Dies Domini – Dreifaltigkeitssonntag, Lesejahr B
Dreifaltigkeitssonntag, das fügt sich mit dem Christkönigssonntag oder Fronleichnam zu einer Reihe von Festtagen im Kirchenjahr, für die der nicht besonders kirchennah sozialisierte Zeitgenosse kaum spontanes Verständnis aufbringen wird. Dreifaltigkeit? Wahrscheinlich so eine spitzfindige dogmatische Nuss, die ohne Theologiestudium kaum unfallfrei zu knacken sein wird. Und eine lebenspraktische Dimension dürfte hier auch nur sehr schwer zu erkennen sein.
Jedenfalls haben wir hier einen Quell des z.B. islamischen Vorwurfs, das Christentum sei gar nicht wirklich eine monotheistische Religion, sondern mit der Omnipräsenz des Hl. Geistes sogar eine pantheistische Religion, wo es demgegenüber doch in der Lesung aus dem Buch Deuteronomium heißt
„Jahwe ist der Gott im Himmel droben und auf der Erde unten, keiner sonst.“ (Dtn 4,39)
Ja, an dem Vorwurf scheint etwas dran zu sein. Es sind Bibliotheken damit gefüllt worden, diesen Fragen nachzugehen und dabei dogmatische Gebäude filigraner Präzision zu errichten, aber bis auf die Schönheit damit gefüllter österreichischer Klosterbibliotheken fällt das uns Zeitgenossen nicht ohne weiteres auf.
Aber einen Gesichtspunkt stellt uns dieser Sonntag sinnfällig vor Augen, dass nämlich die göttliche Wirklichkeit kein in sich ruhendes Geheimnis ist, abgeschieden von der Welt in unzugänglichen Weiten thronend, sondern das in Zeit und Raum hinein gesprochene Wort des Vaters in der Kraft des Hl. Geistes (Schott, Lesejahr B, 319). Das hat aber unmittelbare Auswirkungen auf unser Glaubensverständnis. Denn was in Zeit und Raum, also in historischer Kontingenz zu uns gesprochen wird, das ist in seinem Verständnis für uns nicht ein kristallener Eisblock überirdischer Schönheit, mit dem wir kaum etwas anfangen können, außer es zu bewundern. Sondern es ist eine Wahrheit, die immer wieder den Zeitgenossen so auszusagen ist, sie zu neuer „Gegenwart und Lebendigkeit zu führen, um es in dieser Aktualität zu jeder Zeit glaubwürdig – der gläubigen Annahme würdig – zu machen.“ (M. Seewald, Dogma im Wandel, Freiburg 2018, 15). Und damit haben wir einen Kern unseres Glaubens angesprochen, der wie ein Ausrufezeichen von Paulus in der Lesung uns zugerufen wird:
„Denn Ihr habt nicht einen Geist empfangen, der Euch zu Sklaven macht, so dass Ihr Euch immer noch fürchten müsstet, sondern Ihr habt den Geist empfangen, der Euch zu Söhnen und Töchtern macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,15)
Seewald, ein „Shootingstar“ der deutschsprachigen Theologie, will in seiner bahnbrechenden Studie zeigen, dass es keinen Anlass gibt, einen Nachruf auf die Kirche zu schreiben, weil sie sich wandelt, sondern dass Anlass zur Hoffnung ist, wenn die Kirche bemerkt, dass sich der Mensch von heute „einer Kirche, in der die Autorität das Argument zu ersetzen droht, nicht gläubig zu“, sondern „sich verstört von ihr ab“ wendet. Und wenn sie aus dieser Feststellung die Konsequenz zieht, dass der Begriff Dogma, „der in seiner engsten Bedeutung eine endgültige, irreformable Glaubenslehre bezeichnet, selbst das Resultat von Veränderungsprozessen ist“ und deswegen mehr Veränderung möglich ist, als mancher befürchtet. So ist es. Man muss nicht an Fragen wie das Frauenpriestertum denken — obwohl es vielleicht gut wäre, einmal die beeindruckende Dimension der zweitausendjährigen Praxis der Weihe nur für Männer im Lichte der ja erst wenigen Jahrzehnte alten Erkenntnis der Gleichwertigkeit und -Berechtigung der Geschlechter zu betrachten und ihren Wert damit doch sehr zu relativieren? Aber der Halm, der das Weizenkorn trägt, ist nicht deswegen so erfolgreich, weil er so starr im Wind steht, sondern weil er sich flexibel anzupassen versteht. Nicht beliebig, aber biegsam.
Ähnlich wie die Wandlung bei der Kindererziehung, weg von „weil ich (Mama/Papa) das sage“, hin zu einem erklärenden und argumentativen – und damit sicher auch wertschätzenderem Erziehungsstil, bereits erfolgt ist, muss sich vielleicht auch die Kirche einem solchen Prozess öffnen.
Von Herzen wünsche ich Ihnen eine gute Woche, in der Sie die Gewissheit auch in der Ungewissheit, die zum Menschen dazugehört, bestätigt sehen, die das Evangelium uns zusichert:
„Ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20)
Ihre Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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