Gesellschaften ausmalt, in denen diese Prophezeiungen wahr werden, aber sie zerschellen wie eine gläserne Weihnachtsbaumkugel aus Thüringen, wenn man die weltpolitischen Realitäten in den Blick nimmt, die verhindern, dass
„Treue aus der Erde sprosst und Gerechtigkeit vom Himmel herniederblickt.“
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Dies Domini – Erster Adventssonntag, Lesejahr B
Komplexe Sehnsucht erfasst den Menschen an den Rändern seiner Existenz. In den Abgrund des Seins schauend wird jeder zum Kind. Die schiere Unfassbarkeit und Größe erahnend bleibt nur der Ruf den Halt helfender Hände, die im Schwindel unausweichlicher Ohnmacht festhält. Im Ahnen des Scheiterns soll Hilfe von oben kommen, von denen, die noch die Macht haben, die Dinge zu richten und zu retten. Die sollen es machen, wo man selbst nichts machen kann. Von Kindesbeinen an hat der Mensch gelernt, dass da Vater und Mutter sind, die das Unlösbare lösen – oder eben auch nicht.
Entwicklungspsychologisch ist es die früheste Kindheit, in der der Mensch die einmalige Chance hat, Urvertrauen zu entwickeln. Es ist eine fragile Zeit, in der Vater und Mutter gottgleich die eigene Existenz gewährleisten. Selig der Mensch, der sich auf Vater und Mutter verlassen konnte; später um Seligkeit ringend diejenigen, deren selbstverständlich hoffende Kindesliebe auf wenig Resonanz stieß. Es gibt weder da noch dort Automatismen. Das Leben kann bei einer schwierigen Kindheit genauso gelingen wie das einer geborgenen Kindheit scheitern kann. Das Urvertrauen aber, jene Haltung einer grundständigen Gelassenheit, die sich aus der existentiellen und vorbewussten Erfahrung nährt, unverdient geschützt worden zu sein, ist nicht substituierbar. Das Leben eines Menschen erfährt bereits eine Prägung, wenn er kaum schwarz von Weiß unterscheiden kann. Vater- und Mutterschaft ist ein wahrhaft göttlicher Auftrag, eine Verantwortung dem neuen Leben gegenüber, eine Zumutung, aus der ebenso Verheißung wie Fluch erwachsen können. Angst und Schrecken mögen die überfallen, die sich dessen bewusst werden, aber gleichzeitig auch Freude und Stolz, dass das Sein ihnen das zutraut.
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