Dies Domini – 4. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr C
Papst Franziskus hat vor wenigen Tagen zwar bestätigt, dass die von ihm eingesetzte Kommission zur Frage der Diakoninnen ihre Arbeit beendet habe, ohne jedoch zu einer einheitlichen Sichtweise zu gelangen. Es blieben Zweifel, so der Papst, ob denn die zweifellos gegebenen Beauftragungen zur Diakonin ebenso eine sakramentale Weihe bedeutet hätten, wie bei den Männern. Einmal abgesehen von dem naheliegenden Einwand, dass hier spätere Fragestellungen an Vorgänge herangetragen werden, die damals mangels entfalteter Ämtertheologie noch gar keine entscheidende Rolle spielen konnten, kann doch diese historische Frage nur dann von ausschlaggebender Bedeutung für die heutige Praxis sein, wenn man alles von Gott bejahte in der Entwicklung der Kirche schon im Keim der urkirchlichen Praxis, am besten in der Praxis Jesu angelegt sieht. Alles spätere wäre dann nur Ausfaltung des dogmatisch schon angelegten.
Das wird aber nur vom theologischen Hochreck aus, oder je nach Sichtweise auch nur mit der Brechstange, sinnvoll angenommen werden können. Professor Michael Seewald hat in seiner Studie zum Wandel des Dogmas gezeigt, dass auch eine substantielle Veränderung im Laufe der Zeit in mancher Hinsicht möglich war und Hubert Wolf belegt für die Äbtissinnenweihe, dass nicht nur liturgisch eine Nähe zur Priester- und Bischofsweihe möglich gewesen ist. Man wird doch kaum eine gerade Entwicklungslinie vom Gott des Buches Exodus und seinem Kampf gegen die Ägypter ziehen wollen über den Jesus von Nazareth, der sich nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt weiß, und das Apostelkonzil hin zur Geheimen Offenbarung des Johannes, wie sie uns in der Lesung des heutigen Sonntags begegnet:
„Ich, Johannes, sah: Eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen, niemand konnte sie zählen. Sie standen in weißen Gewändern vor dem Thron und vor dem Lamm und trugen Palmzweige in ihren Händen.“ (Offb 7,9)
Da hat es Brüche gegeben, Entwicklungen und auch Fortschritt. Selbst die Bischöfe sieht man doch kaum noch mit Sandalen an den Füßen und je zu zweit ohne Brot und Vorratstasche und vor allem auch ohne Geld durch die Städte ziehen und unreine Geister austreiben. Nicht mal im übertragenen Sinn könnten sie das für sich in Anspruch nehmen. Deswegen sollten wir doch den Tatsachen ins Auge sehen und die Frage stellen, wie denn heute wirkungsvoll das Evangelium verkündet werden kann, wie Einfluss und Verantwortung, kurz Macht, geteilt werden kann und wie die „wahre“ Gleichberechtigung der Frauen im katholischen Sinn zu einer realen Gleichberechtigung auch vor dem Auge der kritischen Vernunft werden kann.
Dann müssten wir vielleicht auch nicht mehr wie Verantwortliche der Priesterausbildung es tun, die Augen vor den Erkenntnissen der Wissenschaft verschließen und Homosexualität für eine Krankheit halten und den Moskauer Patriarchen zum Modell einer zeitgemäßen Neuevangelisierung Europas befragen. Man fragt sich doch gelegentlich, ob manche Beiträge in der Debatte nicht besser im stillen Kämmerlein verblieben, spräche nun ein Altpapst zur Kirchenpolitik oder ein Jungsozialist zum Kommunismusgespenst. Wer mit den Zeitgenossen im Gespräch bleiben will, für den können derartige Beiträge nicht hilfreich sein. Was haben manche Leute nur mit der Vergangenheit? Ich möchte jedenfalls weder im Marktl am Inn der zwanziger Jahre das Paradies auf Erden sehen noch im Paradies der Werktätigen auf die Öffnung der Grenzen warten. Wir haben doch eine Botschaft für alle Zeiten und damit eben auch für heute: Jesus spricht da bei Johannes den Kern seiner Botschaft auf das dichteste komprimiert und geradezu provokant deutlich aus:
„Ich und der Vater sind eins.“ (Joh 10,30)
Damit ist dann in der Tat alles gesagt und mit dieser Botschaft des wirklich und wahrhaftig zum Menschen gewordenen Gott in Jesus Christus, der uns nicht unser Leid und unsere Fragen wegnimmt und auflöst, aber wirklich mitträgt, wird man auch die Menschen heute in ihren Ängsten und Leiden erreichen, auch wenn unsere Botschaft nicht immer leicht und eingängig sein kann. Manchmal muss man durch das Entsetzen des Karfreitags, ohne einen hoffnungsvollen Blick schon auf Ostern tun zu können.
Daher steht am Schluss diesmal auch kein Segensgruß, verbunden mit guten Wünschen für die Woche (obwohl ich Ihnen die natürlich trotzdem wünsche), sondern ein Tipp: Hören Sie sich doch einmal eine Ausgabe des Buchs mit den sieben Siegeln, eine Art „Vertonung“ der Geheimen Offenbarung des Johannes, von Franz Schmidt an. Suchen Sie sich zwei Stunden Zeit und versuchen Sie, ungestört zuzuhören: Sie werden einen Geschmack davon bekommen, was es mit den „letzten Dingen“ auf sich haben könnte. Auch mit den Mitteln der Musik entstehen Bilder des Glücks und des wahren Friedens, ebenso wie die apokalyptischen Reiter, deren Vorboten uns heute manchmal begegnen. Aufregend, aber schließlich doch auch tröstlich.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
„Was haben manche Leute nur mit der Vergangenheit?“
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Manche aus der Vergangenheit sind offenbar mehr in die Zukunft gerichtet als heute Lebende.
Zu den angeschnittenen Fragen Zölibat und Stellung der Frau hierzu Darlegungen einer (leider nicht katholischen) alten Wuppertaler Arztes:
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https://www.wiwi.uni-siegen.de/merk/stilling/downloads/nachtod_theo_jst/zoelibat_nutzen.pdf
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Immerhin sieht er unsere Kirche im Gesamten gesehen auf gutem Weg.