Dies Domini – Fest Taufe des Herrn/Sonntag nach dem 6. Januar, Lesejahr B
Die Weisheit einer Weltanschauung erweist sich nicht in klugen Theorien und Hypothesen, sondern in ihrer Lebenstauglichkeit. Die Weise zu leben ist der eigentliche Gehalt der Religion, nicht primär eine Ansammlung von Glaubenssätzen. Die zentrale Frage, worin die re-ligio, die Rückbindung eines Menschen besteht, prägt seine Haltung dem Leben gegenüber. So gesehen hat Religion an sich nichts mit dem Glauben an Gott zu tun. Auch der Agnostiker, um ein Beispiel zu nennen, ist in diesem Sinne religiös, denn er bindet seine Lebensweise an die Auffassung zurück, man können Gott nicht mit innerweltlichen Mitteln erkennen; mehr noch: Gott sei prinzipiell nicht erkennbar (womit nichts über die Frage der Existenz Gottes gesagt ist, sondern eben nur über die Unmöglichkeit, ihn zu erkennen).
Religion ist also an sich zuerst nichts anderes als eine conditio humana, eine urmenschliche Eigenschaft. Jeder Mensch muss eine Haltung zum Leben einnehmen. Jeder Mensch errichtet in seinem Leben ein Fundament, das seine Lebensweise bestimmt. Diese Lebensweise bestimmt auch, wie er anderen Menschen gegenüber tritt.
Die Lebensweise eines Menschen wird durch die Art seiner re-ligio, der Rückbindung an die Grundaxiome seines Lebens bestimmt. Ob Gott eine Rolle im Leben eines Menschen spielt, entscheidet nicht darüber, ob dieser Mensch moralisch gut lebt oder nicht. Humanisten fühlen sich so nicht einem göttlichen Wesen gegenüber verantwortlich, wohl aber den Menschrechten. Die allgemein menschlich Konvention wird dann zur Basis des eigenen Lebens, an der man sein Verhalten ausrichtet. Wer sich hingegen einem Gott als absoluter Instanz gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet weiß, wird sein Verhalten an den Forderungen ausrichten, die sich aus dem Bild Gottes ergeben, das der betreffende Mensch hat.
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Dies Domini – Ostersonntag, Lesejahr A
„Das Grab ist leer, der Held erwacht“ – so erschallt es seit der Osternacht mit meist triumphalem Gesang wieder in den Kirchen. Der Gekreuzigte ist nicht mehr im Grab. Braucht es da noch eines Beweises für die Auferstehung? Das leere Grab ist doch Beweis genug.
Was heutigen Christen so selbstverständlich mit Inbrunst und euphorischer Osterfreude über die Lippen geht, ist beileibe nicht so selbstverständlich, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Ein leeres Grab ist an sich noch lange keine Beweis für die Auferstehung von den Toten. Das Neue Testament selbst spiegelt die zahlreichen Gerüchte um das leere Grab wieder. Im Matthäusevangelium etwa heißt es:
Am nächsten Tage [nach der Bestattung Jesu, WK] gingen die Hohenpriester und die Pharisäer gemeinsam zu Pilatus; es war der Tag nach dem Rüsttag. Sie sagten: Herr, es fiel uns ein, dass dieser Betrüger, als er noch lebte, behauptet hat: Ich werde nach drei Tagen auferstehen. Gib also den Befehl, dass das Grab bis zum dritten Tag sicher bewacht wird. Sonst könnten seine Jünger kommen, ihn stehlen und dem Volk sagen: Er ist von den Toten auferstanden. Und dieser letzte Betrug wäre noch schlimmer als alles zuvor. Pilatus antwortete ihnen: Ihr sollt eine Wache haben. Geht und sichert das Grab, so gut ihr könnt. Darauf gingen sie, um das Grab zu sichern. Sie versiegelten den Eingang und ließen die Wache dort. (Matthäus 27,62-66)
Das leere Grab an sich beweist also noch nichts. Schon damals gab es also offenkundig das Gerücht, man habe den Leichnam Jesu entfernt um die Behauptung, er sei von den Toten auferstanden, zu untermauern. Auch wenn man aufgrund dieses offenkundig geschichtlich vorhandenen Gerüchtes davon ausgehen kann, dass das Grab faktisch leer war – bewiesen ist damit rein gar nichts.
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