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kath 2:30 Dies DominiEr hat es tatsächlich getan. Papst Franz hat es wirklich getan. Er hat seine erste Messe als Papst in der sixtinischen Kapelle zum Volk gewandt an einem Sperrholzaltar gefeiert. Er hat auf die traditionellen päpstlichen Kleidungsstücke wie Mozzetta und die roten Schuhe verzichtet. Und unglaublich: Er verzichtet auf das goldene Papstkreuz. Er fährt Bus! Und er bezahlt seine Rechnung! Eine Sensation jagt die Nächste. Da kommt manche im Alten verhaftete katholische Seele nicht mit, so dass etwa das traditionalistische Online-Organ „Katholisches. Magazin für Kirche und Kultur“ in einem Beitrag, der sowohl im Ton wie in der Zielrichtung mehr an verschrobener Geisteshaltung offenbart, als den Autoren lieb sein kann, erschrocken die Frage stellt, ob die Kurienreform mit dem falschen Schritt beginnt (Quelle: Katholisches).

Das zeugt von einer bemerkenswerten Selbstüberschätzung. Bestätigt ein Papst in Wort und Tat nicht das, was dem eigenen Kleinglauben entspricht, werden seine Aussagen als nicht authentisch erklärt. Wer gestern noch seine Aussagen mit „Der Papst sagt“ mit dem Dunst der Unfehlbarkeit umgab, sieht sich jetzt im wahrsten Sinn des Wortes ent-täuscht. Ein Papst, der wie ein Mensch auftritt, und Selbstverständliches tut, eine Papst, der dem Volk auf Augenhöhe begegnet, ja, ein Papst, der das Urkatholischste fordert, nämlich die Hinwendung zu den Armen und die Arbeit an einer universellen Gerechtigkeit in der Welt, das darf doch nicht wahr sein. Wo sich das echte katholische und entweltlichte Herz doch so an der Schönheit der Liturgie mit ihren barocken Gewändern, den großen Kerzenleuchtern, die den Zelebranten wie hinter Gittern erscheinen ließen, und der päpstlich-pompösen Pracht ergötzt hatte. Da kann einem die Armut der Welt doch egal sein, wenn man in das vermeintliche Abbild des Himmels sieht.

Dummerweise hat Papst Franz die Hohlheit eines solchen eitel-veräußerlichten Glaubens mit wenigen Worten entlarvt. So soll er dem päpstlichen Zeremoniar Guido Marini, der ihm die Mozzetta anziehen wollte, geantwortet haben:

Diese Sachen können Sie sich anziehen, Monsignore. (vgl. etwa „Die Welt“)

Dem Vernehmen nach soll er sogar hinzugefügt haben: „Die Zeit der Karnevaliaden ist vorbei.“ Eine Aussage, die von manchen, die es einfach nicht glauben können, sofort als unauthentisch identifiziert wurde. Leider wurde sie mittlerweile mehrfach von verschiedenen Augen- und Ohrenzeugen bestätigt.

Bedenklicher als die kleingläubig Beengten, die vergessen haben, das „katholisch“ nie „kleinlich“, sondern „umfassend“ meint, erscheinen mir aber die katholischen Wendehälse, die sich sehr professionell und geschmeidig von vehementen Verfechtern der im Zweifel gegen das eigene Gewissen gerichteten und mithin unreflektierten Befolgung des Lehramtes hin zu begeisterten Befürwortern des sensus fidelium (Glaubenssinn der Gläubigen) und des persönlichen Gewissens gewandelt haben. Manfred Lütz entstieg auf diese Weise am 13. März 2013 im Sender Phoenix in ähnlicher Weise verwandelt dem weißen Rauch wie die Maus, in die sich der mächtige Zauberer im Märchen vom gestiefelten Kater verwandelt.

In die Gruppe der katholischen Kontorsionisten gehört auch der stets gediegen uninformierte Andreas Englisch. Als Berichterstatter eines großen deutschen Boulevardblattes präsentiert er im ARD-Morgenmagazin vom 15. März 2013 stotternd die Nachricht, die in Papst Franz, dem Jesuiten, zuerst den Soldaten sieht, vor dem die jetzige Kurie, mit deren Mitgliedern Englisch gestern noch auf Du und Du war, erzittert. Da bekommt man fast Mitleid mit Englisch und hofft, dass er nicht Teil der angekündigten Katharsis der Kurie wird. Als er nach Namen für mögliche Neubesetzungen gefragt wird, fällt ihm erst nichts ein, bevor er sich auf die von ihm bekannten Floskeln rettet. Insiderwissen sieht anders aus.

Auch andere wollen dem katholischen Kobel nicht entsteigen. So stellt der vom Salonkommunisten zum Brachialkatholiken gewandelte Mathias Matussek in einem Facebookeintrag vom 14. März 2013 fest:

Was man so hört scheint Franziskus 1. das Erbe Benedikts 16. weiterzuführen, nur eben konservativer, mioraltheologisch gesehen…ich sehe schwere zeiten auf die deutschen Stuhlkreise zukommen… (Rechtschreibung wie im Original)

Das hört sich an wie das Pfeifen im Walde, das angesichts des auf spanisch gesprochenen Schlusssatzes der Ansprache von Papst Franz an die Medienvertreter vom 16. März 2013, sehr leise geworden sein dürfte:

Ich habe gesagt, dass ich Ihnen von Herzen meinen Segen erteilen würde. Da aber viele von Ihnen nicht der katholischen Kirche angehören, andere nicht gläubig sind, erteile ich von Herzen diesen Segen in Stille jedem von Ihnen mit Respekt vor dem Gewissen jedes einzelnen, aber im Wissen, dass jeder von Ihnen ein Kind Gottes ist. Gott segne Sie. (Quelle: Radio Vatikan)

Peter Otten macht in dem Beitrag „Katholische Doppelbindung“ in seinem Blog „Theosalon“ auf die Doppelbödigkeit der innerkirchenlichen, wie auch der medialen Öffentlichkeit aufmerksam, wenn er darauf hinweist, dass die „Anwaltschaft für die Armen“ plötzlich als Anzeichen einer ersehnten „Progressivität“ gedeutet wird. Zu Recht stellt er fest, dass einem das die Schamesröte ins Gesicht treiben muss. Was ist am Selbstverständlichen progressiv?

Peter Otten stellt in seinem Beitrag abschließend fest:

Katholikinnen und Katholiken, die mit Abstand auf ihre Kirche schauen, sollte dieser Mechanismus geläufig sein. Doch insgesamt scheint es in diesen euphoriegeschwängerten Zeiten dringend an der Zeit, sich ihn allgemein in Erinnerung zu rufen. Der neue Papst heißt Franziskus. Auch er wird ahnen, was das bedeutet.

Mit dem erwähnten Mechanismus ist übrigens der sogenannte „Double-Bind“ gemeint, der entsteht, wenn Menschen kommunikativ paradoxe und uneindeutige Botschaften sendet, die den Empfänger in das Dilemma der Wahl setzen, welche Botschaft glaubwürdig ist Hurra, wir sind progressiv, weil wir endlich das Selbstverständlich fordern! Ob wir es auch tun werden? Schaun wir mal, um es mit den Worten eines anderen Franz zu sagen, der immerhin „Kaiser“ genannt wird.

Es besteht kein Zweifel: Papst Franz hat in den ersten Tagen seines Pontifikats Zeichen gesetzt. Weniger mit Worten, mehr mit Taten hat er die all zu Sicheren und Zweifellosen irritiert und desillusioniert. Dabei mahnt der Prophet Jesaja in der ersten Lesung vom fünften Fastensonntag im Lesejahr C:

Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten. Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Steppe und Straßen durch die Wüste. (Jesaja 43,18f)

Und in der zweiten Lesung stellt Paulus fest:

Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. (Philliper 3,13)

Aber seid getrost. Auch denen, die uneinsichtig in der Vergangenheit leben und das Neue nicht wahrhaben wollen, gilt die Zusage Jesu aus dem Evangelium:

Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr! (Johannes 8,11)

Ich bin jedenfalls gespannt auf dieses neue Pontifikat. Angst ist kein guter Ratgeber. Hoffnung schon. Und die ersten Tage von Papst Franz machen mich hoffnungsfroh.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche,
Ihr

Dr. Werner Kleine, PR
Katholische Citykirche Wuppertal

Author: Dr. Werner Kleine

Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.

1 Kommentar

  1. Hermann-Josef Schneider schrieb am 17. März 2013 um 09:49 :

    Danke für den meinungsstarken Blog. Tatsächlich: was jetzt als Sensation gilt ist wirklich selbstverständlich!

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