Dies domini – Hochfest der Geburt Johannes des Täufers
Der heilige Johannes der Täufer ist einer der wenigen, dessen Festtag sogar einen Sonntag verdrängt und auch einer von nur sehr wenigen, dessen Geburtstag die Kirche feiert, die ja sonst den Todestag bevorzugt. Uns heutigen steht er aber nicht nur auf den ersten Blick etwas quer im Blick: Fellrock, sehr magere Kost, radikale Reden und unbekömmliche Lebensweise in der Wüste: eher nicht als Vorbild geeignet. Auch eigentlich nicht so richtig anziehend: wahrscheinlich nicht sehr reinlich und jedenfalls von einer Ernsthaftigkeit und Kompromisslosigkeit des Redens, dass wir ihn heute eher als apokalyptischen Spinner in die Ecke stellten, als uns ernsthaft mit seinen „Rufen aus der Wüste“ auseinanderzusetzen. Zwar geht von ihm auch eine gewisse Faszination des radikal anderen Lebensentwurfs aus, aber seine Forderungen zu befolgen, kommt uns heute eher nicht in den Sinn. Die Kirche konfrontiert uns an diesem Sonntag auch nicht so sehr mit seinen Worten, sondern mit dem, was andere, z.B. Paulus, aus ihm gemacht haben:
„Als Johannes aber seinen Lauf vollendet hatte, sagte er: Ich bin nicht der, für den Ihr mich haltet; aber seht, nach mir kommt einer, dem die Sandalen von den Füßen zu lösen ich nicht wert bin.“ (Apg 13,25)
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Dies Domini – 2. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Ein Spielzug in drei Stationen brachte den Sieg. Toni Kroos passt auf der Höhe der Mittellinie auf André Schürrle. Der läuft an der linken Seitenauslinie bis auf Strafraumhöhe und flankt den Ball gekonnt durch zwei argentinische Abwehrspieler in den Strafraum. Dort hatte sich Mario Götze, den eigentlich unerwartbaren Ball antizipierend in Position gebracht, legt ihn sich mit der Brust auf den linken Fuß und spitzelt den Ball an Torwart Romero vorbei ins Tor. „Der kommt an … Mach ihn, mach ihn … und er macht ihn“ – überschlägt sich der Kommentator. 1:0 gewinnt die Nationalmannschaft Deutschlands das WM-Finale 2016 gegen Argentinien, weil der eine nicht nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war, sondern auch das Richtige tat. Es ist die Fähigkeit zur Antizipation, die den Unterschied macht.
Wer die Fähigkeit der Antizipation besitzt, erkennt Dinge, die sich noch nicht ereignet haben; er erkennt Wege, die anderen noch verschlossen erscheinen; er nimmt wahr, was vielen verborgen bleibt. In diesem Sinn kann der Antizipator nie Agnostiker sein, denn er sieht hinter das bloß sinnlich Wahrnehmbare. Erfahrung und Intuition hingegen schärfen seinen Blick für die Tiefe des Seienden, das auf der Oberfläche des Materiellen bloß ist, während das eigentliche Wesen des oberflächlich Wahrnehmbaren wesentlich tiefer reicht.
Genau das ist die Haltung des Glaubens. Der Volksmund spricht vorlaut davon, dass Glauben nicht Wissen sei. Das ist vorschnell gesagt. Der Glaube kann ja nicht gegen das Wissbare stehen. Der Glaube setzt das Wissbare voraus. Das Wissbare ist der Grund, hinter den der Glaube blickt. Echter Glaube bedient sich dabei nicht eigener Wünsche und Illusionen, Befindlichkeiten und Begierden. Im Gegenteil! Echter und fester Glaube ist das Ergebnis vernünftiger, logischer Reflexion. Nicht ohne Grund erinnert Paulus die Korinther:
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Dies Domini – Fest Taufe des Herrn, Lesejahr A
Jahresrückblicke jedweden Genres eignet häufig die Dynamik von Diaabenden, mit denen in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts völlig neue Dimensionen des Phänomens der Langeweile erschlossen wurden. Man führte den eingeladenen Gästen meist die Fotos des letzten Urlaubs vor, Erinnerungen bestenfalls von Wert für diejenigen, die selbst dabei waren, deren wirkliche Tiefe aber durch das Betrachten laienhafter Knipsereien meist nicht wirklich reaktiviert wurden; für diejenigen aber, die das Erleben des blaustichig Konservierten nicht teilten meist nur eine Prüfung in Demut und Geduld in der Gewissheit, dass auch der längste Dia-Abend sein Ende finden wird. Diaabende, das war kultivierte Langeweile, die die Kreativität beflügelten, Ausreden zu finden, man auf entsprechende Einladungen entgegnen konnte.
Jahresrückblicke teilen das Schicksal postmoderner Diaabende – meist aber in didaktisch reziproker Weise. Während der Dia-Abend meist das Lob vergangener Erlebnisse und Heldentaten verkündete, neigen Jahresrückblicke nicht selten dazu, rückschauend Missstände und –verhältnisse aufzuführen, um dann daraus eine moralischen Apell zu formulieren. Viele gesellschaftliche und kirchliche Jahresrückblicke sahen deshalb das Jahr 2016 als Menetekel. Schockiert stellt man fest, dass zahlreiche Prominente in diesem Jahr durch das Tor des Todes in die Ewigkeit schritten – angefangen von David Bowie über Götz George, Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher und Guido Westerwelle bis hin zu Leonhard Cohen. Die angestimmte Klage über dieses Massensterben Prominenter in den 16er Jahren lässt fragen, ob man der Ansicht war, dass Prominenten das Schicksal der Sterblichkeit ansonsten erspart geblieben war. Wahrscheinlich war auch daran wieder Merkel schuld, wie überhaupt die Bundeskanzlerin für jedes und alles Ungemach verantwortlich gemacht wurde – jedenfalls wenn man den vielen Hatern und Hasskommentatoren, die schneller tippen als denken können und darin noch Lucky Luke überlegen sind, der immerhin schneller als sein Schatten schießen kann. Auch das war ein Thema in den Jahresrückblicken: Hass und Unmut in dem, was euphemistische „soziale Netzwerke“ genannt wird. Über allem aber liegt der Schatten des feigen Mordes vom Breidscheidplatz wenige Tage vor Weihnachten, als ein extremistischer und radikalisierter Anhänger des Islam einen LKW in friedfertige und arglosen Menschen lenkte. Die Appelle ergaben sich da von selbst: Fürchtet euch nicht! rief man engelsgleich von Kanzeln, während andernorts staatstragend davon die Rede war, dass man nun Ruhe bewahren und Härte zeigen müsse.
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Dies Domini – 3. Adventssonntag, Lesejahr C
Der Wind ist ein Meister der Wahrheit. Wo er den Staub verweht, tritt Verborgenes zutage. Die Aerosole und Kleinstsandpartikel die er mitführt, erodieren selbst härteste Felsen. Wie Wasser formt auch der Wind Landschaften. Wasser und Wind sind so schöpfungskräftig wie wahrheitsmächtig. Die Sonne kann nur bescheinen, was Wind und Wasser freigelegt haben.
Die Macht des Windes kann fast zärtlich sein, wenn er als Brise Haut und Haar fast streichelt. Als Sturm entfaltet er aber ach ungeheure Energien, vor denen sich die Zaudernden verzagt zurückziehen. Wer immer seine Nase in den Wind hebt, darf sich jedenfalls nicht wundern, wenn der Wind sie umweht.
Der Wind ist ein Meister der Wahrheit. Er legt das Verborgenen offen – manchmal mit der Kraft des Sturmes; manchmal aber auch mit dem bloßen Hauch, der die Spreu vom Weizen trennt.
Der moderne Mensch kann dieses Bild nur schwer verstehen. Die modernen Erntetechniken brauchen die sanfte Macht des Windes nicht mehr, die Friedrich Hölderlin noch vor Augen gehabt haben muss, wenn er in seinem dem Landgrafen von Homburg gewidmetem Gedicht „Patmos“ den Vorgang der Korngewinnung in lyrische Verse fasst:
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Dies Domini – Dritter Adventssonntag, Lesejahr A
Vor ein paar Wochen fanden in unseren Gemeinden Pfarrgemeinderatswahlen statt. Und ich habe mich engagiert und zur Wahl gestellt, natürlich nicht, ohne vorher abzuwägen, ob sich das lohnt. Das? Ja, das. Lohnt sich der Aufwand, lohnen sich all‘ die verplanten Abende und Wochenenden, und das neben Familie, Haushalt und Job? Nicht nur für mich persönlich, sondern generell: Ist es das wert, die Sache mit der Kirche und dem Christentum, dass man sich engagiert, auch heute noch? Da können einem ja schon manchmal Zweifel kommen bei den Ereignissen der letzten Zeit, selbst wenn man der Kirche gegenüber eigenlich eher wohlgesonnen ist.
„Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?“
Diese Frage des Johannes eröffnet das Evangelium des Dritten Adventssonntages des Lesejahres A. Johannes sitzt zu diesem Zeitpunkt im Gefängnis, verhaftet, kaltgestellt. Er hatte sich mit König Herodes angelegt, weil dieser die Frau seine Bruders Philippus geheiratet hatte, so weiß es der Evangelist Markus zu berichten. Das Ende dieser Geschichte kennen wir: Johannes wird geköpft.
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Mit dem Fest „Taufe des Herrn“ endet die Weihnachtszeit. Bis zur Liturgiereform währte diese Zeit 40 Tage bis zum 2. Februar, dem Fest „Darstellung des Herrn“ – im Volksmund auch „Mariä Lichtmess“ genannt. Jetzt bildet das Fest „Taufe des Herrn“ den Abschluss und führt eröffnet gleichzeitig den Jahreskreis, denn der kommende Sonntag wird der 2. Sonntag im Jahreskreis sein. Man könnte das Fest „Taufe des Herrn“ fast als „Schwellenfest“ bezeichnen. In diesem Fest sind Weihnachten und Alltagszeit eben scharft voneinander getrennt, sondern miteinander verbunden. Die Menschwerdung Gottes, diese Identifikation Gottes mit uns Menschen, ereignet sich eben, oder besser gerade im Alltag.
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Taufe des Herrn – Lesejahr C
Lukas berichtet im Sonntagsevangelium (Lk 3, 15-16; 21-22) dieser Woche von der Taufe des Herrn und schon seine erste Bemerkung lässt aufhorchen: „Das Volk war voll Erwartung“. Wie würde ein Evangelist in unserer Zeit wohl die Stimmung der Bevölkerung oder auch nur die der Christenheit beschreiben? Sind wir „voll Erwartung“? Sicher, beim Jahrtausendwechsel gab es einige Spekulationen und ein bisschen Spannung, was wohl auf uns zukommt, aber eigentlich doch hauptsächlich wegen des Milleniumproblems unserer Computer. Sicher auch, wir denken an Klimaerwärmung und Terrordrohungen: Was mag da noch auf uns zukommen? Aber sonst? Sind wir „voll Erwartung“?
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