4. Sonntag der Osterzeit – Lesejahr C – Joh 10,27-30
Schaf des Herrn – Perspektive für den Individualisten unserer Zeit?
In der Perikope des heutigen Sonntags fasst Johannes noch einmal die „Hirtenworte“ seiner Jesus-Verkündigung zusammen, nimmt Bezug auf vorangegangene Formulierungen und endet mit einer sehr knappen, aber selbst für das Johannes-Evangelium ungemein tiefen Bemerkung Jesu: „Ich und der Vater sind eins.“
Was können wir heute, trotz oder wegen unserer „Massen-Gesellschaft“ Individualisten wo wir können, damit anfangen, wenn uns Jesus in Aussicht stellt, ihn zu kennen, weil wir seine Schafe sein dürfen, wenn wir ihm folgen? Kann das eine erfreuliche Aussicht sein – Schaf? Mündige Christen, hat man uns gesagt, seien wir und dann eine derartige Zumutung? Schaf? Wir?
Vielleicht ist es unsere historisch andere Perspektive als die der agrarischen Gesellschaft zur Zeit des Herrn, die uns mit Schafen etwas einfältige Herdentiere assoziieren lässt, die man willig scheren kann und die nicht mal blöken, wenn es zum Schlachter geht. Gemeint ist doch offensichtlich etwas anderes, etwas Wertvolles, dem man nachgeht, etwas für das man arbeitet als Hirt, etwas dem alle Sorge gilt, alle Fürsorge. Und die Schafe? Sie verstehen nicht alles, was der Hirte versteht, aber sie können unterscheiden: zwischen der vertrauten Stimme des Guten Hirten und den anbiedernden Worten des Diebs, der in der Nacht eindringt, zwischen dem, der es gut mit meint und dem, der ihnen nur an das Fell will.
Wenn wir dieses fromme, aber auch etwas betuliche Bild des Schafs innerlich übersetzen in das Bild des geliebten Gotteskinds, das zweifellos bisweilen völlig verständnislos vor den Taten des Herrn steht, das so gar nicht verstehen kann, was in der Schöpfung, die doch angeblich gut sein soll, vor sich geht, die sich konfrontiert sieht mit unverschuldetem Leid, mit Sinnlosigkeit und Verzweiflung – das aber andererseits in der unbedingten Liebe des Herrn die Liebe des Vaters erleben darf, die sich begleitet weiß in die letzte, dunkelste Stunde hinein und die immer wissen darf, dass, komme was da wolle, nichts uns scheiden kann von seiner Liebe – dann öffnet sich dieses Bild des Schafs in die Weite der geliebten Gotteskindschaft, dann wissen wir: er hat unseren Namen in seine Hand geschrieben und dann erschließt sich uns auch die letzte, die geheimnisvollste, aber eben auch die tiefste Gewissheit unseres Christentums:
Denn dann, am Ende der christologische Paukenschlag, der Satz, der alle Religion auf den Prüfstand der metaphysischen Vernunft stellt: „Ich und der Vater sind eins!“ Da gibt es keine Zwischeninstanzen mehr, keine Vermittlung und keine Vermittler: da ist der Herr und mit ihm und in ihm und ohne eine Trennung der allmächtige Gott selbst. Hier bringt es Johannes auf den Punkt: Christus ist niemand anders als Gott selbst, nichts anderes als die den Menschen zugewandte Seite des allmächtigen Gottes. Der liebende Gott und seine Allmacht sind eins, eine Gnade für seine Schöpfung, für seine Schafe.
Ich wünsche Ihnen einen gnadenreichen Woche!
Ihre Katharina Nowak
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