Dies Domini – Pfingstsonntag, Lesejahr B
Das Christentum sei, so bemerkte der Benediktiner Elmar Salmann einmal, eines der unselbstverständlichsten Dinge überhaupt. Das wundert uns, wenn wir an Weihnachten denken, wo Krippe und Bescherung mit Tannenbaum und Kerzenschein für uns ganz natürlich dazu gehören. Wenn wir Ostern feiern und die Häschen in den Parks und Gärten allüberall Eier versteckt haben als Hinweis auf das wieder aufbrechende Leben im Frühling, wissen wir: so war es immer und so gehört sich das auch.
Pfingsten allerdings lässt es ein wenig merken: was ist das mit den Feuerzungen und dem Hl. Geist, das wirkt ja wirklich etwas fremd, wenn wir es denn überhaupt als etwas anderes als ein langes Wochenende wahrnehmen. Hier scheint das Christentum ein wenig von dem Widerständigen, Unselbstverständlichen, behalten zu haben, wir haben es noch nicht ganz gezähmt zum jahreszeitlichen Ritual mit Konsumgelegenheit.
Denn es scheint es ja eine ganz eigene Bewandtnis zu haben, mit dem Heiligen Geist, den wir an Pfingsten feiern:
„Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; und auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ (Apg 2,2)
Es ist keine wohlgeordnete, hierarchische Formation, die da das erste Pfingstfest, die Geburt der Kirche sozusagen, erlebt: Es sind
„Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadokien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Kyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber – wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden. “ (Apg 2,11)
Durcheinander, viele verschiedene Menschen in vielen verschiedenen Sprachen, vereint in dem einen Wunsch, Gott zu loben, es aber auf ihre je ganz eigene Weise tun. Wir lesen auch in der Apostelgeschichte, dass das durchaus nicht friedvoll und harmonisch zuging, als man bemerkte, dass es bis zur Wiederkunft Christi noch etwas dauern werde, man stritt und zankte sich erbittert, genau wie heute.
Wolfgang Beinert, der emeritierte Dogmatiker aus Regensburg, veröffentlicht wöchentlich einen YouTube-Podcast, in dem er sich den Sonntagslesungen widmet und er tut dies ungemein anregend, offenbar in der vertrauten Szene seines Wohnzimmers. Vergangene Woche erwähnte er beiläufig, es sei in der Kirchenkrise unserer Tage ebenso wie in früheren Zeiten, als sich schon in der Jerusalemer Urgemeinde zwei Parteien erbittert bekämpft hätten; die einen, die alle neuen Christen beschneiden und den Regeln der jüdischen Religion unterwerfen wollten, wie der Herrenbruder Jakobus, und die andern, die die Öffnung wollten, ohne an jüdische Voraussetzungen gebunden sein zu wollen. Immer schon die Bewahrer der Asche im Althergebrachten gegen die vom Feuer entfachten, die diese Begeisterung weitergeben wollen. Wir wissen, wer sich durchsetzte und wir fragen uns nach den Konsequenzen für heute, denn in der Tat, wer mit dem Heiligen Geist die religiöse Praxis Jesu, der sich sicher nur zum jüdischen Volk gesandt gewusst hat, in einer Kernfrage außer Kraft setzen kann, der soll dann heute nicht in der Lage sein, Frauen in den priesterlichen Dienst zu berufen? Eine sonderbare Vorstellung.
Dabei halten ja die Aschebewahrer im Kern nicht an einer urchristlichen Vorstellung von Kirche fest, sondern an der manchmal irritierenden Gestalt, die diese Organisation vor allem unter den Piuspäpsten im 19. Jahrhundert gewonnen hat und die die Päpste unserer Zeit bis zu Benedikt auf die Spitze getrieben haben. Man sieht, dass es so nicht weitergeht, aber ändern tut sich auch nichts, auch sonderbar.
Vielleicht muss doch die Kraft des beharrlichen Anrennens an harte, wenn auch immer brüchiger werdende Mauern, immer weiter geübt werden, damit der Hl. Geist sich wieder Bahn brechen kann. Immerhin, wer hätte vor zwanzig Jahren damit gerechnet, dass deutsche Bischöfe sich auch öffentlich kritisch zu römischen Verlautbarungen stellen, nachdem die Ergebnisse der Würzburger Synode mehr oder weniger sang- und klanglos versickert sind. Man muss sich vielleicht immer wieder Mut machen: wir müssen was tun, damit sich was tut.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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