Dies Domini. Erster Adventssonntag, Lesejahr CDies Domini – Dritter Adventssonntag, Lesejahr C
Das Evangelium dieses dritten Adventssonntags stellt uns Johannes den Täufer und seine Predigt näher vor, die schon viel von der jesuanischen Botschaft beinhaltet, diese aber dennoch deutlich abgrenzend nur ankündigt:
„Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ (Lk 3,16)
Demutsvoll und sich seiner eigenen Rolle bewusst, tritt Johannes hier auf. Diese Demut, die wohl jedem angesichts des göttlichen Geheimnisses gut zu Gesicht steht, scheint leider dem politischen Nachwuchs auf dem JUSO-Bundeskongress in weiten Teilen – rühmliche Ausnahmen sind in den Abstimmungsergebnissen und Redebeiträgen glücklicherweise aber auch zu erkennen – abhandengekommen zu sein, wenn allen Ernstes gefordert wird, die Regelungen des § 218, der einen Schwangerschaftsabbruch unter der Androhung von Freiheitsstrafen verbietet (wobei durch die Ausgabe von Beratungsscheinen bis zur 12. Woche ein Abbruch, zwar nicht erlaubt, aber straffrei gestellt ist), ersatzlos zu streichen. Dies hat zur Konsequenz, dass ein Kind bis zum Zeitpunkt der Geburt gesetzlich vollkommen schutzlos ist. Mit welcher Hybris erheben diese jungen Menschen sich darüber zu entscheiden, welches Leben wertiger ist als das andere. Wie kommt man auf die absurde Idee, die (vermeintliche) Selbstbestimmung einer Frau könne über der Existenzberechtigung eines Ungeborenen liegen. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt ging es an dieser Stelle um das komplexe Thema von Abtreibungen und Lebensschutz, aber offenbar verliert es auch zwei Wochen vor Weihnachten, vor der Geburt und Menschwerdung Jesu nicht an Bedeutung. Über den vor wenigen Tagen verstorbenen Philosophen Robert Spaemann heißt es in einem kurzen Nachruf in der Rheinischen Post, dass er, dessen Dauerthemen „das Recht des ungeborenen Lebens, die Euthanasie und die Gentechnik“ waren, sich an eben diesen Punkten „kompromisslos [zeigte], weil für ihn der Mensch selbst auf dem Spiel stand“. Genau darum geht es, unsere (Mit-) Menschlichkeit steht auf dem Spiel, wenn wir unseren Mitmenschen die Existenzberechtigung, aber auch uns selbst die Fähigkeit, Verantwortung für unser eigenes Handeln zu tragen, absprechen.
Im gesamten Evangelienabschnitt geht es um das Thema der Verantwortung, des Maß-Haltens und der Nächstenliebe. Alles eigentlich selbstverständliche Dinge. Die Soldaten sollen niemanden misshandeln oder erpressen, die Zöllner nicht mehr verlangen, als das, was festgesetzt ist und jeder, der das Glück hat, genug Kleidung und Essen zu besitzen, möge abgeben, was er zu viel hat, an den, der zu wenig hat. Vor einigen Tagen fiel mir ein Text in die Hände, der – vielleicht sehr plakativ, aber dennoch eindrucksvoll deutlich macht, wie viele Dinge wir in unserem eigenen Leben hinnehmen, ohne uns ihres Wertes bewusst zu sein und aufzeigt, wie der Blickwinkel auf vermeintliche Probleme verändert werden kann:
Ich bin dankbar:
-für die Steuern, die ich zahle, weil das bedeutet, ich habe Arbeit und Einkommen
-für die Hose, die ein bisschen zu eng sitzt, weil das bedeutet, ich habe genug zu essen
-für das Durcheinander nach einer Feier, das ich aufräumen muss, weil das bedeutet, ich war von lieben Menschen umgeben
-für den Rasen der gemäht, die Fenster, die geputzt werden müssen, weil das bedeutet, ich habe ein Zuhause
-für die laut geäußerte Beschwerde über die Regierung, weil das bedeutet, wir leben in einem freien Land und haben das Recht auf freie Meinungsäußerung
-für die Parklücke, ganz hinten in der äußersten Ecke des Parkplatzes, weil das bedeutet, dass ich mir ein Auto leisten kann
-für die Frau, die in der Gemeinde hinter mir sitzt und falsch singt, weil das bedeutet, dass ich gut hören kann
-für Müdigkeit, schmerzende Muskeln am Ende eines Tages, weil das bedeutet, ich bin fähig hart zu arbeiten
-für den Wecker, der morgens klingelt, weil das bedeutet, mir wird ein neuer Tag geschenkt.
(Stephan Rehm)
Ich wünsche uns eine Gesellschaft, die dankbar ist für das, was sie hat. Die solidarisch ist mit denen, die nicht so viel haben und vor allem, die keinem Menschen, ob geboren oder ungeboren, jung oder alt, gläubig oder ungläubig, Mann oder Frau, schwarz oder weiß, das Recht verweigert, einen neuen Tag geschenkt zu bekommen. Dann dürfen wir uns – jeder einzelne, aber auch alle zusammen zusagen lassen:
„Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der Rettung bringt. Er freut sich und jubelt über dich, er schweigt in seiner Liebe, er jubelt über dich und frohlockt, wie man frohlockt an einem Festtag.“ (Zef 3,17)
Eine gute letzte Woche vor dem Hochfest der Geburt des Herrn wünscht Ihnen
Ihre Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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