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kath 2:30 Dies DominiDas hohe Gut der Gastfreundschaft wird oft überstrapaziert. Gerade zur Sommerzeit sind es reisefreudige Zeitgenossen gewohnt, endlich in den Urlaub zu fahren, von dem sie glauben, ihn verdient zu haben. Raus aus den Zwängen des Alltags, befreit von beruflichen und privaten Verpflichtungen kann man endlich die Seele baumeln und sich selbst gehen lassen.

Die Einwohner mancher der Reiszielorte, die besonders beliebt sind, empfinden die Gäste allerdings mittlerweile wohl eher als Belastung. In Mallorca und Barcelona demonstrieren die Einheimischen offen gegen einen überbordenden Tourismus, bei dem die Reisenden sich eher nach Art von Heuschrecken gebärden, denn als Gäste. Oft hört man, dass der Tourismus doch Geld bringen und so zum Wohlstand der Reiseregionen beitragen würde. Tatsächlich aber arbeiten dort viele Menschen, die in der Tourismusbranche tätig sind, in prekären Verhältnissen. Gleichzeitig sorgt der Tourismus nach Airbnb-Manier dafür, dass das bezahlbare Dach über dem Kopf für Einheimische immer knapper wird, weil die Wohnungen mittlerweile als lukrative Feriendomizile verwendet werden. Die vertrauten Innenstädte verkommen außerdem immer mehr zu Partymeilen. Wo man ehemals einkaufen konnte, reihen sich jetzt gastronomische Etablissements aneinander, die dem Touristen einheimisches Flair vorgaukeln. Touristen, die die weite Welt sehen wollen, bekommen nur eine teure Illusion einer Weltläufigkeit geboten, die zwar das erwartete Fernweh befriedigt, den Menschen vor Ort aber die Heimat nimmt. Kein Wunder, dass der Tourist inzwischen im besten Fall geduldet, immer öfter aber als Belastung empfunden wird. Das Geld, dass die Reisenden in der Fremde lassen, kompensiert die Beschwerlichkeiten der Einwohner schon lange nicht mehr. Sie sehen von ihm immer öfter auch nichts mehr.

Oft schwärmen die Heimkehrer trotzdem von einer empfundenen Gastfreundschaft. Die Tourismusbranche weiß, wie man Illusionen verkauft. Gastfreundschaft aber ist keine Einbahnstraße. Jede und jeder, der einmal Gäste zu Hause empfangen hat, kann ein Lied von jenen Gästen singen, deren Abschied man nicht nur herbeisehnt, sondern bei denen man sich auch überlegt, ob man sie noch einmal empfangen möchte. Zweifelsohne ist Gastfreundschaft gerade für glaubende Menschen in vielen religiösen Konfessionen ein hohes Gut. In der jüdischen und christlichen Tradition hängt das nicht zuletzt mit der Erzählung vom Besuch Gottes bei Abraham und Sara an der Eiche von Mamre. In Genesis 18 wird berichtet, wie drei Männer vor Abraham stehen, in denen Abraham die Gegenwart Gottes erkennt. Er bewirtet sie gastfreundlich über die Maßen – und Gott bedankt sich mit der Verheißung der Geburt eines ersehnten Sohnes. Die Gastfreundschaft bewährt sich – und bringt auch dem Gastgebenden eine schöne Überraschung.

Trotzdem bleibt die Gastfreundschaft oft ein schmaler Grat, weil sie ausgenutzt werden kann. Die Regel des Heiligen Benedikt etwa sieht im 53. Kapitel vor, dass man den Fremden wie Christus als Gast aufnehmen und bewirten soll; die Gäste hingegen nehmen an den Gepflogenheiten des Klosterlebens teil, die als solches unangetastet bleiben.

In der Tat mahnt der Hebräerbrief:

„Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt!“ (Hebr 13,2)

Hier zeigt sich, dass Gastfreundschaft eben keine Einbahnstraße ist. Die Gastfreundschaft bleibt ein hohes Gut! Die Gäste aber sollten sich so benehmen, dass man bei ihrer Abreise nicht das Gefühl hat, die Pforten der Unterwelt hätten sich geöffnet. Engel zu sein, ist freilich nicht allzu schwer. Wer sich am Gastort so benimmt, wie er erwartet, dass sich Gäste bei ihm zu Hause benehmen, macht schon einen guten Schritt. Und wer mit Blick auf die Befindlichkeiten der autochthonen Bevölkerung überlegt, ob er wirklich das All-Inclusive-Angebot oder die hippe Airbnb-Bude in der angesagtesten Stadt des Jahres buchen muss, erweist sich oft nicht nur als wahrer Menschenfreund; er hilft vielleicht sogar dem Klima. Was glauben Sie denn?

Dr. Werner Kleine

Erstveröffentlicht  in der Westdeutschen Zeitung vom 2. August 2024.

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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