Nichteinmischung ist oberstes Gebot. Fans der Science-Fiction-Serie „Star Trek“ kennen das. Egal ob Jean-Luc Picard, Kathryn Janeway oder Benjamin Lafayette Sisko – die Captains und Commanders der Sternenflotte führen schnell die oberste Direktive im Wort, wenn sie in den Tiefen des Alls auf Unentdecktes stoßen. Um die fremden Kulturen, die meist rückständig sind, in ihrer Entwicklung nicht zu stören, hat sich die weiter entwickelte Kultur schlicht nicht einzumischen. Die oberste Direktive gilt unumwunden. Was glauben Sie denn?
Wer die verschiedenen Ableger der Serie kennt, weiß, dass die oberste Direktive mit schöner Regelmäßigkeit gebrochen wird. Es gibt nämlich eine noch höhere Direktive, die über der obersten Direktive liegt: Menschlichkeit. Die Menschlichkeit gebietet das Brechen der obersten Direktive – nicht als permanente Regel, wohl aber im begründeten Einzelfall. Die Theologie spricht in diesem Zusammenhang von der Tugend der Epikie. Wer die Epikie anwendet, stellt nicht das Gesetz in sich in Frage, sondern erkennt in seinem Gewissen, dass die Anwendbarkeit eines Gesetzes im konkreten Einzelfall, in dem die Anwendung des Gesetzes ungerecht und unsittlich wäre.
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Dies Domini – 12. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
„Was sollen die Leute bloß denken?“ – wer kennt ihn nicht, diesen Satz, den besorgte Eltern ihrem frühreifen Nachwuchs entgegenhielten, wenn das an den Tag gelegte Verhalten nicht ganz den Vorstellungen der Erziehungsberechtigten entsprach. Die unfassbare Masse der „Leute“ übte damit die Funktion aus, die – jahreszeitlich bedingt – der Nikolaus, das Christkind oder auch der Osterhase übernahmen, in meteorologischen Varianten aber auch der „liebe“ Gott persönlich, der im Donner eines Gewitters gar nicht lieb zu schimpfen vermochte. Immer aber wussten diese anderen über einen besser Bescheid, als man selbst. Sie stellten so aber nicht nur die eigene Selbstwahrnehmung radikal in Frage; letztlich torpedierten sie auch die Autorität der Eltern, waren sie doch offensichtlich stärker als jene älteren Verwandten ersten Grades, mussten (und müssen) sich diese doch der Macht jener bedienen, um die eigenen Vorstellungen weniger durch die Kraft der Argumente, sondern die Macht drohender Peinlichkeit und Scham des Gesichtsverlustes durchzusetzen.
„Was sollen die Leute bloß denken?“ – zweifelsohne eine Frage mit Potential, wenn auch mit nicht positiver Valenz. Dabei hatten die Leute in der Vergangenheit meist ein Gesicht. Es waren oft die unmittelbaren Nachbarn, die gemeint waren. Sie hatten Namen und Gestalt. Es waren Menschen, die im alltäglichen Umgang gar nicht so machtvoll erschienen, wie es in der elterlichen Frage suggeriert wurde. Hatten nicht manche von ihnen eigenen Marotten und verhielten sich skurril? Interessierten diese Leute sich für das, was man selbst über sie dachte? Und was passierte, wenn diese Leute – ja was eigentlich – dachten?
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Es ist Pfingsten, nach Ostern und Weihnachten das dritte große christliche Fest im Jahreskreis. Das Fest, das am 50. Tag nach Ostern begangen wird, ist in manchen Gegenden mit tiefem Brauchtum verbunden. In den Alpen kennt man etwa den Pfingstochsen – ein besonders prächtiges und herausgeputzt geschmücktes Rindviech, das der Herde vorangeht, wenn die Kühe auf die Weiden und Almen getrieben werden. In unseren Breiten hingegen ist Pfingsten mit eher wenig Folklore verbunden. Vielleicht ist das der Grund, warum Pfingsten nicht nur im hiesigen christlichen Festtagsranking eine eher untergeordnete Rolle zu spielen scheint; auch können viele Passanten auf spontane Anfrage selten sagen, was da an Pfingsten gefeiert wird – entsprechende Videos verursachen vor allem bei gestandenen Christinnen und Christen im Wissen um die eigene Auserwähltheit nicht selten einen Heidenspaß. Was glauben Sie denn?
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Dies Domini – 6. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr C/strong>
Es ist wieder Umbruchzeit. Immer dann, wenn das Leben neue Fragen und Herausforderung stellt – und das Leben stellt permanent neue Fragen und Herausforderung – ist Umbruchzeit. In Europa etwa müssen neue Wege gesucht werden, damit der globale Kontinentaldrift nicht auch den alten Kontinent zerreißt. Nationalistische „Ich zuerst“-Denken konkurriert mit einer von Solidarität geprägten Haltung, die weiß, dass Friede nur dann bestehen kann, wenn ein immer neuer Ausgleich zwischen den Reichen und den Armen gelingen kann. Das „Ich“ muss dann bisweilen zurückstehen zugunsten „der Andere“; wer hat gibt dann, weil er weiß, dass er nur so den (sozialen) Frieden bekommen kann, der alleine seinen Besitzstand zu wahren imstande ist. Gegenwärtig aber regiert in vielen europäischen Nationen eine kurzsichtige Gartenzaunmentalität, die übersieht, dass Grenzen zwar notwendige, letztlich aber bloß organisatorische Vereinbarungen von Zuständigkeiten sind; die Geschichte hat hinlänglich bewiesen, dass keine Grenze von ewigem Bestand ist.
Der Umbruch der Gegenwart ist von besonderer Bedeutung, weil er nicht mehr nur periphere Aspekte betrifft. Er ist global. Die von dem amerikanischen Präsidenten angezettelten Handelskriege machen vor keiner Grenze mehr halt. Das fragil austarierte Gleichgewicht ist aus dem Lot geraten. Aber diese Art zwischenmenschlicher Beziehungen ist noch nicht einmal die größte Herausforderung der Gegenwart. Das es um vielmehr als wirtschaftspolitische Fragen geht, zeigt der für jeden klardenkenden Menschen nicht zu leugnende Klimawandel. Das Klima macht vor keiner Grenze halt. Wer jetzt nur „Ich zuerst“ denkt, hat nicht begriffen, dass es mehr denn je auf die soziale Dimension des menschlichen Existentials ankommt: Nur wenn sich die Menschheit als Ganzes diesen zu einem großen Teil selbstverursachten Herausforderungen stellt, wird sie eine gute Zukunft haben. Das ist keine Dunkelmalerei. Es ist die Herausforderung der Gegenwart. Der Umbruch besteht in der Notwendigkeit einer echten μετάνοια (gesprochen: metánoia), also eines Umdenkens, dass liebgewordene aber letztlich bloß scheinbar selbstverständliche Gewohnheiten radikal in Frage stellt.
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Man kennt das ja. Kaum hat man sich ein neues Smartphone zugelegt, erscheint schon die nächste Version. Dabei nutzen die allermeisten ohnehin nur die Basisfunktionen –Kalender, Messaging und natürlich Fotos; mit manchen Geräten soll man sogar telefonieren können. Hard- und Software sollen jedenfalls auf dem neuesten Stand sein. Man möchte ja nicht hinterherhinken. Was glauben Sie denn?
Auch Wuppertal schaut gegenwärtig nach vorn – und sogar nach oben. Dem Stadtrat jedenfalls hat es gefallen, am 26.5.2019 die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu befragen, ob eine Seilbahn vom Hauptbahnhof nach Küllenhahn gebaut werden soll; sogar an einen Park&Ride ist gedacht, auf dass die Cronenberger und Düsseldorfer auch parken können, wenn sie statt mit dem Auto direkt nach Elberfeld zu fahren, mit der Seilbahn an den auf Balkonen und in Gärten fröhlich winkenden Hahnerbergern vorbei abwärts nach Elberfeld gleiten. Man sollte ja meinen, dass man dafür gewählte Ratsfrauen und -männer hat, die sich sach- und fachkompetent machen, um dann zu einer fundierten Entscheidung zu kommen. So aber dürfen jetzt die Bürgerinnen und Bürger die Seilbahnfrage bekreuzigen.
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Das Datum des morgigen Samstags (4.5.2019) ist kein beliebiger Termin. Alljährlich birgt der 4. Mai für Eingeweihte eine ganz eigene Botschaft in sich. May 4th, wie das Datum auf Englisch geschrieben wird, wird von den Fans der Star Wars-Serie phonetisch auch als „May the force (be with you)“ gelesen. Damit wird der quasi als Segen fungierende Spruch assoziiert, mit dem sich vorzugsweise die guten Jedi-Ritter in den Kampf mit der dunklen Seite der Macht entsenden.
Das Spiel Gut gegen Böse prägt viele literarische und filmische Plots. Das Böse gewinnt dort immer wieder die Oberhand. Es scheint zuerst zu obsiegen, bevor sich schlussendlich dann doch das Gute durchsetzt. Was glauben Sie denn?
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Traditionen sind fragil. Wo der Buchsbaumzünsler in Raupengestalt seine Palmprozession mit einem gepflegten Festmahl beschließt, bleibt kein Blatt grün am Zweige hängen. Der Kahlfraß bedeutet für den römisch-katholischen Brauch, am Palmsonntag kleine Buchsbaumzweige hinter das Kreuz zu hängen, eine echte Herausforderung. Bedroht diese kleine ostasiatische Raupe Nimmersatt nun die abendländische Tradition? Was glauben Sie denn?
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Dies Domini – Dritter Fastensonntag, Lesejahr C
Frommsein muss sich lohnen. Die Schadenfreude über das Unglück derer, die in den Augen der Frommen nicht bestehen können, wird zur Bestätigung der eigenen Opfer. Wo aber Frömmigkeit zum Opfer wird, hat sich die befreiende Kraft der frohen Botschaft wohl schon längst von dannen gemacht.
Gerne schaut der Fromme freilich hinab in die Niederungen der Welt. Er weiß sich ja schließlich auf der sicheren Seite. Dafür betet er, dafür geht er in den Gottesdienst. Dadurch hat er sich schließlich einen Anspruch auf das Heil erworben. In dieser eitlen Frömmigkeit entwickeln viele Gläubige eine arrogante Herablassung, in der man an Weihnachten gerne von U-Boot-Christen spricht, die einmal jährlich auftauchen, oder sich über Familien von Erstkommunionkindern empört, die doch nur am schönen Schein des Festes interessiert seien und am Sonntag nach dem großen Fest schon nicht mehr gesehen sind. Niemand stellt dann die Frage, warum man sich selbst und seine Frömmigkeit offenkundig nicht so ansteckend vermitteln konnte, dass es eine Lust ist, Teil der eitelfrommen Gemeinschaft zu werden. Glaubt man wirklich, dass derart larmoyante Selbstgerechtigkeit werbend wirkt?
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Wenn die Maske fällt, zeigt sich das wahre Gesicht. Allerdings ist nicht ganz klar, ob das der Wahlspruch für die gestrige Weiberfastnacht oder den nächsten Aschermittwoch ist. Eingefleischte Karnevalisten behaupten ja, dass sie an den tollen fünf Tagen endlich so sein können, wie sie eigentlich sind. Dann würden die Masken tatsächlich an Weiberfastnacht fallen und das wahre Gesicht käme zum Vorschein. Andere hingegen, wie der Autor dieser kleinen Kolumne, halten es hingegen für ein wenig neurotisch, wenn man sich 360 Tage im Jahr verstellen muss, um das wahre Ich dann bloß an fünf Tagen in der Scharade maskierter Existenz offenbaren zu können. Nichts gegen den Karneval – aber wäre es nicht besser, wenn man immer so lebte, wie man eigentlich ist? Wann fallen die Masken wirklich? Was glauben Sie denn?
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Dies Domini – 7. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Das Problem kirchlicher Sprachkultur liegt nicht in ihrer prinzipiellen Unverständlichkeit. Gnade, Sünde, Erlösung – diese Worte spielen durchaus auch im Sprachgebrauch des modernen Menschen eine Rolle. Der Polizist, der Gnade vor Recht walten lässt, sieht den Verkehrssünder erlöst von dannen fahren. Niemand braucht hier viel Phantasie, um sich eine solche Situation vorzustellen. Nein, es sind nicht die Worte und es ist nicht die Sprache, die an sich problematisch sind; es ist die gegenwärtige Unfähigkeit vieler Verkünderinnen und Verkünder der Kirche, den Gebrauch dieser Begriffe mit eigenem Inhalt rechtfertigen zu können. Die hehren Worte verkommen dann zu Hohlformen mit tönernem Klang. Jede Nachfrage, auf die es keine echte Antwort gibt, entlarvt die Floskelhaftigkeit der Sprache. Wer so verkündet, nimmt sein Gegenüber nicht nur nicht ernst; er ist auch selbst nicht ernst zu nehmen – und genau das macht ihn und sie für die modernen Zeitgenossen zu uninteressanten Gesprächspartnern. Wo die Verkündigung der frohen Botschaft auf das Kalenderspruchniveau eines „Wir haben die beste Botschaft der Welt“ schrumpft, ohne erklären zu können, worin denn diese Botschaft besteht, hat die Kirche der Welt tatsächlich nichts zu sagen.
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