Dies Domini – 26. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B
Langsam sickert es in das Bewusstsein vieler Glaubender. Wer, wie der Autor dieser Zeilen, im Auftrag des Herrn auf der Straße unterwegs ist, ahnt es schon lange: die behauptete Sehnsucht der Menschen nach Gott ist ein frommer Wunsch. Ja, es gibt die Menschen, die nach Sinn suchen – aber nicht alle tun das. Mittlerweile ist auch die Pastoraltheologie wacher in diese Richtung geworden, wie das Buch „Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt. Das Christentum vor der religiösen Indifferenz“ von Jan Loffeld zeigt. Auch manche Beiträge episkopaler Verantwortungsträger auf der jüngsten Versammlung der deutschen Bischöfe im September 2024 deuten einen Wahrnehmungswechsel an. Andererseits zeigen manche Reflexe frommer Gutgläubiger auf so viel ehrlich werdende Weltwahrnehmung, dass man das alles doch nicht wahrhaben möchte. Gott muss doch die große Sehnsucht der Menschen sein – oder nicht? Nein! – möchte man rufen: viele vermissen ihn nicht, fragen nicht nach ihm, suchen ihn auch nicht. Ihnen fehlt nichts. Warum aber regen sich die frommen Gutgläubigen darüber reflexhaft so auf? Warum empfinden sie das offenkundig gottlose Glück vieler säkular lebender Menschen offenkundig als Affront und Kränkung? Sind sie sich ihrer Sache selbst nicht so sicher, wie sie vorgeben? Oder sedieren sie sich mit der Behauptung, die gottlos Glücklichen würden früher oder später schon reumütig suchend zurückkehren, die Verlustängste angesichts der unübersehbar leerer werdenden Kirchen?
Die Behauptung, die Menschen würden letztendlich doch nach Gott suchen, sie wüssten es halt nur nicht, ähnelt dem Verhalten eines Stalkers, der seine kranke Liebe auf ein Gegenüber überträgt, das diese Liebe nicht erwidern kann und will. Die Denkmuster sind ähnlich. Komplementär dazu ist das Streben, man müsse sich, im Fall der Kirche eben die Kirche, nur attraktiver vermarkten, dann würde die Menschheit schon die Liebe wieder lernen. Hier wie dort ist eine selbstverliebte Eitelkeit am Werk, die nicht fähig zu wahrer Liebe ist. Diese selbstverliebte Eitelkeit verbirgt sich auch hinter dem alten Spruch des „extra ecclesiam nulla salus“ (außerhalb der Kirche gibt es kein Heil), das vom Zweiten Vatikanischen Konzil zwar zurück ins Archiv der überholten Heilssätze gestellt wurde, von manchen aber immer noch im Herzen aufbewahrt wird, wie das Bild jener unerwarteten Liebe, die man eben nur genug bedrängen muss, damit sie endlich die Bedürfnisse des liebeskranken Ungeliebten stillt. Liebe ist – bitte schön – exklusiv! Und nur man selbst hat das Recht, geliebt zu werden!
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