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kath 2:30 Dies DominiDies domini – 20. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

Leugnen macht keinen Sinn mehr. Die Fakten liegen auf dem Tisch und sprechen für sich. Es brennt allerorten. Das durch Menschenhandeln veränderte Klima lässt Böden verdorren, Flüsse austrocknen und Wälder brennen. Ein von menschlicher Hand vom Zaun gebrochener Krieg bringt Leid und Tod für die mit sich, die unmittelbar der Gewalt der Aggressoren ausgeliefert sind; Gasknappheit und Inflation betreffen auch weiter vom Kriegsgebiet entfernte Gegenden, sind aber im Vergleich zu den Leiden derer, die unmittelbar der Bestie Krieg ausgeliefert sind, sicher eine kleineres Übel – gleichwohl ein Übel, mit dem man umgehen muss. Damit es im kommenden Herbst und Winter nicht zu sozialen Flächenbränden kommt, ist kluges und weitsichtiges Handeln vonnöten – zumal die Corona-Pandemie ebenfalls noch nicht besiegt ist. Es gibt sie jetzt schon, die Propheten, die das Kommende sehen und mahnen und warnen. Sie ereilt aber wohl das Schicksal aller Propheten die wahr sagen, während die Menschen das Wahre, das die eigenen Bequemlichkeiten und Gewohnheiten in Frage stellt, nicht hören wollen und deshalb die, die wahr sagen, zum Schweigen bringen möchten. Heute toben durch die sozialen Medien Shitstorms; in jenen Zeiten, in denen die erste Lesung vom 20. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres C zu verorten ist, warf man die Propheten in den Dreck – so auch den Propheten Jeremia:

In jenen Tagen sagten die Beamten zum König: Jeremía muss getötet werden, denn er lähmt die Hände der Krieger, die in dieser Stadt übrig geblieben sind, und die Hände des ganzen Volkes, wenn er solche Worte zu ihnen redet. Denn dieser Mann sucht nicht Heil für dieses Volk, sondern Unheil. Der König Zidkíja erwiderte: Siehe, er ist in eurer Hand; denn der König vermag nichts gegen euch. Da ergriffen sie Jeremía und warfen ihn in die Zisterne des Königssohns Malkíja, die sich im Wachhof befand; man ließ ihn an Stricken hinunter. In der Zisterne war kein Wasser, sondern nur Schlamm und Jeremía sank in den Schlamm. Jeremia 38,4-6


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kath 2:30 Dies DominiWas waren das für Zeiten, in denen man die Ferien ersehnt und sich auf den verdienten Urlaub vorbereitete. Die Fahrt zu Flughafen, Einchecken und beim Abheben schon die Seele baumeln lassen. Und jetzt das: Chaos an den Flughäfen, gecancelte Flüge, Stress am Check-in. Wer vom Strand in Dubai träumte, findet sich gestrandet in Düsseldorf wieder. Natürlich zeigen sich viele überrascht, wie das passieren konnte: Die Ferien kamen wieder einmal völlig unerwartet. Was glauben Sie denn?

Der Weg ist eben nicht das Ziel. Im Gegenteil: Mancher Weg entpuppt sich als Sackgasse oder als Kreisverkehr, der an gar kein Ziel führt. Tatsächlich hätte man vorausschauend planen und entsprechende Ressourcen bereitstellen müssen. Wenn die denn da wären. Jetzt erlebt die Gesellschaft unter anderem die realen Folgen der Corona-Pandemie: Die Lockdowns der Vergangenheit haben dazu geführt, dass sich viele beruflich umorientiert haben. Außerdem deuten die bleibend hohen Inzidenzwerte auf einen wahrscheinlich hohen Krankenstand hin. So muss die Wuppertaler Stadtsparkasse in diesen Tagen wegen des hohen Krankenstandes mehr als die Hälfte ihrer Filialen schließen. Der Lockdown ist Geschichte, also muss geschlossen werden! Der Höhenflug der vermeintlich wiedererlangten Freiheit und die aus Vor-Corona-Zeiten stammende Gewohnheit, der im Großen und Ganzen reibungslosen Verfügbarkeit personeller und materieller Ressourcen, erlebt einen harten Aufprall in der tatsächlichen Wirklichkeit. Das Recht auf individuelle Freiheit erfährt die Grenzen der faktischen Wirklichkeit.


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kath 2:30 Dies DominiDie Freiheit ist billig geworden. Wenigstens scheint es so, wenn man die Diskussion um die Corona-Pandemie verfolgt. Deren Ende wird mit „Freedom Days“ gefeiert. Dann fallen die Masken, man verzichtet wieder auf Abstand (hoffentlich nicht auch auf den Anstand) und braucht endlich nicht mehr Hände waschen. Für manch einen scheinen das der bisher größte Freiheitsentzug des Lebens gewesen zu sein. Sicher: die Lockdowns haben vor allem für die Kreativen und Gastronomen herbe Einschränkungen und Verluste mit sich gebracht. Trotzdem konnte man sich frei bewegen, reden, seine Meinung äußern und sich – gerichtlich festgestellt – frei versammeln. Schon die kleinste Vorschrift, die zum gegenseitigen Schutz erlassen wurde, brachte aber bei manchen ein großes Protestbedürfnis zum Vorschein, das freilich frei und ungezwungen zum Ausdruck gebracht wurde. Was glauben Sie denn?

Viele erwarten jedenfalls die viel beschworene „Rückkehr zur Normalität“. Zwar weiß niemand so genau, wie „Normalität“ definiert ist. Sicher ist nur, dass man seine Freiheit wiederhaben möchte. Die Freiheit scheint eine Art Besitz geworden zu sein. Deshalb monieren ja viele, man hätte ihnen in den pandemischen Zeiten etwas gestohlen, was jetzt wieder restituiert, also wiederhergestellt werden soll. Dabei wird gerne übersehen, dass Vergangenes nicht wiederkommt. Wir können die Vergangenheit nicht wiederherstellen. Die, die am lautesten nach der Wiederherstellung ihrer geraubten Freiheit rufen, vergessen, dass etwas, das in den Dimensionen von Raum und Zeit im wahrsten Sinn des Wortes vergangen ist, nicht wiedererlangt werden kann. Es wird nicht mehr werden, wie früher. Nie mehr. Ist also alles verloren? Wurde die alte Freiheit wirklich geraubt?


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kath 2:30 Dies DominiWenn Kühe nach einem langen Winter im Stall wieder auf die Weide dürfen, ist oft kein Halten mehr. Da ist ein Springen und Hüpfen, eine Rennen und Stoßen. Die Freude über die Freiheit, den Duft des Grases, das Leben an sich … all das kann man auch in diesen Tagen nach einem langen Lockdown erleben, als die Menschen wieder auf die gepflasterten Straßen und Plätze in die Außengastronomie stürmten. Ist das ein Jauchzen und eine Freude, die ausgezehrten Gestalten wieder an den jenen Tischen zu beobachten, die Leib und Seele allein im Stande sind zu nähren. Was ist da schon das Manna in der Wüste, was Wasser aus dem Felsen? Der Himmel auf Erden ist in der Außengastronomie! Was glauben Sie denn?

Wie so oft im Leben sieht man die, die im Licht stehen und die frühsommerliche Sonne genießen können. Die im Dunkeln aber sieht man nicht. Während sich die vielen Gerüchte um eine vermeintliche Coronadiktatur als offenkundig falsch erwiesen haben (wer hätte das gedacht?), gibt es allein in Wuppertal nach wie vor gut 50.000 Menschen, die als Regelleistungsberechtigte Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld beziehen. Jedem siebten Wuppertaler dürften damit die Mittel fehlen, die wiedergewonnenen Möglichkeiten zu genießen. Für sie ist es – Lockdown hin, Lockdown her – eine Normalität, zu der sie nicht zurückkehren brauchen, weil sie sie nie verlassen haben. Ist das normal in Wuppertal, der Stadt eines Friedrich Engels, Adolph Kolping und Johann Gregor Breuer?


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kath 2:30 Dies DominiDas Paradies – eine Utopie, ein Nicht-Ort, ein sehnsuchtsvoll erstrebter Zustand der Nichtverantwortung. Menschen zu allen Zeiten träumen von diesem Urzustand vollkommenen Glücks. In der abendländischen Tradition ist sicher jenes orientalische Bild vom Garten Eden prägend geworden, in den der Mensch hineingeschaffen wird – und doch nicht glücklich sein kann. Ihm fehlt das Gegenüber. Einsamkeit ist nicht paradiesisch. Im Gegenteil: Ohne Begegnung erscheint selbst ein Paradies als Ort des Mangels. Wo soll er hingehen in einem Paradies im Lockdown? Was glauben Sie denn?


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kath 2:30 Dies DominiDies domini – Vierter Fastensonntag, Lesejahr B

Die Nacht ist wahrheitstauglich. Wenn der Sinn äußeren Sehens behindert ist, schärfen sich nicht nur die anderen Sinne. Man hört und riecht nicht nur besser, der Tastsinn ist nicht nur sensibler; der Verlust der Macht der Bilder, die die Aufmerksamkeit im hellen Taglicht absorbiert und nur allzu oft zu Fehlschlüssen verleitet, macht den Geist frei für das innere Sehen. Es ist schon bemerkenswert, wie oft in der Bibel erwähnt wird, dass es Nacht ist. Schon die Schöpfung beginnt mit der Nacht, heißt es doch:

Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag. (Genesis 1,3-5)

Die Nacht gebiert den Tag. Die Nacht ist schöpferisch. Das Licht wird aus dem Dunkel erschaffen. Es wundert daher nicht, dass viele bedeutende Ereignisse mit der Nacht verbunden sind. Die Befreiung Israels aus Ägypten beginnt nächtens (vgl. Exodus 2,6-8), es wird Nacht sein, wenn Jesus mit den Seinen das letzte Abendmahl halten wird und das Heilsgeschehen seinen Lauf nimmt und es ist der Schutz der Nacht, in dem Leben aus dem Tod geschieht. Die Nacht ist der Ort der Offenbarung, wenn keine irdischen Bilder den Geist ablenken und stören. Die Nacht ist der Ort der Erkenntnis und der Einsicht.


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kath 2:30 Dies DominiKann man fasten, wenn der Verzicht zur Normalität geworden ist? Die Corona-Pandemie hält weiter an. Das Land befindet sich im zweiten Lockdown. Gastronomie und Einzelhandel – alles geschlossen. Kultur und Schulen – alles dicht. Die Fastenangebote der letzten Jahre erscheinen da als reiner Luxus. Erinnern Sie sich noch, wie da zu Heilfasten, Autofasten und Digitalfasten aufgerufen wurde? Das alles erscheint in Zeiten, in denen die Restaurants geschlossen haben, Fernreisen virusbedingt nicht angesagt sind und die digitale Kommunikation das Gebot der Stunde ist, unwirklich. Im Überfluss lässt es sich leicht fasten. Aber wenn der Verzicht nicht mehr freiwillig, sondern allgemein verordnet ist, dann kann man mit Fasten niemanden beeindrucken. Es ist ja nichts Besonderes mehr. Ist dieser Verzicht womöglich die neue Normalität, von der so viel gesprochen wird? Was glauben Sie denn?


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kath 2:30 Dies DominiDie domini – 6. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Der moderne Mensch hat das Warten verlernt. Alles muss schnell wieder so funktionieren, wie er es gewohnt ist. Bestenfalls sind kleine Variationen der vermeintlichen Normalität gewünscht – kleine, feine Dissonanzen, die dem Alltag Würze geben, den gewohnten Trott aber nicht allzu sehr stören. Die Normalität an sich aber soll im Großen und Ganzen fortdauern. Jede größere Veränderung aber bedeutet eine Störung dieses grauen Grundrauschens wohlständiger Behäbigkeit. Der Wahlspruch des modernen Menschen westlicher Prägung lautet deshalb „Bitte nicht stören!“. Kommen da Menschen, die vor Krieg im Nahen Osten oder Dürrekatastrophen in Afrika fliehen – „Bitte nicht stören!“. Auftauender Permafrost, schmelzende Gletscher und die Ausbreitung von Wüsten führen vor Augen, dass der Klimawandel längst kein schleichender Prozess mehr ist – „Bitte nicht stören!“. Ein kleines Virus verursacht eine Pandemie, die Leben nimmt, Leben erschwert, Leben bedroht – „Bitte nicht stören!“. Solange ich nicht betroffen bin, möchte ich – bittschön! – nicht gestört werden! – das ist die Maxime des modernen Menschen westlicher Prägung. Der kognitive Aktionsradius endet am eigenen Gartenzaun. Dahinter liegen fremde, andere Welten, die einen nichts angehen. Dass aber schon der Samen des Unkrauts aus der Nachbarschaft vor den Grenzen des eigenen Gartens keinen Halt macht, dürfte schon Menetekel genug sein, dass die zwischenmenschlichen Vernetzungen selbst bei größtem Unwillen nicht zu leugnen sind. Da hilft auch kein Gezeter am Maschendrahtzaun, der Nachbar möge doch bitte sein Unkraut selbst vernichten!

Die Befindlichkeiten des gemeinen Menschen westlicher Prägung aber sind stärker. Krisen haben lösbar zu sein – und zwar stante pede! Sofort! Man möchte schließlich nicht gestört werden, in seinem Stammkaffee den gewohnten Koffeindrink zu sich nehmen, sich im Kino die Zeit vertreiben und endlich wieder dem gewohnten Trott nachgehen. Aber dann kam Corona …


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kath 2:30 Dies DominiDie Pandemie ist abstrakt. Sie erscheint als Spiel von Zahlen und Variablen. R-Werte,  Exponentielles Wachstum, Inzidenzen, Viruslasten, Übersterblichkeiten – die Pandemie ereignet sich in Zahlen, Tabellen und Statistiken. Bereits in den Frühnachrichten im Radio wird man mit den neuesten Tageswerten der lokalen Pandemiesituation geweckt. Zahlen machen eine Pandemie begreifbar – glauben jedenfalls manche. Was glauben Sie denn?

In der Corona-Pandemie ist mathematisches Wissen hilfreich, um das Infektionsgeschehen erfassen und bewerten zu können. Sinkende Werte der Virusreproduktion (der R-Wert) sind an sich gut, aber nicht immer positiv. Alles, was über „1“ ist, ist eigentlich negativ, weil das ein exponentielles Wachstum bedeuten würde. Wenn ein Infizierter mehr als eine Person ansteckt, steigt die Infektion. Erst wenn der Wert unter „1“ ist, kann sich die Situation entspannen – und das um so schneller, je weiter der Wert unter „1“ ist.


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kath 2:30 Dies DominiDie Pandemie macht das Selbstverständliche zum Außergewöhnlichen. Der Espresso im Lieblingseiscafé, die herzlichen Begrüßungen, die Familienfeiern – was selbstverständlich war, ist mittlerweile nicht nur außergewöhnlich, sondern vieles sogar unmöglich geworden.

An das Selbstverständliche gewöhnt man sich schnell. Freiheit, Reisen, Gesundheit – all das ist für die gewöhnlich, die genug davon haben. Erst wenn es knapp wird mit der Freiheit, den Möglichkeiten zu reisen oder der Mensch erkrankt, wird das Selbstverständliche zum Besonderen. Das gehört für viele, die immer schon am Rand der Gesellschaft stehen, zum Selbstverständlichen ihres Lebens. Wer von Grundsicherung oder Hartz IV lebt, freut sich schon über den Kaffee beim Stadtspaziergang, für den man vorher die letzten Cent zusammenkramen muss. Was für die einen selbstverständlich ist, ist für viele jetzt schon außergewöhnlich. Was glauben Sie denn?


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