Seit Ende 2013 informieren die Banken ihre Kunden darüber, dass sie seit 2014 gesetzlich verpflichtet sind, die auf Kapitalerträge anfallende Kirchensteuer direkt an das Finanzamt abführen. Viele werden durch das Schreiben irritiert, weil sie denken, die Kirche wolle an ihre Ersparnisse. Das Ersparte bleibt aber nicht nur völlig unberührt. Auch die auf Kapitalerträge anfallende Kirchensteuer ist bei weitem nicht so hoch, wie mancher vermutet.
Die Höhe der Kirchensteuer bemisst sich immer an der Höhe der Einkommensteuer. Gegenwärtig sind das 9% der Einkommensteuer. Kirchensteuern werden aber auch auf andere Einkünfte, die besteuert werden, erhoben – so auch auf Kapitalerträge, also zu versteuernde Zinsgewinne u.ä.
Bisher mussten diese Gewinne, sofern sie den Sparerpauschbetrag überstiegen, in der Steuererklärung angegeben werden. Sie wurden dann vom Finanzamt mit 25% besteuert. Auf diesen Betrag wurden dann, sofern der Sparer Mitglied der Kirche war, 9% Kirchensteuer erhoben.
Dieser Sachverhalt hat sich grundsätzlich nicht geändert. Geändert hat sich das Verfahren. Die Kirchensteuern werden nun nicht mehr im Rahmen der Einkommensteuererklärung abgeführt, sondern unter Umständen unmittelbar von der Bank. Hierzu führen die Banken jährlich eine Abfrage durch. Für diejenigen, die der Abführung der Kirchensteuer, die auf die zu versteuernden Zinsgewinne erhoben wird, durch die Banken widersprechen, wird die Kirchensteuer weiterhin im Rahmen der Einkommensteuererklärung berechnet.
Die Kirchensteuer wird nicht auf das Sparguthaben erhoben, sondern ist von der Höhe der Kapitalertragssteuer abhängig. Wer keine Steuern auf das Ersparte zahlt (etwa bei Lebensversicherungen, die länger als 12 Jahre laufen und steuerfrei sind, oder für Zinserträge, die unter dem Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 EUR für Ledige und 1.602 EUR für Zusammenveranlagte liegen), zahlt auch keine Kirchensteuer.
Die genaue Berechnung der Kirchensteuer, die auf Kapitaleinkünfte anfallen ergibt sich aus §32d Abs. 1 EStG. Die dort zugrunde gelegte Formel lautet: (Kapitalerträge [=Zinsen abzgl. Sparerfreibetrag]-4xanrechenbare ausländische Steuer/(4+Prozentsatz der Kirchensteuer).
Eine Beispielrechnung
Ein verheirateter Sparer legt 100.000 EUR zu einem Zinssatz von 2% an. Er erhält auf diesen Betrag im ersten Jahr 2.000 EUR Zinsen. Von diesen sind nach Abzug des Pauschbetrages Zinsen in Höhe von 398 EUR zu versteuern. Das Finanzamt beansprucht hiervon gemäß der oben genannten Formel 97,31 EUR [398/(4+0,09)]. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,35 EUR.
Die abzuführenden Kirchensteuern betragen davon 9%, also 8,76 EUR.
Für den Kirchenaustritt erheben die Amtsgerichte zur Zeit eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 30 EUR.
Bei einer Spareinlage von 100.000 EUR, einem faktischen Zinsgewinn von 1.888,58 EUR beträgt der Kirchensteueranteil in Relation zum Kapital damit nicht nur lediglich 0,00009%; er würde sich mit Blick auf die Kosten für den Kirchenaustritt auch erst nach vier Jahren amortisieren. Für Sparer, die aufgrund der niedrigen Zinserträge angesichts der Sparerfreibeträge überhaupt keine Steuern bezahlen (ähnliches gilt auch für Lebensversicherte, deren Gewinne aus einer Versicherung aufgrund der langen Laufzeit [mindestens 12 Jahre] keine Steuern zahlen), amortisiert sich der Kirchenaustritt gar nicht. Er wird zu einem finanziellen Verlustgeschäft.
Es mag viele Gründe geben, die zu einem Kirchenaustritt führen. Wer dies mit Blick auf die auf die Kapitalerträge erhobene Kirchensteuer tun möchte, sollte seinen Entschluss aber vielleicht noch einmal überdenken. Zumindest finanziell lohnt er sich meist nicht.
Über die Verwendung der Kirchensteuer etwa im Erzbistum Köln infomiert übrigens ein jährlich erscheinender Finanzbericht. Über die Kirchensteuer wird etwa die territoriale Seelsorge in den Pfarrgemeinden und andere seelsorgliche Aufgaben finanziert, aber auch Kindergärten, Krankenhäuser, Schulen. Neben Personalkosten wird ein großer Teil auch für Gebäudeerhaltung (Kirchen, Pfarrheime, Kindergärten, Krankenhäuser usw.) verwendet.
Dr. Werner Kleine
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
Viele sehen oftmals nur den monatlichen Betrag, der an Kirchensteuer eingespart werden kann und dies ist für viele auch der Grund, aus der Kirche auszutreten, denn mit den Jahren gerechnet kommt da doch einiges zusammen.