Sie waren anders.
Ganz anders als die heilige Familie in Judäa, Maria, Josef und das Kind.
Sie waren anders, die Weisen aus dem Morgenland, aus dem fernen Babylon, dem heutigen Iran, die einen besonderen Stern sahen und den neugeborenen König suchten.
Sie waren anders – in ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Kultur, ihrer Sprache.
Und sie kamen.
Wenn „ganz andere“ kommen, dann ist das immer wieder eine sehr sensible, kritische Ange-legenheit unter Menschen, nie einfach. Selbst wenn man sich für einen offenen, toleranten Menschen hält. Muss ich mich sorgen um das, was mir wert und wichtig ist, um den Respekt vor meinem Glauben, meiner Lebensweise, um unsere Kultur und Demokratie? Muss ich mich sorgen um meine Sicherheit, meine Heimat, mein Heimatgefühl?
Wenn ganz andere ankommen, dann weckt das Unsicherheit, Ängste, Misstrauen.
Schlechte Erfahrungen mit religiösem Fanatismus in der Welt, sozialen Konflikten, Integrati-onsproblemen, die es ja gibt, nähren Abwehr und Sorge, ja Ablehnung und Hass. Politisch rechte Bewegungen spielen mit diesen Ängsten, schüren sie, nutzen die Unsicherheit aus, mit zutiefst schädlichen und zerstörerischen Folgen.
Die Weihnachtsgeschichte erzählt bewusst, dass zu den Ersten, die den neugeborenen Jesus aufsuchen, ganz Andere gehören, Fremde aus dem Osten. Aber nicht die Ängste sind der Ho-rizont in dieser Begegnung. Sondern die Weihnachtsgeschichte erzählt, dass Menschen eine Heimat finden, die größer ist und tiefer birgt als jede geografische Heimat: Die Heimat bei dem Gotteskind, das selbst keinen Platz in der Herberge fand.
Bei dem Kind in der Krippe muss niemand um seinen Platz fürchten und ihn gegen andere verteidigen. Bei dem Kind in der Krippe erfahren Menschen, so verschieden sie sind, dass sie Gottes Kinder sind und als solche bei ihm Heimat haben. Das Gotteskind, das ganz Mensch wird, verbindet zur Menschenfamilie. Ein Mensch zu sein, das wird zur gemeinsamen verbin-denden Ehrenbezeichnung.
Gott zeigt sich in einem Kind, das Ängste und Überheblichkeit mit entschlossener Liebe überwindet. Blind ist diese Liebe nicht. Das Kind in der Krippe ist später der Mann am Kreuz. Er setzt das eigene Leben ein. Aber gerade diese Liebe ist eine Kraft gegen die Ängste und die Vorurteile, die uns Menschen entsolidarisieren und einander das gleichwertige Mensch-sein absprechen lassen.
An diese Kraft erinnert das Weihnachtsfest und macht Mut, ihr alles zuzutrauen.
Sie ermutigt uns, uns dafür einzusetzen, dass wir als ganz andere Menschen die Herausforde-rung annehmen, den nicht leichten Weg zum Frieden miteinander zu gehen und im anderen den Nächsten zu achten, der ist wie wir.
Lassen sie uns über die Grenzen unserer Herkunft und Religionen hinweg mit weihnachtlicher Courage allen Bewegungen wehren, die Ängste gegen die „ganz Anderen“, gegen Flüchtlinge und Migranten, gegen Andersdenkende und Andersglaubende schüren und die versuchen, uns als Menschen zu entsolidarisieren.
Gottes Segen weitergeben: In diesem Sinne wünschen wir Ihnen allen Gottes Segen für das Weihnachtsfest und das neue Jahr!
Dr. Bruno Kurth, Stadtdechant
Ilka Federschmidt, Superintendentin
Veröffentlicht in der Wuppertaler Rundschau vom 23. Dezember 2014.
Die Rubrik “Auf ein Wort” erscheint in unregelmäßigen Abständen in der Samstagsausgabe der Wuppertaler Rundschau. Autoren sind evangelische und katholische Theologen in Wuppertal, die sich zu aktuellen gesellschaftlichen oder kommunalen Themen äußern. Wir veröffentlichen auf kath 2:30 die Beiträge der katholischen Autoren. Die evangelischen Beiträge finden Sie hier.
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