Dies Domini – 1. Fastensonntag, Lesejahr C
Auch wenn die Fastenzeit gerade begonnen hat und eine gänzlich andere Prägung hat als die Karnevalszeit und ihr Höhepunkt am Rosenmontag, so sollte doch ein Düsseldorfer Karnevalswagen in Erinnerung bleiben, auf dem ein wohlbeleibter, unschwer am Ornat als Bischof erkennbarer Herr in einer Hängematte mit der Aufschrift „schonungslose Aufarbeitung des Missbrauchsskandals“ schläft, die zwischen zwei Kreuzen aufgehängt ist, die bereits bedenkliche Risse aufweisen.
Das Evangelium des heutigen Sonntags spricht von drei Versuchungen, denen der Herr durch den Teufel in der Wüste ausgesetzt wird: Die Güter des Leibes werden in Aussicht gestellt, die dem nach vierzig Tage Fasten sicher gewaltig Hungernden doch sehr attraktiv erscheinen müssen; die Macht der Welt kann errungen werden und schließlich der Beweis göttlicher Herkunft durch die herbeieilenden Engel, die doch ein für allemal diesem Versucher das Maul stopfen müssten und die Bestätigung göttlicher, also geistlicher Macht wären. Nach dem angesprochenen Karnevalswagen könnte man sich auch eine Versuchung der Ruhe und des ungestörten Dösens im Frieden der Trägheit vorstellen, die sicher auch den Herrn berühren, aber wohl auch nicht überwältigen würde.
Es wäre nun wohlfeil, alle diese Versuchungen in der zeitlichen Gestalt unserer Kirche verwirklicht zu sehen und niemand müsste lange nach Beispielen suchen, in denen uns Eitelkeit, Machtstreben, Luxusbedürfnisse und Trägheit wie auch geistlicher Hochmut größerer und kleinerer Kirchenfürsten der Vergangenheit und gelegentlich der Gegenwart begegneten. Das ist traurig, weil es die Botschaft unseres befreienden Evangeliums verdunkelt, und zugleich frustrierend, weil man den Eindruck haben kann, an all diesen Dingen und ihren Auswirkungen ändere sich nichts. Aber es wäre am Sinn unseres Evangeliums vorbei, wenn es uns wie im Text des vergangenen Sonntags den Balken im Auge unserer Kirche sehen lässt, wo doch in unserm eigenen der Splitter mindestens ebenso die klare Sicht trübt.
Ich kann es ja gut verstehen, wenn manch einer des ewigen Anrennens um Reformen in der Kirche müde ist und keine Bewegung zu erkennen vermag, so dass er sich zurückziehen will, um sich nicht immer wieder nur blutige Beulen zu holen bei seinem Anrennen. Aber ruft uns der Umgang Jesu mit den Versuchungen nicht nur eine andere Möglichkeit, sondern eigentlich auch eine bessere Perspektive zu, wenn Jesus den Versucher in die Flucht schlägt, mindestens für eine gewisse Zeit:
„Die Schrift sagt, Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.“ (Lk 4,12)
Es ist uns nicht gegeben, wie es auch schon Jesus nicht vermocht hat, den Teufel endgültig in die Schranken zu weisen und wenn auch nicht jeder mit dem sehr persönlichen und vielleicht naiv wirkenden Teufelsbild des Papstes etwas anfangen kann, so vermag die Personalisierung doch ein Feindbild zu lokalisieren, mit dem sich vielleicht wirkungsvoller umgehen lässt, als mit einem ungreifbaren „Bösen“. Es tut gut, einem rumpelnden und mit dem nächtlichen Schlaf Schindluder treibenden Dämonen einen Rosenkranz an den Kopf zu werfen wie weiland der Pfarrer von Ars oder ein Tintenfass nach ihm zu werfen wie Martin Luther. Auch wenn die Greifbarkeit dieser Vorstellungen sicher nicht philosophische Wahrheit beanspruchen kann, so vermag sie vielleicht doch eine therapeutische Wirkung durch die Handhabbarkeit unserer Verteidigung gegen all diese schrecklichen Auswirkungen des Bösen zu entfalten, denn was man benennen kann, das hat man schon fast begriffen.
Es wäre sicher kein Allheilmittel, aber vielleicht einen Versuch wert, einfach auszuhalten, immer wieder Menschenrechte in der Kirche, Gleichberechtigung der Geschlechter usw. usf. zu fordern, weil es uns aufgegeben ist, diese Versuchung der langwierigen Erfolglosigkeit zu bestehen. Vielleicht sollten wir uns Sisyphus als einen glücklichen Menschen vorstellen: nie richtig fertig, immer frustrierend erfolglos, aber immer an der gestellten Aufgabe. Schwierig, aber auch der Herr hatte kein leichtes Leben, warum seine Jünger?
Trotzdem wünsche ich uns eine wundervolle Woche, die Sie und mich staunen lässt, wie manchmal doch ein Blitz aufleuchtet, der uns die Gegenwart Gottes sehen lässt. Das wird nichts auf Dauer, es ist immer nur eine Aufmunterung vor dem nächsten Rückschlag: aber Aufgeben? Ist auch keine Lösung.
Ihre Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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