Dies domini – Fest Taufe des Herrn, Lesejahr C
Geht es Ihnen auch manchmal so? Man hört aufmerksam einer Predigt zu, gern in einer Kindermesse, und der Gottesmann ermahnt dazu, auch untereinander in Schule und Kindergarten freundlich zueinander zu sein und Frieden zu halten, denn der Frieden – auch zwischen den Völkern-, beginne mit Dir und mir. Ebenso freut es mich regelmäßig, wenn ich aufgefordert werde, Buße zu tun und am besten in einer Gebetsnovene um Vergebung für die Missbrauchsfälle zu bitten, die offenbar nach Art einer Heuschreckenplage ganz unverschuldet die Institution Kirche heimsuchen. Man müsste darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Warum ist es in unserer Kirche so schwer, sich selbst kritisch zu hinterfragen und in Frage stellen zu lassen, wo wir doch wissen, dass letztlich bei ihm, unserem Herrn, die Rettung verheißen ist, letztlich egal, ob und inwieweit wir unserem göttlichen Plan entsprechen oder versagt haben, wenn es denn wenigstens nicht stets an gutem Willen mangelte.
Warum denkt es in unseren „Hierarchien“ so oft, man dürfe nur selbst makellos erscheinen, mindestens im Selbstbild, um desto ungestörter alle andern in den Senkel zu stellen? Was denkt sich ein Prediger, einen kindlichen Streit in der Schule kurzschlüssig mit dem Krieg in der Welt in Verbindung zu bringen? Wer sich um den Fußball auf dem Schulhof streitet, verhindert damit sicher nicht den Weltfrieden. Wundern wir uns über den stetig zurückgehenden Kirchenbesuch, wenn ein Pfarrer im Sonntagsgottesdienst den Gläubigen vorwirft, sie würden schon eines Tages sehen, was sie davon hätten, wenn sie immer die falschen Fragen stellten; solche, auf die die Kirche keine Antwort geben mag oder kann. Diese Zeitgeistaversion, die doch in aller Regel nur die fehlgeleitete Altzeitgeistliebe zu den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts ist, wird uns bei der Bewältigung unserer heutigen Aufgaben nicht viel helfen.
Ganz anders geht der Prophet Jesaja die Sache an: er stellt sein Wort unter Gottes Autorität, die er für seine Prophezeiung in Anspruch nimmt und ruft uns zu:
„Helft, blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen und alle, die im Dunkel sitzen, aus ihrer Haft zu befreien.“ (Jes 42,7)
Er fordert uns auf, nicht herumzukrakeelen und eigene Interessen zu verfolgen, sondern beschreibt:
„Er schreit nicht und lärmt nicht und lässt seine Stimme nicht auf der Straße erschallen.“ (Jes 42,2)
Wäre das nicht einmal eine brauchbare Handlungsanweisung für uns heute? Freundlich beschreiben, was ist und nicht fordern, was wir meinen, wie es sein sollte? Realitäten zur Kenntnis nehmen und anerkennen, dass wir nicht für alles eine passende Antwort haben? Einsehen, dass aus der Offenbarung allenfalls die Aufforderung, einander und Gott zu lieben, folgen mag, aber keine detaillierten Handlungsanweisungen für ökumenische Segensfeiern? Und dass wir gut daran täten, nicht ständig die andern zu ermahnen, statt den Dreck vor der eigenen Haustür – und zwar im Hausflur und nicht auf der Straße – erst einmal wegzuräumen?
Beschreibt uns das Evangelium von der Taufe Jesu die besondere Stellung, die Jesus für sich beansprucht oder doch dessen Eingliederung in die menschliche Gemeinschaft so wie alle anderen, wenn er sich von Johannes taufen lässt? Es ist auch heute nicht an der Zeit, eine besondere Stellung in Anspruch zu nehmen, sondern wir sollten dem Beispiel unseres Herrn folgen: Zusammen mit dem ganzen Volk dem Ruf Gottes folgen, uns jeden Recht sein zu lassen, der tut, was Recht ist und lieber als erste um Vergebung unserer Schuld bitten, statt die andern an die ihre zu erinnern.
Vielleicht können wir dann auch wiedersehen, wie groß der Herr ist.
„Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet. Du hüllst Dich in Licht wie ein Kleid, Du spannst den Himmel aus wie ein Zelt.“ (Ps 104,1f.)
Du – nicht wir.
Eine wundervolle Woche, die Sie und mich staunen lässt, wie er auch heute immer wieder das Antlitz der Erde erneuert und uns zeigt, wie und wo wir daran mitwirken können.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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