Dies Domini – Zweiter Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Liebe Leserinnen und Leser,
Grün! Ist es Ihnen aufgefallen? Nein, nicht der Schnee in den Skigebieten, sondern das Gewand des Priesters bei der Hl. Messe. Der Jahreskreis mit seinen alltäglichen Werk- und Sonntagen hat angefangen, die Tannenbäume sind weitgehend bei der Grünbündelabfuhr entsorgt, die Krippen auf dem Speicher und das Engelshaar aus dem Staubsauger gefieselt; alles geht wieder seinen normalen Gang, wenn auch das Hintergrundrauschen des Ukrainekriegs und die Klimakrise und Corona … aber man kann ja nicht 24/7 auf Habachtstellung leben. Und die Kirche? Austrittswellen folgen auf Austrittswellen, Missbrauchsaufarbeitung gelingt eher nicht, dem synodalen Weg werden Steine in denselben gelegt …
Und die Reaktion? Wir feiern Advent. So heißt es bei Jesaja in der ersten Lesung:
„Ich mache Dich zum Licht der Nationen; damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht“. (Jes 49,6)
Paulus hört sich in der zweiten Lesung aus dem 1. Korintherbrief an wie der Engel in der Verkündigungsszene:
„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“. (1 Kor 1,3)
Und es taucht auch wieder der Vorläufer Johannes auf, von dem es im Evangelium heißt:
„Er ist es, von dem ich gesagt habe: nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, damit er Israel offenbart wird“. (Joh 1,30f.)
Diese Auswahl der Lesungen zeigt an, dass wir uns eigentlich immer, nicht nur im Advent, in einer Erwartungszeit bewegen, dass wir uns nie im Besitz wähnen dürfen, dass das, worum es eigentlich geht, immer erst noch kommen wird. Wir haben nichts in den Händen, was uns die Sicherheit gäbe, zu wissen. Was wir haben, ist ein Grund, um zu hoffen.
Diese Zeit der Erwartung, des sich anbahnenden Heils auf dem Weg zu uns, ist unser eigentliches Los, nicht die ruhige Gewissheit, die Sicherheit und die Sattheit, sondern immer nur die Sehnsucht nach dem, der uns verheißen ist, auf den wir uns aber nur verlassen können, wenn wir es wagen. Wagen auch mit dem Risiko des Scheiterns desjenigen, der womöglich eine Hoffnung hatte, wo keine Erfüllung wartet, der vielleicht geglaubt hat, wo nur ein Trugbild schillerte und der vielleicht liebt, wo seine Liebe nicht erwidert wird. Das Risiko bleibt, sonst könnten wir nicht wagen.
„Ich bin bei Euch alle Tage bis an das Ende der Welt.“
Ja, hoffentlich. Ich wünsche Ihnen den Mut, auch in diesen schweren Tagen auf das Bekenntnis des Johannes zu setzen:
„Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist der Sohn Gottes.“ (Joh 1,34)
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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