Dies Domini – 22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B
Über die Salzburger Festspiele und deren diesjährige Neuinszenierung des „Don Giovanni“ las man vor einigen Tagen in der FAZ, der Dirigent sei ein „zur Macht gelangter Schwadroneur“, sein und des Regisseurs Werk könne man nur als ästhetischen Terroranschlag qualifizieren, während kurz darauf ein Leserbriefautor, ebenfalls Zuschauer in Salzburg, meinte, der Kritiker habe es wohl verabsäumt, sich die Ohren zu putzen und habe ohne jede Sachkenntnis nur altbekanntes wiedergegeben und die Süddeutsche empfand, so radikal und verstörend werde der Kern der Oper sonst nie herausgearbeitet.
In der Familie interessierte sich dieser Tage jemand für ein Elektroauto und stellte fest, dass das gleiche Auto in der „Autozeitung“ preislich unschlagbar und mit gut dosierbarer Bremse einen Vergleichstest gewinnt und in der „auto motor und sport“ zwar ebenfalls gewinnt, aber Kritik kassiert wegen schlecht dosierbarer und spät ansprechender Bremse. Hier ist das Auto zudem ein „teures Vergnügen“. Tja, und nun?
Ganz egal, um was es geht, stets findet sich jemand, der das Gegenteil verkündet. Sieht Thomas Söding beim Synodalen Weg gute Chancen für Reformen, hält Michael Seewald den Prozess schon im wesentlichen für hinfällig und widmet Norbert Lüdecke dem Vorhaben gleich ein ganzes Buch „Die Täuschung“, in dem er sich darüber wundert, wie wenig es braucht, um Laien dazu zu bringen, sich der Illusion hinzugeben, ein Dialog finde auf „Augenhöhe“ mit Bischöfen statt. „Kein noch so freundlicher-umgänglicher Hirte mutiert zum Schaf.“ Tja, und nun?
Afghanistan, Klimawandel, Digitalisierung und Corona, alles wird immer undurchsichtiger und vernetzter, manch einer mag sich da in seine Kindergartenzeit zurücksehnen, in denen ein gemeinsames Lied viele Gruppen zum Aufbruch in eine gemütliche Nachbarschaftsrunde vereinen mochte. Aber wird das unseren vielfältigen und widersprüchlichen Herausforderungen gerecht? Sollen wir schneller aus der Braunkohle aussteigen aber dafür soziale Verwerfungen in Kauf nehmen? Sollen wir Flüchtlinge aus Afghanistan in großer Zahl aufnehmen und damit der dortigen Gesellschaft viel nehmen und zugleich unsere Gesellschaft überfordern, dabei aber Leben retten? Sollen wir Amazon und Google reglementieren und dafür in Kauf nehmen, abgehängt zu werden? Darüber müssten wir streiten, wenn möglich mit Argumenten, und nicht darüber, ob jemand Transall und Airbus verwechseln darf, der Kanzler werden will.
Gottseidank geben uns aber die Lesungen unseres Sonntags Hinweise darauf, worauf es wirklich ankommt: den Geboten Gottes nichts hinzuzufügen und nichts wegzunehmen, makellos leben und das Rechte tun, nicht verleumden und lügen, keine Schmach auf Nächste häufen, keine Bestechung annehmen und nicht auf Wucher verleihen; kurz:
„Werdet aber Täter des Wortes und nicht nur Hörer, … , ein reiner und makelloser Gottesdienst ist es …. Für Waisen und Witwen in ihrer Not zu sorgen.“ (Jak 1,22ff.)
Dabei geht es aber nicht um leere Gesetze und Riten, um hunderte von Vorschriften und Geboten, nicht um Ehre mit den Lippen, sondern um die Ehre Gottes mit dem Herzen. Wenn wir daran anknüpfen und uns fragen, wer wohl dazu beitragen mag, dass über Sachfragen sachlich und ernsthaft gestritten werden kann ohne dem andern Dummheit oder Ärgeres zu unterstellen, wer keine Schmach auf den andern häuft, sondern sich von Habgier, Bosheit, Neid und Unvernunft fernhält, der mag wohl in vier Wochen die Palme davontragen. Und wenn das für jeden in unserem Kreis ein anderer ist, dann kommt es auf friedliche Konfliktbeilegung an. Mit Streit und Auseinandersetzung, aber auch mit Gemeinsinn und Respekt. Voreinander, nicht füreinander.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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