Dies Domini – 6. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr C/strong>
Es ist wieder Umbruchzeit. Immer dann, wenn das Leben neue Fragen und Herausforderung stellt – und das Leben stellt permanent neue Fragen und Herausforderung – ist Umbruchzeit. In Europa etwa müssen neue Wege gesucht werden, damit der globale Kontinentaldrift nicht auch den alten Kontinent zerreißt. Nationalistische „Ich zuerst“-Denken konkurriert mit einer von Solidarität geprägten Haltung, die weiß, dass Friede nur dann bestehen kann, wenn ein immer neuer Ausgleich zwischen den Reichen und den Armen gelingen kann. Das „Ich“ muss dann bisweilen zurückstehen zugunsten „der Andere“; wer hat gibt dann, weil er weiß, dass er nur so den (sozialen) Frieden bekommen kann, der alleine seinen Besitzstand zu wahren imstande ist. Gegenwärtig aber regiert in vielen europäischen Nationen eine kurzsichtige Gartenzaunmentalität, die übersieht, dass Grenzen zwar notwendige, letztlich aber bloß organisatorische Vereinbarungen von Zuständigkeiten sind; die Geschichte hat hinlänglich bewiesen, dass keine Grenze von ewigem Bestand ist.
Der Umbruch der Gegenwart ist von besonderer Bedeutung, weil er nicht mehr nur periphere Aspekte betrifft. Er ist global. Die von dem amerikanischen Präsidenten angezettelten Handelskriege machen vor keiner Grenze mehr halt. Das fragil austarierte Gleichgewicht ist aus dem Lot geraten. Aber diese Art zwischenmenschlicher Beziehungen ist noch nicht einmal die größte Herausforderung der Gegenwart. Das es um vielmehr als wirtschaftspolitische Fragen geht, zeigt der für jeden klardenkenden Menschen nicht zu leugnende Klimawandel. Das Klima macht vor keiner Grenze halt. Wer jetzt nur „Ich zuerst“ denkt, hat nicht begriffen, dass es mehr denn je auf die soziale Dimension des menschlichen Existentials ankommt: Nur wenn sich die Menschheit als Ganzes diesen zu einem großen Teil selbstverursachten Herausforderungen stellt, wird sie eine gute Zukunft haben. Das ist keine Dunkelmalerei. Es ist die Herausforderung der Gegenwart. Der Umbruch besteht in der Notwendigkeit einer echten μετάνοια (gesprochen: metánoia), also eines Umdenkens, dass liebgewordene aber letztlich bloß scheinbar selbstverständliche Gewohnheiten radikal in Frage stellt.
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