Dies Domini- Zweiter Adventssonntag, Lesejahr B
Liest man die Worte der heutigen ersten Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja kommt man in Versuchung, die Trump’sche Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels im Einklang mit den Worten der Schrift zu sehen:
„Redet Jerusalem zu Herzen und verkündet der Stadt, dass ihr Frondienst zu Ende geht, dass ihre Schuld beglichen ist.“ (Jes 40,2)
Aber dies scheint nicht die Sichtweise der christlichen Kirchenoberen zu sein, die den Präsidenten eindringlich vor jeder plötzlichen Änderung der rechtlichen Situation einer Stadt unter internationaler Verantwortung warnt, dies müsse schwere Verletzungen nach sich ziehen. Und der Psalmist nennt die Voraussetzungen einer glücklichen Entwicklung:
„Es begegnen einander Huld und Treue, Gerechtigkeit und Frieden küssen sich.“
Diese Worte aus dem Psalm 85 sind geeignet, Tränen der Rührung hervorzurufen, wenn man sich die blühenden Gesellschaften ausmalt, in denen diese Prophezeiungen wahr werden, aber sie zerschellen wie eine gläserne Weihnachtsbaumkugel aus Thüringen, wenn man die weltpolitischen Realitäten in den Blick nimmt, die verhindern, dass
„Treue aus der Erde sprosst und Gerechtigkeit vom Himmel herniederblickt.“
Uns bleibt nur zu beten, dass nicht neue blutige Auseinandersetzungen die Lunte an das Pulverfass des Nahen Ostens, eben des „nahen“ Ostens legen. Aber beten bleibt uns.
Ganz offenbar bleibt uns außerdem auch mehr Zeit dazu, als es sich die frühen Christen gedacht haben. Auf deren enttäuschte Naherwartung der Wiederkunft des Herrn gibt der 2.Petrusbrief eine vielleicht etwas dürftige Antwort, wenn er die Verzögerung der Güte Gottes zuschreibt, der erst will, dass alle sich bekehren.
„Der Herr zögert nicht mit der Erfüllung der Verheißung, wie einige meinen, die von Verzögerung reden; er ist nur geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle sich bekehren.“ (2 Petr 3,9)
Aber etwas Anderes ist tatsächlich dem „Wort des lebendigen Gottes“ trostreich zu entnehmen, wenn der Verfasser eine neue Erde und einen neuen Himmel, in denen die Gerechtigkeit wohnt, ankündigt.
„Dann erwarten wir, seiner Verheißung gemäß, einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt.“ (2 Petr 3,13)
Das erlaubt uns den realistischen Blick auf unsere Verhältnisse: auch nach Gottes Verheißung braucht es eine neue Schöpfung, weil die alte nicht nur durch die menschliche Sünde „vermurkst“ ist, sondern weil es wirklich schwer ist, auch in der vom Menschen unbeeinflussten Natur allein die Gerechtigkeit wohnen zu sehen, wenn Vulkane Menschen bedrohen und Erdbeben und Hurrikane auch unter denen unendliches Leid erzeugen, denen der Vorwurf der Sündhaftigkeit nicht zu machen ist.
Bis es soweit ist, müssen wir uns mit dem Vorläufigen bescheiden und wie ginge das eindrucksvoller als mit dem Vorläufer, den uns das Evangelium vor Augen stellt: Groß, ernst und von tiefer Frömmigkeit der Rufer in der Wüste, Johannes, dem jede Lieblichkeit und kitschige Süße fehlt, der aber in unsere Weihnachtsmarkt-Seligkeit hineinklirrt wie ein Junggesellenabschied in eine Glühweinbowle. Vielleicht sollten wir uns diese existentielle Ernsthaftigkeit vor Augen halten, die uns die Kirche in der Adventszeit in Erinnerung ruft, wenn uns wieder einmal ein Weihnachtsmann mit seinem Rauschebart in die nächste Drogeriemarktkette drängeln will: An Weihnachten geht es um ein Kind in der Krippe, ja, es geht umstrahlende Kinderaugen unterm lichterglänzenden Weihnachtsbaum, aber es geht eben auch um das tiefste Geheimnis unseres Menschseins: Sogar Gott wird Mensch.
Ich wünsche uns allen eine gute kommende Woche, in der wir den Wert des menschlichen Lebens und den Wert der Liebe, die uns unwiederholbar und unverlierbar im Kind in der Krippe begegnen wird, immer wieder neu erkennen und deswegen Gottes Botschaft folgen.
Ihre Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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