Dies Domini – Vierter Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B
Die Kirche ist noch nicht am Tiefpunkt ihrer selbstgemachen Krise angelangt. Das Unvermögen derer, die sich Hirten nennen und die Vorgeben, die Kirche zu führen zu leiten, im Umgang mit denen, die von klerikalem Missbrauch betroffen sind, und die Unfähigkeit, sich konstruktiv kritisch mit ethischen Fragen der Gegenwart auseinanderzusetzen, zeitigen eklatante Folgen. Saßen früher in Talkshows fast schon obligat geweihte oder ungeweihte Theologinnen und Theologen in den Gesprächsrunden, in denen sie mehr oder weniger kompetent mitdiskutierten, sind sie nunmehr fast vollständig verschwunden. Das gilt zunehmend auch für Arbeitskreise und Expertenrunden, die die Politik in ethischen Fragen beraten sollen. Aktuell ist in der Arbeitsgruppe, die sich mit der möglichen Abschaffung des §218 des StGB befasst, keine (moral-)theologische Expertise mehr gefragt. Die Begründung ist frappierend und müsste allen, die Verantwortung tragen, die Schamesröte ins Gesicht steigen lassen: Eine Kirche, die es in eigenen Reihen offenkundig an Moral mangeln lässt und nicht in der Lage ist, den von Missbrauch Betroffenen würdig zu begegnen, hat jedes Recht und jeden Anspruch auf Mitwirkung an ethischen Diskursen verwirkt. Das, wofür die Kirchen einmal standen, haben sie selbst in den Staub getreten. Sie taugen noch nicht einmal mehr als clowneske Skurrilität in Talkshows; sie haben sich selbst unmöglich gemacht … und tun es offenkundig weiterhin.
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Das Gewohnte kann schnell gewöhnlich werden – vor allem wenn es darum geht, das Gewohnte bewahren zu wollen. Freilich muss man sich schon sehr anstrengen, um die Komplexität der Welt zu übersehen. In früheren Zeiten genügten einfache Erklärungsmuster, um die Welt begreifbar zu machen. Je tiefer der Mensch aber in der Erkenntnis vordringt, desto komplexer und vielschichtiger, verwobener und chaotischer erscheinen die Zusammenhänge. Für nicht wenige ist das beängstigend, so dass der Trieb zur Vereinfachung verständlich ist. Der Rückzug in das Private, die Flucht in virtuelle Scheinwelten und der Ruf nach einer individuellen Freiheit, die mit den Problemen und Zumutungen einer Welt, die sich nicht so einfach vom Menschen beherrschen lassen will, nichts zu tun hat, sind die Folge. Und so werden virale Pandemien, der Klimawandel, die Energiewende und die krisenhaften Bedrohungen des Friedens wohl eher als persönliche Kränkung, denn als Herausforderungen begriffen, gegen die sich der Widerstand regt. Wenn das Gewohnte in Frage steht, treibt es auch die Bequemsten aus dem Sessel – meist wohl virtuell. Weil aber Anstrengungen als Zumutungen empfunden werden, haben diejenigen Konjunktur, die mit einfachen Antworten die Komplexität der Welt übertünchen. Statt sich in demokratische Diskursen streithaft gemeinsam auf den Weg zu machen, sehnt sich so mancher gewöhnlich Gewordene nach einer starken Führung, die von eigenem Denken entlastet. Das ist wohl die tiefste Bedrohung der Gegenwart, weil die, die sich der Anstrengung des Denkens und Handelns entziehen wollen, früher oder später zu einer führbaren Masse degenerieren, die auf Befehl aus den Sesseln getrieben stillzustehen haben. Was glauben Sie denn?
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Dies Domini – Zweiter Sonntag der Osterzeit/Weißer Sonntag, Lesejahr B
Bischof Oster, der nicht als Modernist verschrieene Passauer Bischof, hat bei YouTube einen Lauf: er lacht sich über einen zwecks Hervorrufens des risus paschalis, des Osterlachens, von ihm selbst erzählten Witz dermaßen kaputt, dass er damit die ganze Gemeinde und Hundertausende von Internetusern ansteckt. Der Witz selbst kann nicht ausschlaggebend sein, er ist wohl eher etwas schlicht. Es geht um die nicht ganz naheliegende Verwechslung eines WCs mit einem Waldcapellchen. Aber sein umwerfender Vortrag macht den Bischof sympathisch und zum Internetstar. Mir gefällt ja besser die Geschichte von dem Mann, der ein seit Jahrzehnten überwuchertes und verwildertes Grundstück am Dorfrand erbt und es in monatelanger Arbeit wieder auf Vordermann bringt. Als der Pfarrer vorbeikommt, spricht der ihn an: „Na, da haben Sie ja mit Gottes Hilfe einen schönen Garten hergerichtet.“ Worauf der Mann erwidert: „Also, Herr Pfarrer, da hätten sie das Gelände mal sehen sollen, als der Herr es noch alleine bewirtschaftet hat.“
Darf man das? Darf man, wenn auch im Gewand der Ironie, sich über Gottes Schöpfung lustig machen? Darf man überhaupt mit Gott auf Augenhöhe verkehren? Hanns Dieter Hüsch hat in einem wunderbaren Gedicht den lieben Gott mit Kurt Tucholsky an einem Tisch sitzen lassen: „Der liebe Gott sitzt mit ihm zusammen und macht ein faltenreiches Gesicht, der Mann gegenüber sagt: „Reiss Dich zusammen, komm, wir spielen Mensch ärgere Dich nicht.“ Ist das dem erhabenen Gott und Schöpfer gegenüber der richtige Ton?
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