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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Vierter Adventssonntag, Lesejahr C

Es sind unfriedliche Zeiten. Wieder einmal. Und das, obschon zu Weihnachten weltweit der große Friede beschworen wird. Dabei werden in den vielen Kriegen, die derzeit in der Welt geführt werden, wohl selten die Waffen wenigstens in der Heiligen Nacht schweigen. Versagt der Friedefürst, dessen Geburt an Weihnachten mit Inbrunst gefeiert wird?

Weihnachten ist zu einem naiv-romantischen Fest geworden. Friede, Liebe, Familie – die heile Welt soll wenigstens an Weihnachten Wirklichkeit werden. Die Ratschläge eilfertiger Psychologen, die alle Jahre wieder Tipps für ein Gelingen des weihnachtlichen Familienfriedens geben, lassen allerdings erahnen, dass auch hier die viele frommen Wünsche nur oft genug Illusionen sind. Je höher die emotionalen Erwartungen, desto tiefer häufig die Enttäuschungen. Dabei sind die weihnachtlichen Erzählungen im Neuen Testament selbst wenig romantisch. Im Matthäusevangelium fühlt sich Joseph als gehörnter Verlobter, der sich mehr pflichtbewusst als überzeugt in sein Schicksal fügt. Wenn Engel sprechen, bleibt den Menschen wohl kaum eine Wahl, wollen sie im Angesicht Gottes nicht ungerecht erscheinen. Ähnlich erging es wohl auch Maria, als der Engel ihr die Geburt eines Sohnes verkündete. Sie nimmt die Botschaft mit gesundem Zweifel auf und fügt sich eher in ihr Schicksal:

„Mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ (Lk 1,38)

Freudige Zustimmung klingt jedenfalls anders.

2.000 Jahre Verkündigungsgeschichte haben die Rezeption der Erzählungen verändert. Alles ist weich geworden, flauschig und romantisch. So soll Weihnachten sein!

Dabei waren die Umstände damals schwierig. In Galiläa, wo Nazareth liegt, herrschte Herodes der Große als Vasall Roms. Ihm war auch Judäa, zu dem auch das kleine Kaff Bethlehem mit seinen vielleicht 150 Bewohnern gehörte, von den Römern zur Verwaltung anvertraut. Nach seinem Tod fällt Galiläa an Herodes Antipas, Judäa an Herodes Archelaus – beides Söhne Herodes des Großen. Herodes Archelaus herrscht tyrannisch, so dass die Römer ihn entmachten. Publius Severus Quirinius, Statthalter Roms in Syrien, wird Prokurator in Judäa. Die Römer sind im Land. Es gibt immer wieder Aufstände.

Das sind die historischen Umstände, in denen Jesus zur Welt kommt. Die Angaben bei Matthäus und Lukas sind historisch nicht exakt zu datieren. Er wird also irgendwo zwischen 4 v.d.Z. und 7 n.d.Z. in Bethlehem zur Welt gekommen sein. Unfriedlich waren die Zeiten aber immer. Alles wenig romantisch …

… so wenig romantisch, wie der gegenwärtige Zustand der Welt ist. Unfriede, wohin man schaut: In der Ukraine findet weiterhin ein mörderischer Krieg statt, in Gaza werden weiterhin fast 100 Menschen als Geiseln von der Hamas festgehalten, darunter zwei Kinder, die Bevölkerung in Gaza leidet ebenfalls – auch weil die Hamas sie durch den barbarischen Angriff vom 7. Oktober 2023 ins Unglück gestürzt hat, in Syrien ist ein Diktator vertrieben worden, die Zukunft des Landes ist gegenwärtig unsicher, vor Taiwan kreuzen chinesische Schiffe, auf dem afrikanischen und dem südamerikanischen Kontinent grassieren gleich mehrere Kriege mit abertausenden Toten. Wo bleibt der verheißene Friede, von dem doch auch die erste Lesung vom vierten Adventssonntag im Lesejahr C spricht:

Der Herr „wird auftreten und ihr Hirt sein in der Kraft des Herrn, in der Hoheit des Namens des Herrn, seines Gottes. Sie werden in Sicherheit wohnen; denn nun wird er groß sein bis an die Grenzen der Erde. 4aUnd er wird der Friede sein.“ (Mi 5,3.4a)

Dabei lässt die Lesung selbst schon erahnten, dass der Friede eher eine Vision ist. Nicht nur, dass die Verheißung im Futur formuliert ist. Auch der Kontext zeigt, dass es sich eher um eine Hoffnung auf eine friedvolle Zukunft handelt, die in einer krisenhaften Gegenwart die Angesprochenen aufrichten soll. Innerhalb der Lesung heißt es schon:

„Aber du, Betlehem-Efrata, bist zwar klein unter den Sippen Judas, aus dir wird mir einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll. Seine Ursprünge liegen in ferner Vorzeit, in längst vergangenen Tagen. Darum gibt er sie preis, bis zu der Zeit, da die Gebärende geboren hat.“ (Mi 5,1f)

Die Sippen Judas werden preisgegeben bis zu der Zeit, da die Gebärende geboren hat. Erst dann wird der übriggebliebene Rest zurückkehren – aber woher?

Der Abschnitt vor der Lesung aus dem Propheten Micha schafft hier Klarheit. Jerusalem ist belagert. Jerusalem ist verletzt. Jerusalem ist bedroht. Ungerechte Herrscher und habgierige Propheten haben es geschwächt, so dass die Feinde es vernichten und das Volk ins Exil führen. Es ist die Zeit des babylonischen Exils. Die Niederlage ist nahezu vernichtend. Genau deshalb heißt es:

„Jetzt ritze dich wund, Tochter der Trauer! Einen Belagerungswall hat man gegen uns errichtet; sie schlagen mit dem Stock ins Gesicht dem Richter Israels.“ (Mi 4,14)

Wie klein die Hoffnung auf Frieden ist, zeigt sich auch im unmittelbaren Fortgang der Lesung:

„Wenn Assur in unser Land einfällt und in unsere Paläste eindringt, dann stellen wir ihm sieben Hirten entgegen und acht fürstliche Männer. Sie werden das Land Assur mit dem Schwert weiden, Nimrods Land an seinen Zugängen. Er wird uns vor Assur retten, wenn es in unser Land kommt und in unser Gebiet eindringt.“ (Mi 5,4b.5)

Der gesamte Text der ersten Lesung vom vierten Adventssonntag im Lesejahr C ist von Unheil, Niederlage und Krieg geprägt. Mitten in dieses Unheil hinein wird die utopisch anmutende Hoffnung auf Friede verkündet. Und genau das muss sein. Es ist dies Hoffnung, die aufrichtet – eine Hoffnung, die ermutigt, den Frieden zu bauen. Das ist die Aufgabe derer, die bei Micha als „Heiliger Rest“ bezeichnet werden. Der „Heilige Rest“ darf sich nicht selbst genügen und selbstbesoffen in einer eingebildeten Heiligkeit sonnen. Der „Heilige Rest“ hat einen Auftrag: Richtet den Frieden wieder auf. Erkämpft den Frieden. Bleibt standhaft. Steht auf und richtet auf. Wahrlich: Der Heilige Rest muss raus in die Welt – auch heute in die Welt voller Unheil, um die Hoffnung wachzuhalten: Es wird Friede sein!

Dr. Werner Kleine

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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