„Michael Jackson ist tot“ – der selbsternannte „King of Pop“ verstarb am 26. Juni 2009. Sein Tod löste nicht nur bei seinen Fans in der Welt Bestürzung und Trauer hervor. Sogar Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und renommierte Tages- und Wochenzeitschriften berichteten ausführlich, teilweise sogar in Sonderausgaben, vom Sterben der Poplegende. Bis heute – fast zwei Wochen nach dem Tod Jacksons – hält sich das Thema in den Nachrichten: Die Todesursache, das Sorgerecht für die hinterbliebenen Kinder, das Testament Jacksons und die nahende Trauerfeier – all das gibt Anlass zu öffentlichen Spekulationen.
Auch die Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln kommt nicht ganz an dem Thema vorbei. In einem Kommentar der Ausgabe vom 3.-16. Juli 2009 (Ausgaben 27/28) äußert sich der Autor Helmut Pathe skeptisch über diese mediale Wertschätzung insbesondere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk: „Scheinbar denkt man in den öffentlich-rechtlichen Funkhäusern nicht mehr darüber nach, wie es auf Betroffene wirken muss, wenn der Tod eines Pop-Stars so viel wichtiger wird als der Kampf um Arbeitsplätze bei Unternehmen in der Insolvenz.“
In der Tat kann man die Frage stellen, ob der Hype, der um den Tod von Michael Jackson gemacht wird, berechtigt ist. 1997 hat die Welt schon einmal Ähnliches erlebt, als Lady Diana bei einem Autounfall ums Leben kam. Und schon damals hatte die Reaktion auf den Tod Lady Dianas aus der Distanz betrachtet vergleichbar irrationale Züge wie jetzt beim Tod von Michael Jackson. Wie kann man sich diese Reaktion erklären?
Der Tod hat in unserer aufgeklärten Gesellschaft keine Lobby. Der Tod ist kein öffentliches Thema. In der Regel finden Tod und Sterben in Krankenhäusern, Altenheimen und Hospizen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Analog dazu hat auch die Trauer keinen Raum in der Öffentlichkeit. Bestenfalls auf den Seiten mit den Traueranzeigen findet man vorsichtig und dezent formulierte Äußerungen der Trauer.
Noch vor wenigen Jahrzehnten war das anders. Trauerzüge, das Aufbahren von Toten, Totenwachen, das Trauerjahr mit dem (auch öffentlichent) Tragen schwarzer Trauerbekleidung gehörte zum Alltag. Der Tod war Teil des Lebens.
Vielleicht ist die heftige, von Trauer geprägte Reaktion vieler Menschen auf den Tod öffentlicher Personen wie Lady Diana und Michael Jackson gerade aus dem heutigen Fehlen solcher öffentlichen Trauerformen zu erklären. Die mediale Aufmerksamkeit, die dem Sterben dieser Menschen zuteil wird, macht öffentliche Trauer wieder möglich. Man denke nur an den Trauerzug für die Princess of Wales. Hier war erlaubt, was die heutige gesellschaftliche Mentalität sonst nur in der privaten Abgeschiedenheit zulässt: Öffentliche Äußerung von Trauer, bei der man sich auch der eigenen Tränen nicht mehr schämen muss. Vergleichbares wird auch bei der bevorstehenden Trauerfeier für Michael Jackson geschehen.
Bei aller Befremdung, die auch mich angesichts der aktuellen Berichterstattung über den Tod von Michael Jackson befällt, setzt sie doch ein Zeichen: Offenkundig brauchen die Menschen das Ventil der öffentlichen Trauer – und das sicher nicht nur bei dem Sterben prominenter Persönlichkeiten, zu denen die Wenigsten ein tatsächlich persönliches Verhältnis hatten. Wenn der Tod auf diese Weise in das Leben zurückgeholt werden kann, dann haben auch und gerade die öffentlich-rechtlichen Medien den Gebührenzahlern einen wichtigen Dienst erwiesen.
Dr. Werner Kleine, PR
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
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