Dies Domini – 31. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Der Weltsynode erster Teil ist Geschichte. Man hat in großen Kreisen vor allem zugehört. Das hört sich kommunikativer an, als es ist, denn wo nur gehört wird, wird noch lange nichts entschieden. Ein Dialog kommt eigentlich nur dann zustande, wenn Hören und Antworten in resonante Schwingungen geraten. Sicher, sicher – die fromme Seele vermutet, dass im Hören die Stimme Gottes erklingen könnte. Allein die Sicherheit, dass man da wirklich den Heiligen Geist hört oder nicht doch den eigenen Vogel mit den ihm eigenen Flausen, ist noch lange nicht gegeben. Müssten nicht alle dann dasselbe hören, wenn doch der Heilige Geist mit leisem Säuseln seine Botschaften mucksmäuschenstill vor sich hin flüstert? Nun hält aber gerad die erste Lesung vom 31. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A eine eingehende Wendung parat, die zweifeln lässt, ob Gott wirklich ein solcher Leisetreter ist, dass seine Stimme nur im Schweigen seiner Geschöpfe vernehmbar ist:
Ein großer König bin ich, spricht der Herr der Heerscharen, und mein Name ist bei den Völkern gefürchtet. (Mal 1,14b)
Dass das Hören auf Gott alleine nicht genügt, sondern das Tun auf dem Fuße folgen muss, folgt unüberhörbar im direkten Fortgang:
Jetzt gilt dieses Gebot für euch, ihr Priester: Wenn ihr nicht hört und nicht von Herzen darauf bedacht seid, meinen Namen in Ehren zu halten — spricht der Herr der Heerscharen —, dann schleudere ich meinen Fluch gegen euch. (Mal 2,1f)
Wie auch immer, in den Tischgruppen der Weltsynode wurde der ewige Stuhlkreis in der Kirche eine Runde weiter gedreht. Das Schlussdokument ist veröffentlicht, entschieden ist nichts. Mehr als Absichtsbekundungen waren auch nicht zu erwarten. „Die große Reise fortsetzen“ – so heißt es in der Überschrift des Schlusskapitels – ist die Aufgabe der Fortsetzung der Weltsynode im nächsten Jahr. Dann wird man wohl weiter zuhören, Absichten bekunden, und beratend raten, was der Papst dann voraussichtlich im Frühjahr 2025 gedenkt in einem wie auch immer gearteten Textdokument umzusetzen. Es ist also nicht nichts geschehen, aber eben auch nichts, was wirklich von relevanter Bedeutung wäre. Es ist ein wenig wie mit den schon in den weihnachtlichen Warenauslagen feilgebotenen Schokoladenfiguren, die wahlweise für den 6.12. als Nikolaus oder für den 24.12. als Weihnachtsmann firmieren: Außen gefällig, innen hohl.
Tatsächlich scheint die äußere Form auf der Weltsynode von immenser Bedeutung gewesen zu sein. Dass man nicht in Hörsaalmanier frontal diskutierte, sondern in Stuhlkreisen saß, war offenkundig schon ein Wert in sich – auch wenn hier deutlich wurde, dass die suggerierte Gleichheit so gleich nicht war, weil der Papst als Primus inter pares, als Erster unter Gleichen immerhin ein besonderes Sitzmöbel nutzte, dass dann doch einen Tick höher war als die anderen. Tatsächlich war auch manche episkopale Eminenz über so viel Gleichgültigkeit im Volk Gottes verstört. Wo kommt man da hin, wenn das Wort des Paulus umgesetzt würde, der schließlich fast jubelnd ausruft:
Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus. (Gal 3,28)
Wenigstens in der Kleidung muss man doch sehen, dass die einen zu Höherem berufen sind als das gemeine Volk. So monierte Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller, dass doch zu viele Kleriker, ja sogar Bischöfe und Kardinäle bei der aktuellen Synode in Rom Zivil-, Sport- oder Straßenkleidung tragen würden.
Man darf gespannt sein, wie mit einer solchen Haltung das Evangelium vom 31. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A ausgelegt wird, in dem es Jesus, auf dessen vermeintlichen Stifterwillen man sich doch immer wieder eilfertig beruft, wenn es darum geht, dass man eigentlich nichts ändern könne, an Eindeutigkeit nicht mangeln lässt:
Der Größte von euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. (Mt 23,11f)
Als Symptom für die Selbstüberhöhung führt Jesus wenige Verse zuvor die Lust einer auf eine an Äußerlichkeiten orientierten Frömmigkeit an:
Alles, was sie tun, tun sie, um von den Menschen gesehen zu werden: Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Gewändern lang, sie lieben den Ehrenplatz bei den Gastmählern und die Ehrensitze in den Synagogen und wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt und die Leute sie Rabbi – Meister – nennen. (Mt 23,5-7)
Eine auf das Äußerlich fixierte Formenfrömmigkeit ist freilich von frivoler Hohlheit. Sie hat keinen Inhalt, sondern erschöpft sich in sich selbst.
Würde man, wie man es immer behauptet, wirklich hören, würde man wohl eher dem Beispiel des Paulus folgen, auf seine unablässigen Mühen hinweist, die er nicht behaupten muss, weil die Gemeinde sie ja kennt und sieht:
Ihr erinnert euch, Brüder und Schwestern, wie wir uns gemüht und geplagt haben. Bei Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen, und haben euch so das Evangelium Gottes verkündet. (1 Thess 2,9)
Äußerlichkeiten waren ihm da wohl nicht so wichtig, wie er selbst im 2. Korintherbrief schreibt:
Darum werden wir nicht müde; wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert. (2 Kor 4,16)
Es geht eben um den Inhalt, nicht um die Form:
Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt. (2 Kor 4,7)
Aber auch das ist eine Form, die nicht um ihrer selbst willen existiert. Die Form folgt dem Inhalt: Gottes Wort und Wirken soll sichtbar werden, nicht der Glanz der vermeintlichen Verkünder. Auch hier gilt wohl: Form follows function! Da muss mancher frivol Fromme wohl noch einmal in sich gehen und genau in sich hineinhören …
Dr. Werner Kleine
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
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