Präpositionen finden meist wenig Beachtung. Diese Sprachpartikel schwimmen im Sprachstrom halt irgendwie mit. Ein Nomen oder ein Verb – das ist etwas, was die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Präpositionen schaffen zwar Beziehungen in Sätzen und definieren, wann, wo, wie oder warum etwas geschieht; die gemeine Zeitgenossin und natürlich auch der Zeitgenosse behandeln sie aber in der Regel stiefmütterlich. Oft lässt man sie einfach weg. Man geht dann Schule oder Kino oder Aldi, Lidl, Edeka. Ja, die Präpositionen, diese kleinen unschuldigen Sprachteilchen haben es wirklich schwer.
Ab und zu aber feiern sie ihre kleinen Siege. Dann wird es wichtig, ob etwas mit, an oder von geschieht. Der Hobbyvirologe und die Selfmadeintensivmedizinerin, die ihr Fachwissen in der Youtube-Akademie erwerben, wissen schon genau, dass es einen Unterschied macht, ob da nun jemand „mit“ oder „an“ dem neuartigen Corona-Virus SARS-CoV-2 gestorben ist. Da wird sehr genau auf die Grammatik geachtet. Immerhin kann man auf diese Weise die Angst vor dem Virus wenigstens sprachlich eindämmen. Es ist schließlich schlimm, wenn viele Tote „an“ dem Corona-Virus sterben. Wenn sie „mit“ dem Virus vor ihren Schöpfer treten, sind sie zwar genau so tot, ja, sie hätten ohne das Virus vielleicht sogar noch länger gelebt – möglicherweise sogar sehr viel länger; aber es hört sich doch schon viel weniger schlimm an, wenn man nicht „an“ dem Virus verstirbt, sondern bloß „mit“ dem Virus. So oder so wurde „durch“ das Virus unwiederbringlich Lebenszeit geraubt. Was glauben Sie denn?
Nun endet das Schuljahr, das in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches war. Die Schülerinnen und Schüler (gerne auch SuS abgekürzt) waren die Hälfte des zweiten Halbjahres „zu“ Hause, um dort „für“ das Leben zu lernen. Sie durften zwar noch ein paar Tage „in“ die Schule – jedenfalls die meisten und nur solange, wie „bei“ niemandem eine Corona-Infektion festgestellt wurde. Falls doch wurden die Klassen auch schon wieder „nach“ Hause geschickt. Bei Lernenden ist es nämlich egal, ob jemand „mit“ dem Virus in die Schule kommt, oder „an“ Corona erkrankt ist. „Mit“ und „an“ ist für Lebende nicht relevant, das ist nur bei Gestorbenen wichtig …
Von derlei sprachlichen Feinheiten können sich SuS ebenso wie LuL (Lehrinnen und Lehrer) und PuP (Politikerinnen und Politiker) erst einmal erholen. School’s out! Jetzt sind Ferien. Wenn man nicht gerade ein „GT“ „am“ Auto hat, ist man fein raus. Bei den „GT“s weiß man ja nicht, ob sie „mit“ oder frei „von“ Corona sind. Deshalb gibt es für die „GT“s eine Real-Life-Version von GTA – Gütersloh hält Abstand! Alle anderen aber haben sich nach Lockdown, Homeoffice und -schooling erst einmal Erholung verdient – vor allem „von“ diesem Virus. Dabei freuen sich viele auf Ferien in den Niederlanden oder Dänemark, weil man da keine Maske braucht. Man weiß doch, dass die Maskenpflicht hier reine Schikane der PuP ist, die sonst nichts Besseres zu tun haben. Die muss man zwar bei uns nur beim Einkaufen, im öffentlichen Personennahverkehr oder beim Betreten von Restaurants tragen. Aber egal: Richtige Freiheit ist nur „mit“ ohne Maske. Im Internet kann man das doch lesen. Und die Youtube-Akademie hält da auch viele Lehrfilme bereit. Also erst mal Urlaub „von“ Corona „mit“ ohne Maske machen.
Hoffentlich weiß das Virus, dass bei uns jetzt Ferien sind und bleibt „zu“ Hause. Sonst wird wohl die eine oder der andere Urlaub „mit“ Corona machen … Vielleicht hätte die Maske dann doch geholfen. Wenn einer des anderen Last trägt (vgl. Galater 6,10), dann ist es irgendwann einerlei, ob jemand „an“ oder „mit“ Corona stirbt. So schlimm ist die Maske dann doch nicht, vor allem, weil sie eher andere als einen selbst schützt. Erholen Sie sich gut. Vor allem aber: Bleiben Sie gesund und helfen Sie anderen, gesund zu bleiben. Glück „auf“!
Dr. Werner Kleine
Erstveröffentlicht in der WZ vom 26. Juni 2020
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
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