Dies Domino – 5. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr A
10 Thesen zur deutschen Leitkultur wurden uns vorige Woche von unserem Bundesinnenminister vorgelegt. Ganz neu ist diese Idee nicht, deshalb lohnt es sich, die frühesten 10 Thesen für ein gelingendes Miteinander, eine Leitkultur, und zwar nicht nur deutsche, sondern alle Menschen betreffende, in den Blick zu nehmen: die 10 Gebote. Diese sind zwar schon „alt“, haben aber an Aktualität nichts verloren, wenn wir sie in unsere heutige Lebensrealität übersetzen.
In dieser Woche geht der Blick zunächst auf die ersten beiden Gebote, die direkt Gott betreffen und dabei ist:
Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine Götter neben mir haben.
das erste der Gebote. Schnell sagen wir vielleicht: habe ich nicht, ich glaube an den dreieinen Gott, mehr Götter habe ich nicht. Und haken dieses Gebot damit ab. Bei genauerer Betrachtung stellt sich aber dann doch die Frage: welche Priorität hat Gott denn in meinem Leben? Wenn ich ihm als Schöpfer allen Lebens auch meine Existenz verdanke, müsste er dann nicht unangefochten auf Platz eins stehen? Und müsste es nicht mein Bestreben sein, Gott diesen Raum in meinem Leben auch tatsächlich zu geben?
Im heutigen Evangelium heißt es von Gott, von Christus, er sei
„DER Weg, DIE Wahrheit und DAS Leben“. (Joh 14,6)
Und eben nicht EIN Weg, EINE Wahrheit und EIN Leben. Das müssen wir uns immer wieder bewusstmachen. Und vielleicht nicht nur in unserem eigenen Leben Gott spürbar werden lassen, sondern dies auch für unsere Mitmenschen erlebbar zu machen, und ein deutliches Signal gegen den heutigen Trend, der „Discounter-Religiosität“ zu setzen, in der wir uns im Supermarkt der Religionen selber etwas zurecht stricken. Gott ja, aber vielleicht doch auch was mit Heilsteinen? So ganz abwegig ist das ja auch mit der Wiedergeburt nicht, aber Jesus und Maria sind da in jedem Fall auch auf hohen Stufen durch ihr positives Karma… So geht es nicht, wenn wir Gott und seinem Anspruch, den das erste der zehn Gebote formuliert, gerecht werden wollen. Dann müssen wir uns schon uneingeschränkt zu diesem einen Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs bekennen, der sich uns in Jesus mit seinem menschlichen Gesicht zugeneigt hat und im Heiligen Geist fortwährend unter uns lebt und wirkt.
Und auch den ersten Teil des Gebotes sollten wir nicht aus dem Blick verlieren: ich bin der Herr, dein Gott. Damit ist jedem einzelnen von uns zugesagt: ich bin Gott FÜR DICH, ich bin DEIN Gott. Genau darauf können wir auch unser ganzes Vertrauen setzen. Es läuft nicht immer alles planmäßig im Leben, und es geht auch immer wieder etwas schief, wir sind mit schweren Situationen konfrontiert und wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll. Auch dann ist Gott da. Wie es in der berühmten Geschichte „Spuren im Sand“ heißt – sinngemäß -: an den Stellen deines Lebens, in denen du nur noch eine Spur im Sand siehst, während in den guten Zeiten immer zwei Fußspuren zu sehen sind und ich als dein Begleiter „sichtbar“ war, habe ich dich getragen. Gott ist immer unser Gott, er hat uns immer im Blick und unser Name steht immer unauslöschbar in seine Hand geschrieben. In guten und schlechten Zeiten. Dieses Gehaltensein kann uns Kraft geben, unser Leben immer wieder anzupacken, immer wieder neu anzufangen und auch den größten Widrigkeiten zu trotzen, weil es einen gibt, der uns nie verlässt.
„Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen.“ (Joh 14, 2)
Für jeden von uns gibt es einen Platz bei Gott. Jetzt und ewig.
Und auch das zweite Gebot ist ein „Gottesgebot“:
Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.
Wir dürfen den Namen Gottes und damit Gott selber niemals verzwecken und dadurch missbrauchen. Kriege im Namen Gottes zu führen, ist das Gegenteil von dem, was gemeint und von Gott gewollt ist. Wenn Mission mit Gewalt erfolgt – und damit ist sowohl physische, als auch psychische Gewalt gemeint – dann handelt man entgegengesetzt zu diesem Gebot. Gott ist der „Ich bin da“. Und nicht der „ich bin da, wenn…“. Wir Christen sind seit Jahrhunderten nicht mehr die, die Glaubenskriege führen und unsere Überzeugung und unsere Religion mit dem Schwert zu unseren Mitmenschen bringen, aber, und das darf nicht aus dem Blick geraten, immer noch erleben wir immer wieder, wie Gott eingesetzt wird, um Angst zu machen.
Das fängt schon im Kleinen damit an, dass wir Kindern das Nikolausfest und die Freude darauf vermiesen, in dem wir etwas von einem imaginären goldenen Buch erzählen, dessen Bilanz über ein Geschenk vom Nikolaus entscheidet. Dabei geht es natürlich nicht um Gott selbst, aber einen großen Heiligen Gottes und der Umgang mit dessen Fest ist symptomatisch.
Jeder kennt vermutlich den Ausspruch „Gott sieht alles“ oder auch „kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort“. Ja, Gott sieht alles, aber er sieht alles mit liebenden Augen. Und sicher „bestraft“ er kleine Sünden nicht sofort, denn er ist kein Marionettenspieler, der mal an diesem und mal an jenem Fädchen zieht, je nachdem wie er die Welt gerade so haben möchte.
Der Auftrag der hinter diesem Gebot steht, ist also, den Namen Gottes für sich sprechen zu lassen. Ihn nicht für eigene Zwecke missbrauchen und vor allem seine frohe Botschaft nicht in eine Drohbotschaft verwandeln, um „liebe“ Kinder und brave Schafe zu bekommen.
Ich wünsche uns in dieser Woche den Mut, uns zu unserem Glauben und unserem Gott zu bekennen, ihm zu vertrauen und seinem Namen „die Ehre zu geben“ und damit den Platz, der ihm zusteht. „Ich bin da“ mitten unter euch und bei jedem einzelnen von euch.
Gott hat jeden von uns angesprochen, jeder von uns ist sein über alles geliebtes Kind, dem er die Freiheit geschenkt hat. Besonders an diesem Wochenende müssen wir diese Freiheit nutzen und unserer demokratischen Pflicht nachkommen. Ich wünsche Ihnen eine gute Wahlentscheidung.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
[…] an die Überlegungen der letzten Woche anschließend die nächsten beiden Gebote im Fokus stehen sollen, darf die heutige Lesung aus dem […]