Papst Benedikt hat mit der Ankündigung seines Rücktritts zum Ende des Monats selbst die Experten und Insider der katholischen Kirche überrascht. Damit hatte keiner gerechnet, doch Benedikt XVI. bleibt sich treu.
Mit derselben Einstellung, mit der er im April 2005 die Wahl zum Papst annahm, „um Arbeiter im Weinberg des Herrn zu werden“, hat er nun das Ende seiner Amtszeit verkündet: Aus der Bereitschaft, dieser Kirche, den Menschen und so Christus zu dienen. Aus der Einsicht, dass ihm die geistigen und körperlichen Kräfte für die vielfältigen und gewaltigen Aufgaben dieses einzigartigen Amtes nicht mehr zur Verfügung stehen, hat Benedikt die Konsequenz gezogen. Auch in dieser Entscheidung zeigt sich seine innere Freiheit, die auf dem Fundament eines tiefen Glaubens, des Gebetes und der Liebe zur Wahrheit gegründet ist.
Rechtzeitig hat er den Platz für einen Nachfolger frei gemacht und damit ein Beispiel für die Kirche und darüber hinaus gegeben: Das Amt ist größer als die Person, und diese sollte hinter dem Amt zurücktreten, wenn sie nicht mehr den Menschen und der Kirche dienen kann. Ich empfinde einen großen Respekt vor dem Entschluss unseres Papstes und seiner Demut.
Persönlich erinnere ich mich sehr gerne an den Weltjugendtag mit ihm, vor allem an die Gebetsnacht mit fast 1 Million junger Menschen aus aller Welt auf dem Marienfeld bei Köln. Bei der Wuppertaler Stadtwallfahrt nach Rom im Oktober 2010 konnte ich mit den Vertretern der Stadt und der Pilgergruppe auf dem Petersplatz Papst Benedikt persönlich grüßen und einige Worte wechseln. Der Eindruck einer großen, sehr freundlichen und zugleich sehr bescheidenen Persönlichkeit hat sich mir eingeprägt.
Papst Benedikt ist ein großer Theologe und immer auch Professor, im wörtlichen Sinn ein Bekenner“, geblieben. Er hat sich zur Wahrheit des christlichen Glaubens bekannt und diese durch seine Schriften Millionen Menschen erschlossen. Wenn ich in Hochzeitspredigten aus seinem Lehrschreiben über die Liebe zitiere, hören die jungen Menschen immer aufmerksam zu, mögen sie sonst herzlich wenig von diesem Papst gehört haben. Seine Lehrschreiben über den Glauben und die Liebe werden wie sein dreiteiliges Werk über die Gestalt Jesu von Nazareth auch in 50 Jahren noch lesenswert sein so wie es seine „Einführung ins Christentum“, erschienen 1968 und in viele Sprachen übersetzt, heute noch ist.
Die wahlberechtigten Kardinäle kommen nun bald in Rom zusammen, um in der „schönsten Wahlkabine der Welt“ den nächsten Papst zu wählen. Bis weißer Rauch aus der Sixtinischen Kapelle aufsteigt, darf heftig spekuliert werden. Die Wunschlisten an einen neuen Papst sind eröffnet, und alle möglichen Vorstellungen und Erwartungen werden zum Besten gegeben.
Wem eine gute Wahl zum neuen Papst am Herzen liegt, den bitte ich, in dieser Fastenzeit einfach dafür zu beten. Es wird nicht ohne den Heiligen Geist gehen, was immer in der Kirche gilt, wenn etwas richtig Gutes herauskommen soll – übrigens auch in den Kirchen, die keinen Papst haben.
Dr. Bruno Kurth
Stadtdechant der Katholischen Kirche in Wuppertal
veröffentlicht in der Wuppertaler Rundschau vom 16. Februar 2013.
Die Rubrik “Auf ein Wort” erscheint in unregelmäßigen Abständen in der Samstagsausgabe der Wuppertaler Rundschau. Autoren sind evangelische und katholische Theologen in Wuppertal, die sich zu aktuellen gesellschaftlichen oder kommunalen Themen äußern. Wir veröffentlichen auf kath 2:30 die Beiträge der katholischen Autoren. Die evangelischen Beiträge finden Sie hier.
Da mein Leserbrief zu Herrn Kurths obiger Bemerkung in der Wuppertaler Rundschau v. 23.02.20313 leider leicht gekürzt veröffentlicht worden ist, hier der komplette Text:
Daß Herr Kurth in seiner Bemerkung zum Rücktritt des Papstes keinerlei kritische Distanz erkennen läßt, ist zwar schade, aber nicht verwunderlich. Anmerken sollte man bei der Formulierung einiger Gegenakzente zunächst, daß Herr Ratzinger als Papst gewiß der (Amts-) Kirche, viel weniger allerdings den Menschen, ganz sicher aber nicht Christus gedient hat. Was hat der Jesus der Verkündigung mit dem riesig aufgeblähten kirchlichen Beamtenapparat zu tun, welcher die Kirche gerader unter Papst Benedikt stets rückwärtsgerichtet, wissenschaftsfern, aufklärungsfeindlich und in grober Mißachtung wichtiger gesellschaftlicher Errungenschaften, wie etwa der Gleichberechtigung und der sexuellen Selbstbestimmung von Mann und Frau, in vorkonziliare Zeiten zurückführen möchte?
Was sich demgegenüber allerdings positiv mit Ratzingers Rücktritt verbinden läßt, ist die Erkenntnis, daß der bittere Kelch der sogenannten „Benedettinischen Wende“, Ratzingers erklärter Kampf gegen eine pluralistische Gesellschaft und die von ihm als solche bezeichnete „Diktatur des Relativismus“ also, nun wohl doch endgültig an uns vorüber gegangen ist.
Darüber hinaus erscheint mir das von Herrn Kurth erwähnte Werk über Jesus v. Nazareth nicht sonderlich lesenswert, denn ich habe eher den Eindruck, als sei sowohl Albert Schweitzers „Leben Jesu Forschung“ als auch die gesamte historisch-kritische Exegese fast vollständig an Josef Ratzinger vorbei gegangen, da er der sogenannten „kanonischen Exegese“ als hermeneutischen Schlüssel zur Erschließung biblischer Texte ausdrücklich den Vorzug gibt.
Bedenklich erscheint mir zudem Herrn Kurths Bemerkung, daß es bei der nun anstehenden Papstwahl nicht „ohne den Heiligen Geist“ gehen würde, offenbart sie doch, daß das magische Denken innerkirchlich nach wie vor nicht überwunden werden soll. In Wirklichkeit allerdings kommt es demgegenüber wohl eher darauf an, wieviel Druck der Opus Dei Orden auf das Konklave auszuüben imstande sein wird, ohne dessen enormen Einfluß Herr Ratzinger vermutlich niemals Papst geworden wäre. Wer auch immer der nächste Papst sein wird, eine neues Aggiornamento, wie es von Johannes XXIII angedacht worden war, wird man kaum erwarten dürfen.
Volker Brokop