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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Erster Fastensonntag, Lesejahr A

Auch nach der Aufklärung scheint der moderne Mensch nicht frei von magischem Bewusstsein. Gerade angesichts des terroristischen Angriffs auf die Ukraine wird diese Anfälligkeit vieler modernen Zeitgenossen deutlich. Die scheinbare Stärke Russlands und die bloße Drohung Putins, er könne, wenn er wollte, Atomwaffen einsetzen, löst tiefsitzende Ängste aus, ein Gefühl der Ohnmacht, das nur schwer zu ertragen zu sein scheint. Die Frage, warum die Russen in bisherigen Konflikten – in Syrien, Mali, Afghanistan, Tschetschenien und Georgien – nie die Atomwaffe eingesetzt haben, sondern mit blinder und unmenschlicher Zerstörungswut Städte und Landschaften niedergebombt haben, wird gar nicht näher gestellt. Diese Konflikte waren offenkundig zu weit weg – und hatten offenkundig auch den europäischen Beistand nicht so nötig, dass man einfach wegschauen konnte. Das ist nun anders. Die Ukraine ist nah – und damit juckt plötzlich der eigenen Pelz. Der ehemalige KGB-Offizier und Tschekist Putin weiß, wie man die Unsicherheit schürt. Die Tscheka – die russische Geheimpolizei – war ein guter Lehrmeister: Mit Geld oder mit Angst und Einschüchterung wurden die Gegner gefügig gemacht. Dieses Spiel spielt jetzt auch Putin. Wer sich auf seine Spieregeln einlässt, hat schon verloren und verdammt sich selbst zur Unterwerfung. Oder er duckt sich weg, um gar nicht erst auf das Spielfeld zu geraten. Oder er schreibt öffentliche Briefe und beschwört wortreich das Ende eines Krieges, auf den er nicht einmal den Hauch von Einfluss hat, weil er gar nicht auf dem Spielfeld steht oder stehen will. Die Angst als Lehrmeisterin treibt halt absurde Blüten …

Die Versuchung ist groß, aus Eigenschutz den Beistand zu verweigern. Das ist durchaus legitim. Jede Polizistin und jeder Sanitäter lernt, dass Eigenschutz Vorrang hat. Moralisch verwerflich ist das Streben nach Eigenschutz also keineswegs. Aber es hat einen Preis. Die Verletzten und Leidenden bleiben auf der Strecke. Es wäre gut, wen die, die in subtil-magischem Bewusstsein Worte machen, mit denen man den Terror zu beenden sucht, sich wenigstens des inhärenten Dilemmas bewusst würden, in dem wir alle stehen – und wir stehen in diesem Dilemma nur dabei, denn das Leid, die Vergewaltigungen, das Sterben findet in der Ukraine statt, nicht bei uns. Wer hier nur zusieht, sich aus Angst wegduckt und danebensteht, schützt sich möglicherweise selbst, ist aber auch für unterlassene Hilfeleistung verantwortlich; wer hingegen nicht zuschauen kann, sondern helfend eingreift, muss sich bewusst sein, dass er – etwa durch Waffenlieferungen – eben auch Verantwortung auf sich lädt, denn Waffen töten. Es gibt kein Entkommen aus diesem Dilemma, gerade weil in dieser Krieg auf einem terroristischen Angriff beruht, dem keine Fehde- oder Kriegserklärung vorausging und keine Verhandlungsbereitschaft seitens des Angreifers. Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist keine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Sie ist und bleibt ein unmenschlicher Terrorakt, mit dem Putin – und das sagte er selbst bereits 2007 auf der Münchener Sicherheitskonferenz – wieder als Großmacht erscheinen möchte. Der erstrebten Einverleibung der Ukraine ging die teilweise Annexion Georgiens, der Krim und des Donbass voraus. Man muss kein Prophet sein, dass weitere Schritte geplant sind, um Putins Großmachtphantasien wiederherzustellen. Ob die mit gutgemeinten Friedensapellen und öffentlichen Aufrufen, an den Verhandlungstisch zu gehen, zu vermeiden sind?


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kath 2:30 Dies DominiWenn je ein Krieg vernünftig wäre, hätte man ihn nie geführt. Sie finden nicht auf begrenzten Spielfeldern statt, wie es Gesellschaftsspiele suggerieren. Der Krieg bricht in den Alltag ein, nimmt das Leben Unschuldiger, dröhnt, lärmt und traumatisiert diejenigen, die überleben – oft über Generationen hinweg. Die lebende Generation ist direkt betroffen, die Generation der Kinder auch; beide werden ihre lebendigen Erinnerungen an die Enkelgeneration weitergeben. Erst in der vierten Generation wird das Trauma langsam im Nebel der Geschichte und der Hass aus den Herzen verschwinden. Was auch immer die Mächtigen als Rechtfertigung für einen Krieg anführen: Ihr Handeln spielt mit dem Leben gegenwärtiger und zukünftiger Generationen. Nichts, aber wirklich nichts rechtfertigt das Töten. Das Helmut Schmidt zugeschriebene Wort, es sei besser 1000 Stunden zu verhandeln, als eine Minute zu schießen, ist richtig. Warum also hat der russische Präsident den Pfad des Verhandelns nicht beschritten und die tödliche Gewalt der Waffen freigelassen? Was glauben Sie denn?

Nun wurde der Krieg in der Ukraine entfesselt. Es ist unstrittig, dass das Land völkerrechtswidrig überfallen wurde. Strittig ist die Frage, wie die, die nicht unmittelbar Kriegspartei sind, reagieren sollen. Sollen Waffen geliefert werden oder nicht? Ist Unterwerfung um eines lieben, letztlich aber trügerischen Friedens willen wirklich eine Verhandlungsoption? Niemand, der mit Verantwortung auf den Konflikt blickt, kann sich dem Dilemma entziehen. Da kluge, letztlich aber zynische Ratschläge ohne wirkliche Übernahme von Verantwortung zu geben, macht aus einem existentiell bedrohlichen Konflikt ein Gesellschaftsspiel: „Ich überlasse Dir die Schlossallee, wenn ich dafür die Turmstraße behalten darf.“ Dabei gehört den Unbeteiligten weder die Turmstraße noch die Schlossallee. Wir stehen nur da und sehen das Sterben und das Leid der Menschen – und es gruselt uns, dass uns das selbst passieren könnte. Immerhin hat Russland Atomwaffen – und die Raketen sind in wenigen Minuten in Berlin und London. Das schürt Ängste, selbst betroffen sein zu können. Sollen die Angegriffenen also stillhalten und sich unterwerfen, damit bei uns alles so bleibt, wie es ist? Dafür probt man den Schulterschluss und veröffentlicht Manifeste, die ebenso wenig zum Frieden führen werden, wie gut gemeinte Gebete.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Sechster Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A

Es ist schön, dass ein Wort zur Woche einmal Gelegenheit gibt, eine aktuelle Situation aufzugreifen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuspießen zwischen einem Text unserer Tage und einem Evangelium, das vor Jahrhunderten geschrieben wurde, beides Texte, um aufzurütteln. In dem einen wettert Jesus in der Bergpredigt des Matthäus:

„Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ (Mt 5,20)

Starker Tobak, den uns Jesus da unter die Nase reibt, etwas weiter ganz ähnlich:

„wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.“ (Mt 5,22)

Und so gehen voran und folgen noch weitere Prophezeiungen, die einen sanftmütigen und gütigen Jesus, wie er uns sonst oft im Evangelium begegnet, nicht ahnen lassen.

Ganz ähnlich wutentbrannt eine Aachener Büttenrednerin:

„Beherzt er (Merz) auf die Schwachen drischt,
weil er so gern im Trüben fischt.
Gerade die, die christlich selbst sich wähnen,
sollten sich für ihn was schämen.“

Im Übrigen ein bisschen mehr unter der Gürtellinie; aber ist die Höllendrohung des Jesus für den, der nicht viel gerechter ist als die damalige tonangebende Schicht, nicht ebenso „voll daneben“, wie das boshafte Gereime der Dame, die doch immerhin beweist, dass die Bibel nicht in allem recht hat:


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kath 2:30 Dies DominiEin greiser Mann wartet. Worauf er gewartet hat, wird ihm erst klar, als das Erwartete eintritt. Die Christenheit feierte gestern das Fest „Darstellung des Herrn“, im Volksmund auch als „Maria Lichtmess“ bekannt. Das Lukasevangelium legt nach der Weihnachtserzählung viel Wert darauf, dass das Leben Jesu tief im Judentum verwurzelt ist. In Lukas 2,21 wird von seiner Beschneidung berichtet, woran sich die Erzählung des ersten Besuches des Säuglings Jesu im Tempel anschließt. Bemerkenswert ist, dass der Besuch anlässlich der vorgeschriebenen Reinigungsopfers geschieht, dem sich die Mutter eines Sohnes nach Levitikus 12,2-4 vierzig Tage nach dessen Geburt unterziehen musste. Interessant ist, dass die andere Vorschrift, nämlich die Auslösung des Erstgeborenen, die Pidjon HaBen, unerwähnt bleibt. Nach Exodus 13,2 ist alle Erstgeburt geheiligt und gehört Gott und muss ihm deshalb im Tempel übergeben werden. Dort wird der Erstgeborene üblicherweise nach Num 18,16 durch ein Geldopfer ausgelöst. Lukas berichtet nun von der vorgeschriebenen Reinigung der Maria und der Darstellung Jesu im Tempel, nicht aber von dessen Auslösung. Er bleibt damit erzählerisch im „Besitz“ Gottes.

Damit setzt sich fort, was Lukas schon von der Verkündigung an andeutet: Dieser Jesus ist anders. Das scheint auch der greise Simeon zu ahnen, der gewartet hat und nun eine Verheißung über den Neugeborenen spricht:


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