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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Palmsonntag, Lesejahr C

Es ist soweit: Die Fastenzeit – seit dem Zweiten Vaticanum ja eigentlich die ‚Österliche Bußzeit‘ – neigt sich ihrem Ende zu. Ostern schaut schon um die Ecke, der liturgische und sakramentale Höhepunkt des Kirchenjahres ist am Horizont zu erkennen.

Der Charakter des heutigen Sonntags und die Inhalte der Schriftlesungen werden hinlänglich bekannt sein. Die Lesungen aus Jesaja und dem Philipperbrief wiederholen sich an jedem Palmsonntag. Die Evangelientexte wechseln innerhalb der drei Lesejahre durch alle vier Evangelisten. Dieses Jahr ist es die Passion nach Lukas. Dieser setzt in seiner Erzählung eigene Akzente, die wir bei Markus, Matthäus und Johannes nicht hören. Der Jesus der Lukas-Passion scheint menschlicher, nahbarer.

Er klagt nicht an und vermeidet es dadurch, das eigene Unglück abzuwenden:

Doch siehe, die Hand dessen, der mich ausliefert, ist mit mir am Tisch. […] Da fragte einer den andern, wer von ihnen das wohl sei, der dies tun werde. Es entstand unter ihnen ein Streit darüber, wer von ihnen wohl der Größte sei. LK 22,21-24

Er fürchtet sich vor dem, was kommt und tut doch, wozu er gekommen ist und damit das Richtige für uns:

Und er betete in seiner Angst noch inständiger und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte. LK 22,44

Er zeigt Mitleid mit seinen Feinden und nimmt geschehenes Unheil zurück:

Noch während er redete, siehe, da kam eine Schar Männer; […] Und einer von ihnen [d.h. den Jüngern] schlug auf den Diener des Hohepriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. Da sagte Jesus: Lasst es! Nicht weiter! Und er berührte das Ohr und heilte den Mann. LK 22,47-51

Er spendet Trost, obwohl er selbst in der eigenen ausweglosen Situation ist:

Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder! LK 23,28

Er vergibt auch denen, die ihm das Schlimmste – den Verbrechertod – zumuten:

Jesus aber betete: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! LK 23,34

Er vermag es sogar in Momenten der größten Agonie dem Nächsten den Weg zum Heil zu weisen und zuzusagen:

Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. LK 23,39-43

Der Jesus der Lukas-Passion zeigt sich hier in seinem letzten Tun vor der Kreuzigung als ein Mensch, der bis zum Schluss an seinen ehernen Tugenden festhält. Er zeigt nicht mit dem Finger auf die Schuldigen, obwohl er bereits weiß, wer ihm Unrecht tun wird. Er zeigt Mitleid mit seinen Feinden beziehungsweise Menschen, die ihm Übles wollten und tun. Doch er kümmert sich auch um alle, die in seiner Nähe sind, obwohl er selbst leidet und in Todesangst ist. Es ist ein Jesus, der Gefühle hat und zeigt wie ein jeder von uns. Er ist nicht selbstgerecht und versagt seine Hilfe nicht denen, die nicht an/auf seiner Seite stehen.

Diese Handeln Jesu ist ein Vorbild für uns. Doch nicht nur im heutigen Evangelium werden die moralischen Grundlagen Jesu genauer betrachtet. Die beiden Lesungen für Palmsonntag stoßen in die gleiche Richtung. Jesaja spricht von zwei Grundvoraussetzungen für prophetisches Wirken: Sprechen und Hören.

GOTT, der Herr, gab mir die Zunge von Schülern, damit ich verstehe, die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort. Jeden Morgen weckt er mein Ohr, damit ich höre, wie Schüler hören. GOTT, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück. Jes 50,4f

Das trifft nicht nur auf die Propheten der Hebräischen Bibel und auf Jesus Christus zu, sondern diese beiden Verse können auch zu einer Handlungsanweisung für uns werden: (Zu)Hören wo Not ist und die, denen wir begegnen, stärken und aufmuntern!

Deshalb:

Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: Phil 2,5

Es wäre so schön, wenn das Miteinander auf der Welt sich mehr an moralischen – und genau genommen auch nicht ausschließlich christlichen – Tugenden ausrichtete und der Spielplatzstreitcharakter, den man in den meisten Meinungsverschiedenheiten erkennen kann, verschwände. Wir sollten doch mehr können als Vierjährige, die sich um ein Sandförmchen, eine Schaufel oder irgendein Spielgerät streiten, dass genau jetzt und auch nur unbedingt dieses eine benötigt wird, von dem die eigene Glückseligkeit abhängt. Und dieses Verhalten trifft nicht nur auf viele kleine zwischenmenschliche Konflikte zu, sondern leider auch auf die ganz großen wie Kriege, die aktuellen Zollstreitigkeiten oder die Migrationsproblematik.

Rücksicht, Reflexion, Feindes- und Nächstenliebe – um nur eine kleine Auswahl zu nennen – in jeden Moment unseres Alltags zu integrieren ist ein sehr hoher Anspruch. Wahrscheinlich auch einer, an dem wir alle nur scheitern können, dennoch reicht oftmals der Wunsch etwas zu tun als Anfang für eine Veränderung aus. Vielleicht sind diese Gedanken für den einen oder anderen von uns ein Same, der aufgeht und irgendwann Frucht trägt.

Vielleicht ist die moralische Keule dieses Textes auch für das Ende der Fastenzeit zu groß. Keiner von uns ist perfekt, doch können wir alle einmal in uns hören und schauen, ob es nicht das eine oder andere Rädchen gibt, an dem wir drehen können, um vielleicht morgen oder auch an jedem neuen Tag eine bessere Version unserer selbst zu sein, denn…

Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Joh 8,7

Jan Wacker

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

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