Eine Stellungnahme zur Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
Kirchliche Verlautbarungen – egal ob evangelisch oder römisch-katholisch – teilen gegenwärtig ein gemeinsames Schicksal: Egal wie umfangreich und gediegen ihre Argumentation oder die Entwicklung neuer gesellschaftlich relevanter Perspektiven ist – das Auge der Öffentlichkeit sucht immer nur das eine. So lässt man päpstliche Enzykliken unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung durch die Wortscanner auf der Suche nach dem Wort „Kondom“ laufen, um dann die eine Stelle zu zitieren, die doch das Erwartbare beinhaltet. Wenn die Suche dann ins Leere läuft, wird in großen Lettern verlautbart, dass der Papst immer noch keine Änderung seiner Haltung vorgenommen habe. Alles andere wird wahrscheinlich gar nicht erst gelesen.
Veröffentlichungen der evangelischen Kirchen geht es in diesen Tagen nicht viel anders. Hier lautet der affektive Suchbegriff „Homoehe“. Immer wieder findet man dann die gleiche reflexhafte Reaktion: Die weltlichen Medien preisen die gesellschaftliche Offenheit der reformatorischen Kirchen, während römisch-katholische Rezensenten darauf verweisen, dass der ökumenische Rubikon überschritten sei, wenn nicht gar der Untergang des christlichen Abendlandes unmittelbar bevorsteht, weil grundlegende christliche Werte in Frage gestellt würden.
Es stünde den Autoren in jedem Fall gut zu Gesicht, sich vor einer Stellungnahme die Zeit zu nehmen und das fragliche Dokument zu lesen. Es gehört ja auch zum investigativen Anspruch selbst kirchlicher Medien, dass man die Aussagen in der ihnen zukommenden Weise gewichtet.
Nun hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unter dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ eine Schrift veröffentlicht, die sich als Orientierungshilfe versteht. Nikolaus Schneider, der Vorsitzende des Rates der EKD stellt in seinem Vorwort fest, dass es der Orientierungshilfe darum geht,
„Familien, in denen Menschen füreinander Sorge und Verantwortung übernehmen, (…) Unterstützung und gute Rahmenbedingungen“ brauchen.
Damit ist eine evangelische Definition der Familie gegeben: Familie ist da, wo Menschen füreinander Sorge tragen und Verantwortung übernehmen. Das ist der Ansatz, mit dem man sich auseinandersetzen muss, denn dieser Ansatz hat weitreichende Folgen für das Verständnis von Ehe und Familie, das aus der römisch-katholischen Sicht grundsätzlich anders definiert wird. Aber dazu später mehr.
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„Wer glaubt, hat keine Zweifel“ – so heißt es in mancher Predigt. Der Zweifel erscheint als Gegner des Glaubens, der die Gewissheit des Glaubenden in Gefahr bringt. Tatsächlich wäre es ein Traum, die vielen Zweifel am Glauben loszuwerden und Gewissheit zu haben. Viele Glaubende weisen deshalb jede Ungewissheit von sich, lassen Zweifel gar nicht erst aufkommen und weisen jede Kritik – meist brüsk – von sich.
Dabei ist der Zweifel normal. Er gehört zu uns Menschen. Er ist sogar eine Triebfeder, die den Menschen in seinem Streben nach Erkenntnis vorantreibt. Der Zweifel bewahrt uns vor falscher Sicherheit und Selbstzufriedenheit. Gerade im Bereich der Religion ist die Auseinandersetzung mit dem Zweifel sogar notwendig. Die von manchem Christen vermutete Gewissheit, die eine reale Begegnung mit dem irdischen Jesus mit sich bringen müsse, wird schon im Neuen Testament konterkariert:
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Die Frage des Umgangs mit sogenannten „schwierigen“ Kindern ist aktuell. Supernannys im Fernsehen und eine nahezu unüberschaubare Fülle an Ratgeberliteratur widmen sich diesem Thema. Meist werden aber nur oberflächliche Rezepte angeboten, die schon bei näherem Hinsehen nicht auf Nachhaltigkeit schließen lassen. Sicher ist auch das Buch der Erzieherin und Diplompädagogin Sabine Herm in diesem Kontext zu sehen. Allerdings unterscheidet es sich vom Gros der fraglichen Veröffentlichungen allein schon dadurch, dass nicht bloß Rezepte zum Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern gegeben werden; das Phänomen wird vielmehr substantiell angegangen – und gerade das macht die Lektüre dieses gut und flüssig lesbaren Buches wertvoll.
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Vieles, was ausgehend von der Offenlegung der Missbrauchsfälle im Canisius-Kolleg geäußert wird, erinnert an die babylonische Sprachverwirrung. Und bei manch einem, sei er kirchlicher Amtsträger oder nicht, hat man den Eindruck, er habe eine Chance zum Schweigen verpasst. Nicht nur die Ungeheuerlichkeit dieser Verbrechen löst Zorn und Empörung aus; empörend ist auch der Versuch, „Schaden von der Kirche abzuwenden“. Der Kirche wird nichts übrigbleiben, als schonungslose Offenlegung zu betreiben. Statt ohne Not Rechtfertigungen für den Zölibat anzuführen sollte sie dabei zuerst eine Option für die Opfer treffen.
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