Dies Domini – 30. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Wie oft haben wir diese Worte schon, oft in ironischer Manier, gehört:
„Gott, ich danke Dir, dass ich nicht wie die andern Menschen bin.“ (Lk 18,11)
Im Evangelium des Sonntags spricht so der Pharisäer, der mit einem Zöllner verglichen wird, der kaum Worte des Gebets findet und nur stammelt:
„Gott, sei mir Sünder gnädig.“ (Lk 18,13)
Da haben wir, wie in einem Brennglas, 1500 Jahre Ideengeschichte des Christentums vorbereitet, den Gnadenstreit. Was hat nun Vorrang, Gnade oder freier Wille? Ist nicht alles Gnade und von Gott abhängig? Wer könnte sich selbst so auf das Podest stellen wie der Pharisäer, der sich seiner guten Taten rühmt und darauf beruft, sich selbst durch seine guten Werke zu erhöhen und alles Recht darauf zu haben, auf die anderen herabzusehen. Und der andere, der verachtete Zöllner, der die Mitmenschen finanziell ausquetscht, der sich nur an die Brust schlägt und von Sünden stammelt. Wem gehört der Vorrang? Und vor allem: wem gehört die Sympathie Jesu?
Die Auskunft des Evangeliums ist eindeutig, aber wie kann das sein? Wieso gehört dieser Geißel des Volkes seine Sympathie statt dem Frommen, der doch eigentlich den Willen Gottes tut? Ich glaube, es liegt an der Selbstbezogenheit des Pharisäers, seiner Gewissheit, den Willen Gottes zu tun, der ihn in den Augen Jesu disqualifiziert.
„Nahe ist der Herr den zerbrochenen Herzen und dem zerschlagenen Geist bringt er Hilfe“ (Ps 34,18)
so singt der Psalmist und er bringt es auf den Punkt: wer sich als ungerecht Behandelter, als Demütiger, als Zerschlagener an Gott wendet, der wird nicht missachtet, der wird erhört, bei dem ist Gott, der für den Gerechten entscheiden wird.
Kern unseres Gleichnisses ist darum weniger das äußere Tun, da hat der Pharisäer die Nase vorn. Es geht um die innere Haltung der Demut und des Bewusstseins, sich der Gnade, also der Liebe Gottes zu verdanken, nicht der eigenen Leistung. Vielleicht ist das, im kleinen und im großen, gar keine so schlechte Idee, sich seiner eigenen Begrenztheit bewusst zu sein, seiner Angewiesenheit auf Gott, aber auch auf den andern, um nicht dem Hochmut, der Todsünde der Superbia zu verfallen.
Paulus mag in der zweiten Lesung zwar vielleicht ein bisschen dick auftragen:
„Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit….“ (2 Tim 4,8),
aber er weiß, warum:
„der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft.“ (2 Tim 4,17)
Hier wird eine der bedeutsamsten Einsichten des Christentums greifbar, gerade in diesen Zeiten der Unordnung, da der große Durcheinanderwerfer, der Diabolos, Regie zu führen scheint:
„Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue bewahrt.“ (2 Tim 4,7)
Darum dreht es sich, um die Bewahrung der Treue. Was sind das für dürre, lebensarme, kalte Wahrheiten? Sekundärtugenden. Treue? Aber wem und warum?
Aber Treue, Aushalten, Toleranz auch bei Verlusten und bei offenbarem Untergehen des Geliebten, des Gewohnten und Vertrauten, das ist zugleich Abbild der unendlichen Geduld Gottes mit seiner Schöpfung, seinen Geschöpfen: Abbild der Liebe Gottes zu uns. Zu hoch, zu unbegreiflich: aber wahr.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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