Dies Domini – Palmsonntag, Lesejahr C
Das Buch des Lebens ist dem Menschen in sein Antlitz geschrieben. Die feinen Fältchen erzählen von heiterer Gelassenheit, die tieffurchigen Falten hingegen von großer Erfahrung. Das von Furchen durchschichtete Gesicht hat Geschichte. Verantwortung, Not und Leid, Freude und Hoffnung hinterlassen Spuren. Wahrhaftig: Das Antlitz eines Menschen ist ein offenes Buch, das das Leben selbst schrieb und schreibt.
Das Gesicht erzählt viel über einen Menschen. Nicht nur seine Geschichte, auch seine Emotionen verschaffen sich hier Ausdruck. Selbst das Unterbewusste, das schwer Kontrollierbare, findet hier seinen Weg zur Welt. Feinste Regungen teilen sich dem Gegenüber mit. Selbst ein Mensch mit einem hohen Maß an Selbstbeherrschung kann sich dem nicht wirklich widersetzen. Das Innerste des Menschen findet in seinem Gesicht einen Ausdruck. Die Haut ist eben elastisch und zeigt an, was unter ihr ist. Deshalb zeichnen sich gerade die Schrunden und Abgründe der Seele so deutlich auf dem Antlitz ab.
Das Antlitz des Menschen ist in vielerlei Hinsicht sein Tor zur Welt. Augen, Mund und Ohren – diese wichtigsten Kommunikationsorgane des Menschen – sitzen im Gesicht. Mimik und Gestik begleiten das Gesagte und determinieren es ebenso wie der Tonfall der Stimme. Ob das Gesagte auch immer das Gemeinte ist, wird erst durch diese Interpretamente wirklich erkennbar. Wo das geschriebenen Wort bisweilen fragen lässt, welcher Aspekt eines Satzes die eigentliche Betonung trägt, helfen Mimik, Gestik und Tonfall den Angesprochenen, das Gesagte auch im Sinne des Gemeinten zu verstehen. Das Evangelium vom Palmsonntag im Lesejahr C – die Lukaspassion – liefert dafür ein Paradebeispiel. Jesus wird im Hohen Rat verhört. Man sucht dort nach einem todeswürdigen Grund in Jesu Handeln und Reden. Die Anklage lautet auf Gotteslästerei. Dementsprechend fragt man ihn:
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