Dies Domini – 3. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Volkes Stimme ist gefragt in diesen Tagen. Nicht nur die SPD hat es mit ihrer Mitgliederbefragung zur Großen Koalition im Dezember 2013 getan, auch der Vatikan selbst wollte hören, wie das gemeine Kirchenvolk zu den Fragen rund um Ehe und Familie steht. Eigentlich waren die Bischöfe in aller Welt die ersten Adressaten. Aber viele von ihnen ließen sich offenkundig vom Stil dieses Papstes, der sich nach seiner Wahl zuerst vor dem auf dem Petersplatz anwesenden Volk verneigte und um dessen Gebet bat, ehe er selbst den Segen sprach, inspirieren und leiteten den vatikanischen Fragebogen an die Basis weiter. So nimmt es auch nicht Wunder, wenn jetzt der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff eine eventuell mögliche Mitbestimmung von einigen Laien bei der Wahl des neuen Erzbischofs von Köln avisiert – vielleicht!
Was eine einzige Verneigung vor dem Volk nicht alles auslösen kann. Die Meldungen der Neuentdeckung des Volkes Gottes reißen nicht ab. Der Erzbischof von Wien, Christoph Kardinal Schönborn, gesteht ein,
angesichts des päpstlichen Anliegens einer „Dezentralisierung“ der Kirche und einer Stärkung der ortskirchlichen Eigenverantwortung bislang zu zaghaft in Rom aufgetreten zu sein: „Da schlage ich an meine Bischofsbrust: Wir haben uns sicher zu wenig getraut, auch zu sagen, was unsere Situation erfordert und wie wir die Dinge sehen“. (Quelle: kathweb Nachrichten/Katholische Presseagentur Österreich)
Der neue Freimut ergreift auch von anderen Kardinälen Besitz. Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Kardinal Marx, etwa stellt sich in der Frage der wiederverheiratet Geschiedenen gegen den Präfekten der Glaubenskongregation und Kardinal in spe, Erzbischof Gerhard-Ludwig Müller, in dem er frei heraus feststellt:
„Der Präfekt der Glaubenskongregation kann die Diskussion nicht beenden.“ (Quelle: Spiegel online)
In dieser Frage bildet er eine Koalition mit dem Erzbischof von Tegucigalpa, Óscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga SDB, der sich jüngst in einem großen Interview gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger auf den Hinweis, der Präfekt der Glaubenskongregation halte doch wohl mehr von der Autorität der Kirche lachend antwortet:
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Es ist weit gekommen mit der Kirche. Was in einem kleinen Stall in Bethlehm begann, in Nazareth, diesem provinziellen Kaff im galiläischen Bergland, reifte und auf einem schädelgestaltigen Hügel vor den Toren Jerusalems zu scheitern drohte, hat schließlich doch eine globale Erfolgsgeschichte begründet. Die Ursache dafür ist ein Fortschritt. Weil der, der am Kreuz starb, als Auferstandener vom Grab fort schritt, blieb nichts, wie es war. Was Papst Benedikt in seinem zweiten Jesusbuch als „Mutationssprung“ bezeichnete, ist nichts anderes als der Prozess der Geschichte Gottes mit den Menschen, die eben nicht in der Erstarrung des Todes stehen bleibt, sondern auf das eigentliche Ziel – das Leben in der Fülle Gottes – hinführt. Dieser Prozess geschieht nicht um seiner selbst willen. Der Fortschritt aus dem Grab ist vor allem eine Botschaft. Es ist die Botschaft, dass nichts von Gott trennen kann: Selbst der Tod ist kein Hindernis auf dem Weg des Menschen zur Fülle des Lebens in der Herrlichkeit Gottes.
Eine Botschaft ist ein Ereignis. Sie ist ja nur dann Botschaft, wenn sie verkündet und gehört wird. Eine Botschaft, über die niemand spricht und die niemand hört, hört auf, Botschaft zu sein. Tradition – die Weitergabe der Botschaft – ist deshalb Wesen, Auftrag und Ziel der Kirche.
Die Gegenwart sieht anders aus. Eine zunehmende Konfuzianisierung greift um sich. Der Weg selbst wird zum Ziel erklärt. Der Prozess an sich erfährt eine Apotheose, die ihre Manifestation in Zukunftskonventen und Dialogprojekten findet. Der in diesen Prozessen zum Stuhlkreis verkommene Glaube findet seinen angemessenen Ausdruck in Konzeptpapieren, von denen bisher noch niemand vor Ehrfurcht erschaudernd von „Worten des ewigen Lebens“ gesprochen hat. An die Stelle von Kathedralen, den steingewordenen Zeugen eines Glaubens, für den Menschen Übermenschliches auf sich genommen haben, und denen man sich Generationen später nur mit Staunen wirklich nähern kann, tritt die triste Tiefe des Tagungsraumes. Statt des Verkünders zelebriert der Moderator. Und wo früher der gut gefüllte Kerzenständer von den Gebeten der Gläubigen ein ebenso stilles wie lebendig flackerndes Zeugnis ablegte, steht heute die Moderationswand bunt gefüllt und mit Punkten gewichtet mit den immer gleichen Verheißungen, deren Erfüllung für eine moderne Kirche unabdingbar erscheinen – angefangen von der Aufhebung des Zölibates über die Änderung der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt bis hin zu dem Wunsch, die Kirche solle zu den Menschen gehen. Angesichts des Letzteren möchte man mit Mario Barth, dem großen berlinernden Alltagsphilosophen der Gegenwart ausrufen: Nicht quatschen, machen!
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