Dies Domini – Pfingsten, Lesejahr A
Ein Kindergarten ist ein Abbild des Lebens. Wer immer begreifen möchte, wie Gesellschaften funktionieren, braucht nur einen Tag im Kindergarten zu verbringen. Die gruppendynamischen Gesetze sind hier unverstellt und in Reinform zu beobachten. Nach vorsichtigem Abtasten formen sich schnell typgerechte Rollenzuweisungen aus. Da ist das stille Kind, das aus der Distanz – manchmal mit dem Neid der Sitzengebliebenen – beobachtet, wie die anderen herumtollen. Dann gibt es das laute Kind, das nach Aufmerksamkeit lechzt. Dann gibt es das Konstrukteurskind, das die höchsten Türme baut, und das altkluge Kind, das immer eine Antwort hat und redet wie die Erwachsenen. Es gibt aber auch das Forscherkind, das das Terrain, das erst vor drei Jahren von der letzten Forschungsexpedition erschlossen wurde, kurz vor dem Kindergartenzaun hinter der Hecke neu entdeckt. Und das wehleidige Kind gibt es auch, das selbst nach kleinen Remplern ein Pflaster braucht. Es gibt auch das Chefkind, das der Bande vorsteht und bestimmt, was getan wird. Vor allem aber gibt es das liebe Kind, das die Leitung der Gruppe so mag. Darauf sind die anderen neidisch. Denn alle wollen geliebt werden. Alle wollen das liebe Kind sein. Für die Aufmerksamkeit der Erzieherin oder des Erziehers, für dieses eine öffentliche Lob, da geben die Kinder alles: Das hast du gut gemacht!
Zu den Gesetzmäßigkeiten eines Kindergartens gehört, dass selbst das Chefkind eigentlich nichts zu sagen hat. Die Gruppenleiterin bzw. der Gruppenleiter hat das Sagen. Und was er bzw. sie sagt, ist Gesetz. Sonst wird geredet. Geredet und besprochen, dass das so nicht geht, weil die anderen dann traurig sind. Es wird geredet, bis die Worte die Ohren verstopfen und der kleine, gerade erwachte Verstand unter dem Torf sozialpädagogischer Konfliktbewältigung erstickt. Vielleicht hören Kinder gar nicht auf das, was man ihnen sagt; vielleicht kapitulieren sie einfach vor der Macht der Worte, damit sie endlich wieder Kind sein und spielen gehen dürfen. Wenn der Preis heißt: Sei lieb! – dann muss es wohl sein. Wenigstens jetzt. Irgendwann, wenn die Kinder groß sind, ja dann werden sie es allen zeigen.
Manch einer wartet sein Leben lang darauf, es allen zu zeigen. Die Sehnsucht, geliebt zu werden, bleibt übermächtig. Die toxische Macht der Lobsucht sediert die Mündigkeit. Man kann es immer wieder in der Welt der Erwachsenen beobachten: In den Betrieben und Verwaltungen, in Castingshows und Universitäten, ja auch in der Kirche. Nicht nur für den Aufstieg auf der Karriereleiter verhalten sich Erwachsene wie kleine Kinder. Man tut alles für das Lob: Das hast Du gut gemacht!
Es wundert also nicht, dass auch katholische Erwachsene, die doch eigentlich durch Taufe und Firmung zu einem mündigen christlichen Leben in der Kraft des Heiligen Geistes berufen, besser: beauftragt sind, diese in frühkindlichen Tagen erworbenen Verhaltensweisen ausleben. Bisweilen folgen die Interaktionen dabei in auffälliger Weise der oben dargestellten Typologie des Kindergartens: Egal, welche Rolle jemand im kirchlichen Gefüge einnimmt – die Sehnsucht nach dem Lob der Vorsteher (und der Begriff muss nicht gegendert werden!) ist übermächtig. Selbst die, die in kindlicher Naivität die Revolution fordern, gieren nach dem Lob des Papstes: Bitte, Heiliger Vater, sag, dass wir Revolution spielen dürfen!
So ähnlich hörte es sich in einem Interview anlässlich des Regensburger Katholikentages an, das der Journalist Wolfgang Meyer mit dem Vorsitzenden der Initiative „Wir sind Kirche“ Christian Weisner führte (veröffentlicht in der WDR 5-Sendung „Diesseits von Eden“ vom 1.6.2014). Eugen Drewermann zitierend fragt Wolfgang Meyer den Chef der vermeintlichen Kirchenrebellen:
Warum wartet ihr auf die Bischöfe?
und erhält doch nur ausweichende Antworten – ein Offenbarungseid für eine Gruppierung die das „Wir“ der Kirche groß schreibt.
Wie weit das wenig erwachsene, eher von kindlichem Trotz geprägte Verhalten mancher gehen kann, wurde unlängst in Tirol offenbar. Laien feierten dort priesterlos Eucharistie, machten ihr Spiel öffentlich und wunderten sich, dass die Exkommunikation auf dem Fuß folgte. Der Bischof von Innsbruck nahm die Laien ernst und behandelte sie wie Erwachsene, eben nicht wie Kinder, die im Sandkasten Messe spielen. Manch einer wähnt angesichts der Exkommunikation gar das Ende des franziskanischen Frühlings. Ungeachtet der Tatsache, dass dem Frühling ein Sommer und kein Winter folgt, setzen sich sogar namhafte und veritable Theologen mit der Causa des Tiroler Ehepaares Heizer auseinander.
Tatsächlich führt die Diskussion ein Dilemma vor Augen. Getaufte und gefirmte Laien sind eben keine Kinder, sondern Mündige mit einem eigenen Auftrag. Der Auftrag ist durch Taufe und Firmung bereits erteilt. Er muss nicht mehr bestätigt werden. Teil dieses Auftrages ist es, die frohe Botschaft in Wort und Tat in der je eigenen und persönlich angemessenen Weise zu verkünden. Der Papst wird nicht müde, dieses Selbstverständlichkeit, die eigentlich keines weiteren Wortes bedürfte, zu betonen. Es ist doch schon längst gesagt worden: Sei besiegelt mit der Gabe des Heiligen Geistes!
Heißt das aber, dass jeder tun und lassen kann, was er möchte? Rechtfertigen Taufe und Firmung eine Selbstermächtigung?
Die Kirche war in ihrer Geschichte immer vorsichtig im Umgang mit Berufungen. Es ist eigentlich sogar anachronistisch, wenn nicht theologisch pervers, um Berufungen zu beten. Als wenn Gott sich bitten lassen würde … Er beruft. Ob aber jeder, der sich berufen fühlt, tatsächlich zu dem berufen ist, wozu er berufen zu sein glaubt – das ist tatsächlich eine wichtige Frage. Man mag sich wünschen berufen zu sein. Man kann es sich sogar einbilden. Innerhalb des Leibes Christi geht es eben nicht darum, dass jeder tun und lassen kann, was er möchte. Deshalb mahnt Paulus in zweiten Lesung, die am Pfingstsonntag des Lesejahres A verkündet wird:
Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt. (…) Denn wie der Leib eine Einheit ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden: so ist es auch mit Christus. (1. Korinther 12,7.12)
Damit der Leib Christi lebt, bedarf es der Organisation des Organismus. Wo Zellen beginnen, ein Eigenleben zu führen, entstehen Geschwüre, die das Zusammenspiel der Glieder stören. Nicht umsonst geht der Staat gegen die Entwicklung von rechtlichen Subsystemen vor, die sich der Kontrolle der Öffentlichkeit entziehen. Recht kann nur sprechen, wer „im Namen des Volkes“ ermächtig und bevollmächtigt ist. Der „Nutzen für die anderen“ ist das Kriterium, nicht die eitle Suche der Selbstberufung. Deshalb braucht auch die Kirche Regeln, wie jede Gesellschaft in der Welt. Die Selbstermächtigung ähnelt deshalb einem Akt der Selbstjustiz. Und selbst wenn es eine innerkirchliche Gemeinschaft gibt, die eine Ermächtigung durch einen Akt der Wahl suggerieren würde, bedarf es doch einer Ratifizierung dieser Entscheidung. So wurde es in der frühen Geschichte der Kirche gelebt und gepflegt.
Die Sache mit der Berufung ist also höchst indifferent, so dass es wichtig ist, mutmaßliche Berufungen zu prüfen. Dabei wird deutlich, dass einseitige Ermächtigungen in sich problematisch sind. Ermächtigungen „von oben“, die durch die Basis nicht ratifiziert werden, sind letztlich nicht tragfähig. Der Fall des ehemaligen Bischofs von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst ist hierfür ein beredtes Beispiel. Selbstermächtigungen „von unten“, die nicht durch amtliche Autoritäten ratifiziert werden, fehlt die offizielle Legitimation, die verhindert, das jeder tut und lässt, was er will.
Es besteht kein Zweifel, dass die Kirche dringenden Nachholbedarf hat, was die Ratifizierung Bevollmächtigter durch die Basis hat. Allein darf man nicht darauf warten, dass diejenigen, für die das gerade bequem ist, ihr Verhalten ändern. Erwachsene schauen nicht nach oben, sondern in die Augen eines Gegenübers. Anstatt also wie Kinder brav darauf zu hoffen, endlich geliebt zu werden, sollten Christen erwachsen und mündig, ja souverän die Amtsausübung nicht nur beobachten, sondern konstruktiv kritisch hinterfragen. Gerade darin wirkt der Geist in dem einzigen Leib Christi. Es ist je, wie Paulus betont „ein“ Geist.
Man darf also nicht darauf warten, dass der Geist nur in Rom weht. Es genügt nicht, resigniert anzuzweifeln, ob Bischofsbeauftragungen immer geistgewirkt sind. Der Fall Limburg aber zeigt, dass der Heilige Geist offenkundig Mittel und Wege findet, seinen Willen durch zu setzen, nämlich dann, wenn Christen erkennen, dass der Geist selbst auch in ihnen atmet und wirkt.
Auf dem Regensburger Katholikentag wurde wieder viel geredet. Viele der schönen und versöhnenden Worte habe aber eher eine seditative Wirkung. Dabei kennt schon die Heilige Schrift selbst ein Heilmittel, gegen die allgemeine Betäubung. Der mündige Glaube braucht Reflexion und Theologie. Und tatsächlich lässt sich im Schwall der Worte des Katholikentages diese Forderung vernehmen. Norbert Bauer macht in seinem Beitrag „Jürgen Klopp der Gemeindepastoral?“ darauf aufmerksam, dass
„die Rede von und über Gott (…) manchmal angewiesen [ist] auf die distanzierte Reflexion, auf dem Mut zum Zweifel, auf das Bewusstsein der Begrenzung.“
Und er fügt hinzu:
„Darin sollten gerade die Frauen und Männer geübt sein, die in ihrem Theologiestudium viel über die Konstruktion (und Dekonstruktion) von Gottesbildern erfahren haben, und die vor allem durch Exegese und Dogmengeschichte gelernt haben, wie religiöse Erfahrungen immer wieder neu reflektiert werden müssen.“
So Recht er mit seiner Forderung hat, so sehr irritiert der Konjunktiv in der Hinzufügung. Das Problem ist tatsächlich ein doppeltes. Tatsächlich ist die Pastoral heute eher von Befindlichkeiten als von theologischer Reflexion und Verkündigung geprägt. Zu fragen ist aber, warum die, die die Theologie als Handwerk und reflexives Werkzeug erlernt haben, davon nicht schon längst Gebrauch machen. Erste-Hilfe-Kurse reichen eben nicht, wenn man Arzt werden will.
Echte Theologie ist deshalb kritisch und reflexiv. Sie schafft ein solides Fundament, das auch den Theologen dazu führt, sich selbstkritisch zu hinterfragen. Selbstermächtigungen sind nicht seine Sache, wohl aber der kritische Diskurs, der auch die zur theologischen Rechtfertigung zwingt, die glauben, das „qua Amt“ nicht mehr nötig zu haben. Zu fragen ist, warum sie die Menschen nicht längst schon zu theologischer Reflexion ermächtigen. Der Konjunktiv im Satz von Norbert Bauer ist berechtigt, aber er ist ein Skandal.
Pfingsten ist das Fest der Ermächtigung. Das Evangelium vom Pfingstsonntag im Lesejahr A schildert die Geistgabe an die Jünger in Form eines lebenspendenden Schöpfungsaktes. Analog zu der Lebendigmachung des Adam durch das Einblasen des göttlichen Atems heißt es:
Er hauchte sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! (Johannes 20,22)
Christen werden nicht berufen. Sie sind zu neuem Leben erschaffen. Worauf also wartet ihr, ihr Trägerinnen und Träger des Heiligen Geistes? Dass ein Bischof sagt: Ihr dürft leben? Lebt und erwachst, denn der Auftrag ist längst von höherer Stelle erteilt!
Dr. Werner Kleine
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
Hallo Herr Dr. Kleine,
Sie sprechen mir erneut aus dem Herzen und ich fende auch das Pfingesten für eine entsprechende Initiative ein sehr guter Termin ist.
Liebe Grüße aus Solingen
Sehr geehrter Herr Dr. Kleine,
Sie sprechen uns aus dem Herzen!
Frohe Pfingsten
Ihre Gudrun und Theo Merholz
Hört sich alles gut an. Aber vielleicht sind die Heizers ja auch geistgeleitet gewesen. Was ermächtigt Sie, das als Kindergarten anzuzweifeln? Der Geist wirkte auch bei den Heiden in Antiochia, ohne dass er das „Amt“ gefragt hat. Das Amt bestätigte im Nachhinein das Handeln Gottes. Kann eine Mahlfeier etwas sein, was gegen Gott oder die Kirche gerichtet ist? War ja keine schwarze Messe… Wer sagt der Jacqueline Straub auf Theosalon, dass ihre Berufung nicht geistgewirkt ist. Das CIC, das es dem Geist verbietet in Frauen zu wirken?
Lieber Heinz E.,
das ist genau das Problem: Jeder nimmt für sich in Anspruch, der Geist wirke in ihm. Wer will da untescheiden? Und genau deshalb muss man sehr vorsichtig sein, wenn jemand für sich selbst eine Berufung reklamiert. Ich bin skeptisch, ob man diese Berufung spüren kann, wie Jacqueline Straub in Theosalon schreibt. Es könnte doch genau so sein, dass dort ein übermächtiger Wunsch wirksam wird, es sich um Autosuggestion handelt oder es sich einfach um eine Schwärmerei handelt (der ganze Beitrag auf Theosalon hat für mich eine doch sehr schwärmerische, noch wenig wirklich reflektierte Attitüde; Befindlichkeiten und Gefühle sind eben keine Argumente. Genau darauf aber basiert Theologie!). Das alles kann, muss aber nicht sein. Berufen zu sein ist deshalb zuerst einmal eine Behauptung, mehr nicht.
Diese Art von Berufungseuphorie ist auch noch nicht alt. Vielleicht 20, 30 Jahre. In der Bibel findet man sie so nicht – bis auf Paulus, der das Berufensein für sich reklamiert und prompt angefragt wird. Er muss es argumentativ rechtfertigen – und anerkennen lassen. Das gilt auch für die Heiden in Antiochia, wo man – wie damals überhaupt – von Amt noch gar nicht sprach. Wie ich in unserem letzten Diskussion aber schon angedeutet habe, ging auch dort nichts am 12er Kreis in Jerusalem vorbei; deshalb gab es ja gerade das Apostelkonzil.
Paulus selbst ist es schließlich, der in 1 Kor 14,1-19 den Verstand als Korrektiv des Charismas einführt. Das bloße Gefühl des Berufenseins reicht also auch dort nicht, sondern die verstandesmäßige Glaubhaftmachtung und Anerkennung von oben und von unten. Dass Letzteres heute fehlt, habe ich in meinem Beitrag allerdings sehr deutlich gemacht.
Noch etwas zu meiner Berufungsskepsis: Dass zentrale Amt in der kath. Kirche ist nicht das Priesteramt, sondern das Bischofsamt. Anders als immer wieder behauptet, würde die Kirche nicht aufhören zu existieren, wenn es keine Priester mehr gäbe. Das Problem entsteht erst, wenn keine Bischöfe mehr da sind, weil in ihnen nach kath. Lehre die Apostolizität gewährleistet ist. Zum Bischof kann man sich aber nicht berufen fühlen. Man kann das Amt auch nicht anstreben, wie etwa das Priesteramt. Zum Bischof wird man beauftragt und bestenfalls von einem menschlichen Amtsträger, dem Papst berufen.
Sie sehen also: Die Rede von der Berufung und vom Berufensein geschieht heute doch sehr unreflektiert. Von daher kann auch das Ehepaar Heizer viel behaupten; ob es eine Geistleitung wirklich gibt, wäre nach Paulus dann gegeben, wenn sie die Gemeinde aufbauen würden (vgl. 1 Kor 14,5) und eben, wenn sie anderen nützt (1 Kor 12,7). Wohlgemerkt: anderen!
Stattdessen rühmen sich die Berufenen allzuhäufig des eigenen Auserwähltseins. Genau das ist aber biblisch ausgeschlossen. Wer auch immer sich also besonders auserwählt fühlt, sollte prüfen, ob er hier nicht einen eigenen Wunsch transzendiert.
Unter diesem Gesichtspunkt erscheinen sowohl die Äußerungen von Jacquline Straub doch noch einmal reflektionsbedürftig. Und auch die Heizers wollten wohl eher provozieren als die Kirche nach vorne bringen. Sie haben herausgefordert – und das ist ihnen ja auch gelungen. Wenn sie ein Zeichen für den Wert von laiengeleiteten Gottesdiensten hätten setzen wollen, hätten sie die Gegenwart Gottes in seinem Wort doch stärker in den Vordergrund stellen können – ein Desiderat, dass viele Katholiken in einer Art eucharistischer Engführung völlig übersehen. Hätte die Heizers das in ihren Gottesdiensten deutlich gemacht – es wären wahrhafte Gottesdienste gewesen und sie hätten der Kirche einen Dienst erwiesen. So haben sie aber was gefeiert? Ein Mahl? – vielleicht. Und was unterscheidet das von der Ernsthaftigkeit manches Kinderspiels, die in gläubigem Ernst im Sandkasten Hl. Messe spielen? Eucharistie haben sie eben nicht gefeiert, denn dazu fehlte die Vollmacht, die man biblische begründet nur durch Handauflegung und Gebete erhalten kann. Und eine solche Ordination ist auch in der evangelischen Tradition Voraussetzung für die authentische Leitung einer Abendmahlsfeier.
Noch ein kleiner Zusatz: Nein, der CIC verbietet dem Geist nicht, in Frauen zu wirken. Das ist doch sehr polemisch. Worüber wir als Katholiken allerdings dringen nachdenken sollten, ist die unselige Sakralisierung des Priesteramtes und die behauptete ontologische Superiorität. Die halte ich nämlich für genau so willkürlich wie die Berufungseuphorie. Wenn diese Sakralisierung aufgegeben wird, dann wird sich vieles von selbst ergeben. Leider aber leisten die vermeintlich Progressiven mit dem verkappten Klerikalismus, den ich in meinem Beitrag aufdecke, aber genau dieser Sakralisierung immer wieder Vorschub. So wird das nichts, wenn alles nur am Priesteramt ausgerichtet wird. Verkündigung, der Hauptauftrag der Kirche, ist jetzt schon ein kein Amt gebunden, sondern Auftrag für alle Getauften und Gefirmten. Geschieht das heute schon? Fraglich! Denn wir sind immer nur damit beschäftigt, das noch nicht Machbare anzuprangen, anstatt das heute schon Machbare einfach zu tun. Mit solchen Schützengrabenkämpfen kann niemand gewinnen, alles aber verlieren.
Lieber Werner,
so nebenbei: Kinder, die etwas nur tun, damit sie gelobt werden, sind eigentlich schon „vergiftet“ vom Lob. Eigentlich wollen Kinder Beachtung, möglicherweise auch Resonanz auf das, was sie tun, aber Lob eigentlich nicht. Wenn mein 10-jähriger eine Mathe-Knobelaufgabe löst, ist er glücklich, weil er sie gelöst hat, nicht weil ich ihn mit Lob überschütte. So fängt es also schon im Kindergarten an, das Übel 🙂
Lieber Markus,
das ist in der Tat eine interessante Ergänzung und Fortführung meines Gedankens. Das lassen wir einfach mal so wirken ;-).
Welcher Bischof bestätigt durch ein Anwachsen der Gemeinde, dass er berufen ist?
Der neutestamnetliche Bischof war wohl eher so etwas wie ein Ortspfarrer, ich würde mich hüten, die episkopoi mit den heutigen Bischöfen gleich zu setzen.
Wie sieht es mit den unzähligen Geweihten aus, die an Ihrer „Berufung“ zerbrechen? So ganz verlässlich scheint das Lehramt da wohl auch nicht zu sein.
Ein Bischof Williamson fühlte sich auch berufen und ist sogar gültig geweiht worden. Jetzt kann man natürlich sagen, und das deuten Sie ja an, das Amt ist unabhängig von der Person, weg mit Sakralisierung und Klerikalismus, weg mit dem ontologischen Prägemal, nur dann stellt sich erst recht die Frage, weshalb Sie Berufungen wie die von Frau Straub derart anzweifeln.
Nee, also ich erwarte von einem Geistlichen eine gewisse Vorbildfunktion. Lesen Sie mal die Pastroalbriefe mit ihren Anforderungskatalogen! Übrigens auch für Frauen 😉
Sehen Sie, lieber Heinz E., genau darauf komme ich ja in meinem Beitrag zu sprechen. Ich bin grundsätzlich skeptisch, ob die „Berufungs“-Semantik überhaupt zutreffend ist. Was aber fehlt – und was in ntl. Zeit durchaus gegeben war – ist die Bestätigung des Bischofs durch die Gemeinde. Aber wie gesagt: darauf habe ich in meinem Beitrag schon hingewiesen. Ich glaube, dass die „Berufungs“-Semantik völlig überladen ist. Man kann an ihr nur scheitern.
Ich zweifle die Berufung von Fr. Straub nicht an (außer, dass ich den Berufungsbegriff in sich fragwürdig finde – aber das brauche ich nicht mehr zu betonen). Allerdings beruht sie bei ihr nur auf einem Gefühl. Das ist zu wenig. Wenn Sie die Paulusbriefe (und auch die Pastoralbriefe) lesen, dann sehen Sie, wie nüchtern die Thematik dort behandelt wird – fernab von jeder Schwärmerei. Und da ist bei Frau Straub doch viel davon zu spüren. Ein echtes Kennzeichnen außergewöhnlicher göttlicher Beauftragungen ist aus biblischer Sicht übrigens ein abgrundtiefes Erschrecken. All das führt, was Frau Straub angeht, doch zu einer skeptischen Haltung meinerseits.
Das sagt allerdings nichts über die Frage der Zulassung zu kirchlichen Ämtern auch für Frauen aus. Nur der Weg ist m.E. ein anderer. Eine Öffnung des jetzigen Priesteramtes würde den Klerikalismus nur verschärfen. Ob Frau Straub dann wirklich geeignet wäre, kann und will ich nicht beurteilen. Der Weg, als Pastoralreferentin seelsorglich zu arbeiten, steht ihr ja schon jetzt offen.
Mit den Pastoralbriefen schneiden Sie übrigens ein mehr als interessantes Thema an. Selten waren diese Texte so aktuelle wie heute! Und an der Bibel kommt auch kein Katholik vorbei. 😉
Tja, hört sich wieder gut an 🙂 Aber jetzt ist die Ordination nun einmal ein Sakrament… Gott selbst handelt hier… Und nu? 😉 ich denke, wir ticken ganz ähnlich, aber ich sehe keinen gangbaren Weg in Ihren Worten… Ich stehe übrigens eher skeptisch zu den Pastoralbriefen, die doch genau das, was bei Paulus noch durch Charisma entschieden wurde, durch Ämterstrukturen zu kontrollieren suchen. Ich würde dem Charisma einer Frau Straub eine Chance geben, auch wenn sie dabei ein vielleicht ganz anderes entdeckt 😉
Ich sehe auch, dass wir in dieselbe Richtung schauen, bin aber in Details doch anderer Meinung.
1. Auch wenn die Ordination ein Sakrament ist, muss damit nicht notwendigerweise eine ontologische Superiorisierung verbunden sein. Das haben wir bei den anderen Sakramenten doch auch nicht. Wenn eine Christusförmigkeit verliehen wird, dann wohl doch eher mit der Firmung.
2. Auch Paulus kennt eine Kontrolle des Charisma (sieh 1 Kor 12-14). Das wird immer wieder gerne übersehen. Paulus steht sogar einer ausschließlich charismengeleiteten Gemeinde skeptisch gegenüber. Er führt deshalb Liebe und Vernunft als leitende Prinzipien ein – und die stehen auch in den Pastoralbriefen nicht fern, wenn es heißt: „Der Bischof soll ein Mann ohne Tadel sein, (…) nüchtern, besonnen, von würdiger Haltung, gastfreundlich und fähig zu lehren. er sei (…) rücksichtsvoll (…) nicht streitsüchtig“ (1 Timotheus 3,2f).
3. Man wird deshalb schwerlich Amt gegen Charisma ausspielen können – und zwar weder in die eine, noch in die andere Richtung. Es sind einfach zwei unterschiedlich Sphären. Das Amt gehört zur organisatorisch-institutionellen Seite der Kirche – die für ihr irdisches Dasein notwendig ist, weil menschliche Gemeinschaft gar nicht anders können (conditio humana). Gerade deshalb haben sie aber nicht zwingend etwas mit Berufung zu tun, sondern, wie Max Weber feststellt, eher auch mit legalen oder traditionalen Prinzipien. Auf der anderen Seite lebt der Organismus des Leibes Christi von den verschiedenen Gaben, wobei Paulus betont, dass es gerade die unscheinbaren Gaben sind, die den Leib am Leben erhalten. Als Geistgaben sind sie durch das Amt wohl schwer zu kontrollieren, auch wenn mancher Amtsinhaber das gerne täte. Mein Beitrag ist ja geradezu ein Aufruf zur selbstbewussten Wahrnehmung der je eigenen Aufträge. Es steht eben nicht das Amt über den Charismen, wohl stehen sich Amt und Charisma gegenüber – in gegenseitiger Kontrolle (auch das Charisma kann – wie Korinth gezeigt hat – völlig außer Fassung geraten!) und Motivation.
Wenn Frau Straub das Charisma hat, soll sie es nutzen. Bisher hat sie noch nicht viel gezeigt, außer semantischer Blüten. Aber vielleicht hat sie es wirklich drauf. Dann wird sie es auch schaffen. Im Moment sucht sie wohl eher die Befriedigung des Bedürfnisses nach öffentlichem Interesse, denn sie taucht weniger in theologischen Fachzeitschriften als im bunten Blätterwalt wie der „Funkuhr“ auf. Auch das kann natürlich ein Charisma sein, spricht aber weniger für eine gediegene theologische Auseinandersetzung als für plakative Polarisation. Da ist noch viel jungendlich Schwärmerei, die noch erfahrungsgesättigt werden kann. Dann werden wir sehen. Auch Paulus mahnt, dass nicht jedes Charisma nützt. Ziel ist die Auferbauung der Gemeinde. Gerade bei Frau Straub steht eben Frau Straub im Vordergrund – und das begründet meine Skepsis, übrigens auch gegenüber den vielen anderen, die sich persönlich berufen wähnen.
Jajaja, sehe ich alles ein. Mich stört aber immer noch ihr Tonfall in der Causa Straub 😉 Auch wenn ihre Worte süß wie Honig schmecken, so steht das Amt realiter doch über allem. Und da könnte man jetzt auch den guten Paulus in Stellung bringen, aber in eine ganz andere Richtung! Wenn der die durch Verstand gekennzeichnete prophetische Rede über alle anderen Geistgaben stellt, die in der Gemeindefeier einen herausragenden Rang haben sollte, dann darf man natürlich nicht das 11. Kapitel übersehen, wo er dies auch der Frau gestattet. Und wenn ich die violetten und blutroten Gockel betrachte, die sich in Talkshows und Gazetten tummeln, dann begründet das meine Skepsis, ob da nicht der eine oder andere trotz mannigfaltiger Erfahrung mehr sich selbst als den Aufbau der Gemeinde im Blick hat! Ich sag nur 600qm Luxuswohnung 😉
Dass die Amtsträger über allem stehen möchten, ist offenkundig. Aber nehmen Sie es als Beziehungsangebot. Unzweifelhaft, dass viele das durch ihr Verhalten bestätigen (übrigens auch Fr. Straub, die genau auf dieser Linie argumentiert). Aber muss man das? Nein, muss man nicht. Das ist der Tenor meines Beitrages. 1 Kor 11 ist allerdings nur ein mittelmäßiges Beispiel. Eher wäre Galater 3,28 anzuführen, weil dort der Unterschied zwischen Mann und Frau, der in 1 Kor 11 mit Blick auf die Verhüllung mitschwingt, aufgehoben wird.
Im Übrigen überbewerten Sie Fr. Straub. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum Sie gerade aus sie so setzen. Ihr fehlt doch noch jede Erfahrung. Bloß weil sie in schwärmerischer Jugend einen Wunsch verspürte, ist noch nichts über ihre tatsächliche Befähigung gesagt. Da mag Ihnen mein Tonfall nicht passen, zu dem ich aber stehe. Ich habe aber schon zuviel von diesen Schwärmereien erlebt und das Lamento ertragen müssen, wenn die pastorale Wirklichkeit kam (das gilt auch für viele, die die Weihe empfangen haben). Allzuviele mussten schnell lernen, dass man Priester nicht für sich, sondern für andere wird. Ob Fr. Straub wirklich zu Lehre und Verkündigung fähig ist, müsste erst noch gezeigt werden. Wünschen kann man sich viel … Schauen Sie sich einfach einmal ihre Homepage an. Da ist viel Selbstdarstellung, aber wenig Demut, die die kennzeichnen sollte, die sich wirklich in den Dienst der Kirche stellen. Da unterscheidet sich Fr. Straub wenig von denen, die Sie in Ihrem Kommentar als „violette und blutrote Gockel“ bezeichnen. Auch Fr. Straub sucht gerne die Bühne und Talkshows. Und genau das ist mein Problem. Von daher ist Ihre Euphorie doch etwas zwiespältig.
Noch einmal: In meinem Beitrag geht es gerade um selbstbewusstes Christentum. Nicht mehr und nicht weniger. Immer nur auf die Violetten zu schauen, bringt uns doch nicht weiter. Das Heil und die Zukunft der Kirche, das lehrt doch die Gegenwart, liegt eben offenkundig nicht im Klerus. Und dieses Problem wird nicht durch die Weihe von Frauen gelöst, solange der Klerikalismus bleibt. Das ist nicht nur der falsche Weg, die Tür ist auch – wie Franziskus sagt – zu. Da kann man jetzt lamentieren, ändert aber nichts. Also muss ein anderer Weg beschritten werden. Ein möglicher scheint mir der von mir beschriebene zu sein, der auch die Ordination von Frauen möglich erscheinen lässt. Also schmecken Sie nicht nur die süßen Worte, sondern lassen Sie den Zucker in die Adern, damit die Muskeln mit Energie versorgt werden. Denn Energie braucht man zum Aufstehen. Wenn ein Weg versperrt ist, sollte man einen neuen suchen. Statt also immer wieder vor die gleiche Mauer zu laufen, sollte man besser die Türen nehmen, die schon längst offen sind.
Das Heil kommt nicht von oben, denn Gott wohnt, wie es bei Ezechiel heißt, in der Mitte seines Volks. Dorthin gehört der Blick, nicht auf die, die offenkundig mehr sich selbst als ihn verkünden.
Ich kenne Frau Straub nicht, sie ist nur ein Beispiel neben dem von Frau Heizer. Und ich wäre in beiden Fällen mit meinem Urteil vorsichtiger, gerade weil ich auch auf der anderen Seite viel von dem sehe, was sie den beiden vorwerfen. Und jetzt können Sie mich für blauäugig halten, aber da ich auch glaube, dass das Heil von oben kommt und sich die Wahrheit durchsetzt, denke ich, dass eine Mauer, die z.B. gegen Gal 3,28 aufgebaut wurde, keine Bestand haben wird, ich laufe also weiter dagegen, sie wird nicht halten. Meine Energie gibt mir gerade dieser Vers. Das Umschiffen von Problemen etabliert die Mauer nur, die schon so viele Opfer gekostet hat. Ich denke an einen Hans Küng, einen David Berger und viele andere, die aus dem Weg geräumt wurden. Die Ordensfrauen in den USA sind ein gutes Beispiel dafür, wie man Risse in die Mauer bekommt 😉 Sie wird fallen!
Lieber Heinz E.,
da sind wir doch einer Meinung. Auch ich bin fest davon überzeugt, dass die Mauer fallen wird (wenn sie nicht schon längst gefallen ist!). Hans KÜng und andere sind auch meine Gewährsleute. Gerade gegen die Ernsthafigkeit dieser Leute fällt doch das Verhalten von Fr. Straub und dem Ehepaar Heizer ab. Das hat viel Boelevardeskes – aber wer weiß, vielleicht bringt gerade das den Stein ins Rollen. Ich bleibe da im Unterschied zu Ihnen skeptisch (und halte das sogar für kontraproduktiv, weil es reaktionäre Ressentiments verstärkt). Aber ich lasse mich da eines besseren belehren. Mein Weg ist ein anderer. Für mich ist aber nicht der Weg das Ziel, sondern die Erreichung des Ziels. Und da sind wir uns offenkundig einig: Die Mauer muss weg!