Dies Domini – Sechster Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Es ist schön, dass ein Wort zur Woche einmal Gelegenheit gibt, eine aktuelle Situation aufzugreifen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuspießen zwischen einem Text unserer Tage und einem Evangelium, das vor Jahrhunderten geschrieben wurde, beides Texte, um aufzurütteln. In dem einen wettert Jesus in der Bergpredigt des Matthäus:
„Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ (Mt 5,20)
Starker Tobak, den uns Jesus da unter die Nase reibt, etwas weiter ganz ähnlich:
„wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.“ (Mt 5,22)
Und so gehen voran und folgen noch weitere Prophezeiungen, die einen sanftmütigen und gütigen Jesus, wie er uns sonst oft im Evangelium begegnet, nicht ahnen lassen.
Ganz ähnlich wutentbrannt eine Aachener Büttenrednerin:
„Beherzt er (Merz) auf die Schwachen drischt,
weil er so gern im Trüben fischt.
Gerade die, die christlich selbst sich wähnen,
sollten sich für ihn was schämen.“
Im Übrigen ein bisschen mehr unter der Gürtellinie; aber ist die Höllendrohung des Jesus für den, der nicht viel gerechter ist als die damalige tonangebende Schicht, nicht ebenso „voll daneben“, wie das boshafte Gereime der Dame, die doch immerhin beweist, dass die Bibel nicht in allem recht hat:
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Dies Domini – Vierter Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Es dämmert – aber vielen, allzu vielen dämmert es noch nicht in der Kirche. Die Austrittszahlen steigen von Jahr zu Jahr auf neue Rekordwerte, aber es ändert sich nichts. Valide Angaben für die Austrittsgründe gibt es nicht. Gleichwohl sind die Interpreten schnell zur Hand. Meist ist es der unglücklich agierende Erzbischof von Köln, der für die hohen Zahlen verantwortlich gemacht wird. Tatsächlich gibt es zeitliche Koinzidenz zwischen den kirchlichen Ereignissen der rheinischen Metropole und dem Ansteigen der Austrittszahlen; ob die aber korrelieren, geschweige denn kausal für die Progression der Austrittserklärungen sind, müsste denn doch einmal näher hinterfragt werden – auch, weil das für die Ursachenforschung und damit für die Veränderung pastoralen Verhaltens wichtig wären. Kaum vorstellbar, dass in Flensburg oder Bad Reichenhall Menschen wegen einer Kölner Erzbischofs, dessen Namen vielen auf den Straßen Wuppertals, das doch immerhin zum Erzbistum Köln gehört, nichts sagt, Menschen in Scharen der Kirche den Rücken kehren. Für die Stadt Köln mag das noch gelten. Andernorts – in Wuppertal, Kempten im Allgäu oder Kiel, Berlin oder Saarbrücken – kommen wohl noch andere Gründe in Frage: Haben die kirchlichen Akteure vor Ort wirklich noch Kontakt zu den Menschen? Sind sie in den Zeiten der Corona-Pandemie wirklich bei ihnen gewesen – und sei es digital, telefonisch und auf physischer Distanz? Oder hat man sich vor die Kameras zurückgezogen und in leeren Kirchenräumen Eucharistie gefeiert, wie man es halt immer macht – nur eben ohne Menschen. Diese Botschaft ist letztlich fatal: Es lief alles weiter, nur halt ohne Menschen …
Ähnlich verhält sich auch bei den Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen sind. Die Austrittszahlen steigen auch dort mehr oder weniger parallel zu denen in der römisch-katholischen Kirche. Auch dort mutmaßt man die Wirren um den Kölner Kardinal als Grund. Freilich ist, wenn dem so wäre, das doch ein vernichtendes Urteil über die evangelische Identität: Wissen moderne Protestantinnen und Protestanten wirklich nicht mehr, dass sie ja genau deshalb evangelisch sind, weil sie unter anderem das römisch-katholische Amtsverständnis ablehnen und sie deshalb mit Erzbischöfen, Kardinälen und geweihten Priestern eigentlich nichts mehr am Hut haben? Oder verhält es sich nicht eher so, dass die dort ebenfalls hohen Austrittszahlen ebenfalls auf Kontakt- und Beziehungsabbrüche zu den eigenen Mitgliedern hindeuten …
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Dies Domini – Zweiter Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Liebe Leserinnen und Leser,
Grün! Ist es Ihnen aufgefallen? Nein, nicht der Schnee in den Skigebieten, sondern das Gewand des Priesters bei der Hl. Messe. Der Jahreskreis mit seinen alltäglichen Werk- und Sonntagen hat angefangen, die Tannenbäume sind weitgehend bei der Grünbündelabfuhr entsorgt, die Krippen auf dem Speicher und das Engelshaar aus dem Staubsauger gefieselt; alles geht wieder seinen normalen Gang, wenn auch das Hintergrundrauschen des Ukrainekriegs und die Klimakrise und Corona … aber man kann ja nicht 24/7 auf Habachtstellung leben. Und die Kirche? Austrittswellen folgen auf Austrittswellen, Missbrauchsaufarbeitung gelingt eher nicht, dem synodalen Weg werden Steine in denselben gelegt …
Und die Reaktion? Wir feiern Advent. So heißt es bei Jesaja in der ersten Lesung:
„Ich mache Dich zum Licht der Nationen; damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht“. (Jes 49,6)
Paulus hört sich in der zweiten Lesung aus dem 1. Korintherbrief an wie der Engel in der Verkündigungsszene:
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Dies Domini – Hochfest der Gottesmutter, Lesejahr A
Das romantischste aller christlichen Feste ist schon wieder vorbei. Zwar leisten jene, die sich für besonders glaubensfest halten, erbittert Widerstand und verweisen darauf, dass die Weihnachtszeit traditionell erst am 2. Februar, vierzig Tage nach dem Hochfest der Geburt des Herrn endet und erst dann Tannenbaum und Krippe weggeräumt werden. Die allermeisten Mitmenschen, die glaubend, zweifelnd, nichtglaubend trotzdem Weihnachten auf je eigene Weise feiern, folgen freilich allen besserwissenden Unkenrufen zum Trotz einer eigenen Dramaturgie. Der Advent ist in der säkularen Gesellschaft längst zur Vorweihnachtszeit geworden, die ihren Höhepunkt am Weihnachtsfest findet – und dort eben auch endet. Da kann man noch soviel theologisch argumentieren: die Volksfrömmigkeit war immer schon stärker und wird sich wahrscheinlich auch jetzt wieder mittelfristig durchsetzen.
Das mag man als glaubender Mensch bedauerlich finden. Tatsächlich aber ist gerade das Weihnachtsfest immer schon solchen volksfrommen Überformungen ausgesetzt gewesen. Das fängt schon beim Weihnachtsdatum an. Nirgendwo in der Bibel ist überliefert, dass es ein 25. Dezember war, als Gott die Welt durch die Augen des Jesuskindes erblickte. Es war vielmehr die Umdeutung eines ehemals heidnisch-römischen Festtages, dem Fest des unbesiegbaren Sonnengottes, das christlich neu interpretiert wurde. Auch fehlt in der Bibel jeglicher Hinweis auf Tiere oder Tannenbäume, die in Bethlehem bei der Geburt Jesu eine Rolle gespielt hätten. Weder Ochs noch Esel noch Schafe werden erwähnt. Trotzdem stehen sie alle an den Krippen auch jener, die sich für besonders glaubensstark handeln. Sollte man da nicht insgesamt toleranter mit der modernen Interpretation vieler sein, die Weihnachten auch als Skeptiker und Nichtglaubende feiern?
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Dies Domini – 4. Adventssonntag, Lesejahr A
„Viele erwägen den Austritt“ so war ein kleiner Artikel in der FAZ von Freitag überschrieben, in dem der neueste Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung zusammengefasst wurde. Kirchenbindung und Religiosität seien beide in raschem Tempo im Abnehmen begriffen, Katholiken hegten häufiger Austrittsabsichten als Protestanten, jüngere mehr als ältere. In der gleichen Zeitung mokierte sich ein Frankfurter Leserbriefschreiber über den Begriff „Christkind“, der nicht nur unbiblisch, sondern eine Gottes Wirklichkeit verdunkelnde Märchenfigur sei. Schließlich liege Jesus heute keineswegs als Kind in der Krippe, sondern er sei als der gekreuzigte und auferstandene Herr zum himmlischen Vater zurückgekehrt und seither in der unsichtbaren Welt zu allen Zeiten an jedem Ort gegenwärtig.
Tja, so gehen die Ansichten auseinander: während die immer mehr werden, denen all der Religionskram immer gleichgültiger wird, halten einige noch an längst vergangenen und von niemandem mehr verstandenen Begriffen fest, die vielleicht ehrwürdig sind, aber mit der Lebenswirklichkeit unserer Tage nichts mehr zu tun haben. Auch wenn man heute vertretene theologische Positionen etwa zwischen Kardinal Sarah und Professor Striet nebeneinander legt, wird man finden, dass nicht nur nicht „nicht mal ein Blatt Papier“ dazwischen passt, sondern mehrere Fronleichnamsprozessionen längs bequem Platz hätten.
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Dies domini – 2. Adventssonntag, Lesejahr A
Wer angesichts dieser Überschrift schmunzeln muss, ist auf jeden Fall dabei gewesen, als die sogenannten Millenials das Licht der Welt erblickten. Hurz! – ein Wort, mit dem Hape Kerkeling und Achim Hagemann im Jahr 1991 getarnt als polnische Musiker bei einer fiktiven Veranstaltung in der niedersächsischen Gemeinde Stuhr einem kunstbeflissenen Publikum eine avantgardistische Oper vorgaukeln, deren unsinnige Textpassagen mehrfach durch den lauten Ausruf „Hurz!“ unterbrochen werden. Herrlich war es anzuschauen, wie die, die sich intellektuell kunstsinnig wähnen, an dem Unsinn abarbeiten und Sinn suchen, wo keiner ist. Selten wurde Pseudoexpertentum so feinsinnig brutal entlarvt, wie in diesem Sketch der damaligen Comedyserie „Total normal“, der „Hurz!“ ikonisch werden ließ. Wenn Sie damals dabei waren, haben sie es sicher im Ohr:
Der Wolf … das Lamm … auf der grünen Wiese. Das Lamm … schreit … Hurz!
Nun lebt die Komödie von der Brechung der Realität – im Fall des Stuhrenpublikums ist es eine realpräsentische Brechung. Die eigene intellektuelle Verblendung des sich selbst als kunstverständig wähnenden Expertentums, das Antworten auf nichtgestellte Fragen sucht und den schönen Blödsinn in seiner eigenen herzhaften Ästhetik nicht wahrnehmen und -haben will, sondern Deutungen einträgt, wo es nichts mehr zu deuten gibt, ist an Lachhaftigkeit nicht zu überbieten. Was damals schon Abbild einer verwöhnten Bürgerlichkeit zum Lachen reizte, wird in der Gegenwart von jenen Experten in Kirche und Gesellschaft, die sich zu allem und jedem äußern ohne auch nur den Hauch echten Wissens aus Theorie und Praxis, geschweige den Erfahrung zu haben. Ob es der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist, die Corona-Pandemie oder eine der vielen anderen Themen und Herausforderungen der Gegenwart: Im Brustton der Überzeugung präsentieren selbsternannte Philosophen und Expertinnen einfachste Lösungen, bei deren Simplizität man sich nur vor die Stirn schlagen kann … warum ist da keiner der Verantwortlichen drauf gekommen? Wer hingegen in der Lage ist, auch nur ansatzweise unter die Oberfläche, vulgo den aufgeklebten Bart des Tenors Mirosław Lem, alias Hape Kerkeling, zu schauen, wird sofort erkennen, was Henry Louis Mencken 1921 ebenso lapidar wie zutreffend feststellt:
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Dies Domini – Hochfest Christkönig, Lesejahr C
Josaphat Kunzewitsch, ein Heiliger unserer Kirche, hatte vor wenigen Tagen seinen Gedenktag, auf den bei einer Feier zur Übergabe der missio canonica an neue Religionslehrer der Prediger einging; das war bereits einmal Gegenstand der Betrachtung hier. Am heutigen Sonntag feiern wir das Christkönigsfest, keine Ahnung, was das miteinander zu tun haben soll. Wie heißt der missing link? Nanu, ein Rätsel im Wort zur Woche?
Verehrte Leserinnen und Leser, ich will Sie nicht auf die Folter spannen, es ist das Vorgestern. Das, was wir heute kaum noch und wenn, dann nur mit Verrenkungen mit Sinn erfüllen können; es sind die Reste der ecclesia triumphans, die uns mit Stolz und Hochgefühl erfüllen können, wenn wir mit dem Haus voll Glorie weit ins Land hinausschauen, die aber mit unserer Gegenwart, Gott sei Dank nichts mehr zu tun haben. Nur leider, es haben noch nicht alle gemerkt.
Pius XI., nicht der erfreulichste unter den sowieso nicht einfachen Piuspäpsten des vor- und des vergangenen Jahrhunderts, hat uns diese sonderbare Hinterlassenschaft aufgehalst: Ein Märtyrer aus dem 16. Jahrhundert, der sich wundert, dass man ihn erst umbringt und dann in den Fluten versenkt, obwohl er bei seinen Missionsmethoden nicht mit wohlwollender Duldung rechnen konnte. Schließlich hatte er nicht nur für gewaltsame Niederschlagung von Aufständen der Orthodoxen plädiert, sondern sogar deren unkatholisch bestatteten Toten wieder ausgraben lassen. Eine irritierende Idee, damit für seine Glaubensweise werben zu wollen. Natürlich, dass er 1867 heiliggesprochen, mit der Enzyklika „Ecclesiam Dei admirabili“ 1923 geehrt und 1963 in den Petersdom überführt werden musste. Und ebenso verständlich, dass er ein Mosaikstein war, wie die Einführung des Christkönigsfestes 1925, mit der die strahlende Kirche dargestellt wurde, wie es in der zweiten Lesung des heutigen Sonntags heißt:
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Dies domini – 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Ein Blick in jene Bücher, die in zahlreichen Kirchen die Glaubenden einladen, ihre Bitten an Gott hineinzuschreiben, offenbart nicht nur ein kindliches Gottvertrauen; in vielen Fällen scheinen sich die Bittenden Gott offenbar auch als Erfüller dringendster Wünsche vorzustellen. Wie ein Super-Weihnachtsmann soll er die niedergeschriebenen Wunschzettel wohl abarbeiten. Die so niedergeschriebenen Gebete scheinen dann eher Bestellzettel zu sein, deren Order der göttliche Lieferant dann auch gefälligst zu erledigen haben. Sicher zeigen die niedergeschriebenen Bitten oft intimste Sorgen und lassen schwere Schicksale erahnen. Was aber, wenn die erbetene Gabe nicht zu bekommen ist, was, wenn die Gebet scheinbar unerfüllt bleiben. Straft das nicht Jesus selbst Lügen, der doch verheißen hat:
Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet! (Mt 7,7)
Tatsächlich beinhaltet ein solch naives Gebetsverständnis den Keim zu jener Frage, die auch als Theodizee bekannt ist: Warum lässt Gott, der doch als allmächtig bekannt wird, Leid und Unglück zu? Warum beendet er die Kriege nicht einfach?
In der Tat: Wenn das Verhältnis von Gott und Welt so wäre, wie es dem Gebetsverständnis vieler zugrunde liegt, die ihr Leid in die Fürbittbücher schreiben, dann wäre die Frage nur allzu berechtigt. Warum greift er nicht ein?
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Dies Domini – 30. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Wie oft haben wir diese Worte schon, oft in ironischer Manier, gehört:
„Gott, ich danke Dir, dass ich nicht wie die andern Menschen bin.“ (Lk 18,11)
Im Evangelium des Sonntags spricht so der Pharisäer, der mit einem Zöllner verglichen wird, der kaum Worte des Gebets findet und nur stammelt:
„Gott, sei mir Sünder gnädig.“ (Lk 18,13)
Da haben wir, wie in einem Brennglas, 1500 Jahre Ideengeschichte des Christentums vorbereitet, den Gnadenstreit. Was hat nun Vorrang, Gnade oder freier Wille? Ist nicht alles Gnade und von Gott abhängig? Wer könnte sich selbst so auf das Podest stellen wie der Pharisäer, der sich seiner guten Taten rühmt und darauf beruft, sich selbst durch seine guten Werke zu erhöhen und alles Recht darauf zu haben, auf die anderen herabzusehen. Und der andere, der verachtete Zöllner, der die Mitmenschen finanziell ausquetscht, der sich nur an die Brust schlägt und von Sünden stammelt. Wem gehört der Vorrang? Und vor allem: wem gehört die Sympathie Jesu?
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Dies Domini – 28. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Bischöfe träumen oft davon, dass man nur genug missionieren – Verzeihung, heute sagt man „evangelisieren“ – muss, und schon wächst die Kirche wieder. In Zeiten steigender Kirchenaustrittszahlen scheint es also nur eine Frage der Methode oder des Marketings zu sein, um der Kirche wieder Mitglieder hinzuzufügen. Da verhält es sich mit der Kirche wohl tatsächlich nicht anders als mit Vereinen, Gewerkschaft und Parteien. Als weltlich Ding schaut auch sie vor allem auf den quantitativen Zuwachs, der wohl als Zeichen des Erfolges gewertet wird. Ist es tatsächlich Zufall, dass aus der guten alten Pastoraltheologie vielerorts Marketingkonzeptionsinstitute geworden sind, deren Wirksamkeit sich in Abozahlen, Buchungsbestätigungen für institutionseigene Projekte oder Click-Zahlen digitaler Angebote messen lassen. Dieses neue pastorale ABC macht aus der Kirche ein Unternehmen, das natürlich in das Portfolio von Unternehmens- und Organisationsberatungen passt. Zweifelsohne sind unter den vermarkteten Projekte feine Angebote für Auge und Nase, für Herz und bisweilen auch fürs Hirn. Ob aber ein olfaktorisches Projekt oder ein visuelles Ereignis pastoral ist, entscheidet sich mittlerweile wohl eher vom Ort des Geschehens her: Was in einer Parfümerie dem Konsum dient, wird durch den sakral determinierten Kirchenraum spirituell verbrämt; was im Club als Lichtshow gefeiert wird, wird an heiligen Orten plötzlich als Leuchten des himmlischen Jerusalem gewürdigt. Offenkundig macht die Verpackung das Eigentliche aus, auch wenn der Inhalt nahezu identisch ist. Es ist wie bei einem Schockriegel, bei dem sich tatsächlich eigentlich nix änderte, außer dem Namen …
Tatsächlich scheinen die ekklesialen Marketingkonzepte wenig erfolgreich zu sein – jedenfalls wenn man auf die weiterhin hohen Austrittszahlen schaut. Die Mitglieder werden durch kein noch so tolles Marketing gehalten; neue Mitglieder werden kaum hinzugewonnen. Allein von diesem Standpunkt aus betrachtet, scheint das pastoraltheologisch entwickelte Marketing eher von ausbleibendem Erfolg geprägt zu sein …
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