Dies Domini – Dritter Adventssonntag, Lesejahr B
Schwarz und Weiß sind keine Farben, sondern Zustände. Während sich der Zustand „weiß“ dadurch auszeichnet, dass die verschiedenen Wellenlängen der Farben sich überlagern und vermischen, wird der Qualität „schwarz“ durch die völlige Abwesenheit von Licht jeglicher Wellenlänge bestimmt. Im Schwarzen ist kein Licht. Das Licht ist im Schwarz abwesend, wird vollständig absorbiert, geht verloren.
Weiß und schwarz sind unbunt und unkomplex. Alles oder nichts – dazwischen gibt es nichts. Weitere, tiefergehende Differenzierungen sind nicht notwendig. Dabei bedeutet die Unfähigkeit der Wahrnehmung von Zwischentönen, Abstufungen und Farben für die Wahrnehmung, eine schwere Beeinträchtigung. Wer nur in Schwarz-Weiß-Mustern denken kann, wird die vielen Abstufungen des Lebens nicht erkennen können. Mehr noch: Das lichtvolle Weiß wird ihn früher oder später blenden und er wird nur noch schwarz sehen. Schwärze überall, die das Licht absorbiert, die Erkenntnis verdunkelt und die Angst, die der Verlust des Lichts auslöst, größer werden lässt. Wer so denkt, sieht überall den Herrscher der Finsternis am Werk. Der Geist dieser Welt, der Zeitgeist, wird zum Feind, weil das Licht nicht mehr gegenwärtig, sondern nur ein schwacher Schein aus der Vergangenheit ist.
Der Zeitgeist gehört in den Reden derer, die sich die Fähigkeit zur Differenzierung abgewöhnt haben, zum Feindbild par excellence. Der Zeitgeist kann nicht gut sein und im Neuen nichts Erstrebenswertes. Man gefällt sich dann in der kulturkritischen Attitude; man wähnt sich schon deshalb als intellektuell, weil man den Zeitgeist in sich ablehnt. Als wenn der Zeitgeist nicht das Kind der Zeiten ist, die als glorreich beschworen werden.
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