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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 4. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B

Starke Worte sind oft einsilbig in der deutschen Sprache. Herr, Gott, gut – Lust, Last, Leid – Kampf, Hass, Mut. Bereits wenige Buchstaben wecken den affektiven Impuls. Es sind Worte, die eine Haltung, Zustimmung oder Widerstand erfordern. Kurz und knapp lösen sie eine Kette von Assoziationen aus, eine innere Interaktion. Es sind Worte der Leidenschaft, die mit nur einem Vokal und ein paar Konsonanten fast archaisch daher kommen. Aber so unkomplex ihre Phonetik ist, so komplex ist doch ihre Wirkung. Ein Wort, ja eine Silbe genügt, um die Dinge zurecht zu rücken, die Sicht auf die Welt zu verändern und die Emotionen zu schüren. Lob, Huld, hold, schlecht, arg, krank – Welten und Stimmungen eröffnen sich mit der Macht eines einzigen kurzes Lautes.

„Macht“ ist auch so ein Wort, das der Sphäre der Einsilbigen angehört. Die Haltung zu diesem Wort ist ambivalent. Es wird allgemein als ungehörig empfunden, wenn jemand offen nach Macht strebt. Gleichwohl ist Macht notwendig, um Dinge in Bewegung zu setzen. Kaum einer brüstet sich damit, Macht zu haben. Im Gegenteil bescheiden sich selbst Entscheidungsträger in der Regel eine charakterliche Demut und weisen den Besitz von Macht von sich. So berichtet das Kölner Domradio über den Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki:

„Mit Vokabeln wie ‚Beliebtheit‘ oder ‚Macht‘ habe er [der Kölner Erzbischof] so seine Schwierigkeiten. Natürlich habe er Entscheidungskompetenz und müsse die gerade auch in Kernbereichen geltend machen, räumte Woelki ein und verwies auf Gegenwind, den er bereits mit einigen Beschlüssen ausgelöst habe. Generell bekennt er sich aber zu einem ‚partizipativen Leitungsstil‘, um möglichst viele Leute mitzunehmen. ‚Ich habe bisher keine Entscheidung treffen müssen, die nicht von der Mehrheit der Beratungsgremien mitgetragen wurde.'“ (Quelle: domradio.de, 22.4.2015)

Die Bescheidenheit schmeichelt dem Publikum, das solche Äußerungen gerne hört. Und in der Tat: Entscheidungsträger, die sich in ihrer Macht selbst bescheiden, wissend, dass sie die Entscheidung doch treffen müssen, erweisen sich als  weise. Was nützte ihre Macht, wenn sie die Herzen der Menschen nicht gewinnen. Der Mächtige, der sich an seiner Macht berauscht, wird zum Diktator, dessen Tyrannei auf Hass und Angst gründet. Seine Macht wird zum Fluch. Die Macht derer, die sie in aller Demut und Bescheidenheit ertragen, kann hingegen zum Segen werden, wenn man sie annimmt wie eine Leihgabe und nicht wie einen Besitz. Genau daran muss sich Pilatus erinnern lassen, der Jesus mit seiner Macht über dessen Leben und Tod einschüchtern will, dabei aber nur seine eigene Ängstlichkeit kaschieren möchte:


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 2. Sonntag der Osterzeit/Weißer Sonntag, Lesejahr B

Atheisten und fromme Christen sind sich selten einig. Da verwundert es schon, dass ausgerechnet das Wunder sie zu Brüdern im Geiste ein, denn beide brauchen das Wunder: Diese, um einen greifbaren Beweis für das zu haben, was sie glauben, einen Beweis, der den Zweifel zum Schweigen bringt; jene, damit sie einen Beweis für ihre Zweifel haben, denn das Übernatürliche widerspricht doch offenkundig der Vernunft und den Naturgesetzen. Die Seelen beider ringen nach Bestätigung. Wie die Königskinder können sie aber nicht zueinander finden. Die Macht des Zweifels trennt sie, da die einen den Zweifel nicht ertragen können, während die anderen den Zweifel als Argument und nicht als Triebfeder der Erkenntnis benutzen. Ihr Bekenntnis lautet: Was angezweifelt werden kann, kann nicht wahr sein. Und so hallt die faustische Klage auch in der Gegenwart durch die Welt:

Was sucht ihr, mächtig und gelind,
Ihr Himmelstöne, mich am Staube?
Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;
das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Zu jenen Sphären wag ich nicht zu streben,
woher die holde Nachricht tönt;
und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt,
ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben. (Johann Wolfgang von Goethe, Faust I, VV. 762-770)

Anlass des faustische Seufzers ist der Klang einer Glocke, die in der Osternacht die Auferstehung Christi verkündet. Faust aber sitzt in seinem Studierzimmer und sucht nach der Wahrheit hinter den Dingen, nach meta-physischer Erkenntnis. Von ferne hört er dort den tröstlichen Ostergesang, der den Tod nicht verleugnet und gerade deshalb die Auferstehung verkündet.

Dass Tote wieder leben, ist in der Tat mit gesundem Menschenverstand wohl kaum zu begreifen. Das ist gegen die Natur. Tot  ist tot! Daran gibt es doch keinen Zweifel.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Palmsonntag, Lesejahr B

Plärrend laut ist das Gekreisch der Ereignisdeuter in diesen Tagen. Man kann sich der Kakophonie selbsternannter Experten kaum entziehen. Man weiß auch Tage nach der Katastrophe des Absturzes einer Germanwings-Maschine in den französischen Alpen nur wenig. 150 Menschen sind ums Leben gekommen. Der Pilot hat kurz das Cockpit verlassen und konnte nicht zurückkehren, weil die Tür verschlossen blieb. Viele der Toten kommen aus Deutschland, 18 Verstorbene werden alleine in der kleinen westfälischen Stadt Haltern betrauert – eine halbe Schulklasse wurde hier aus dem Leben gerissen. Auch nach zahlreichen ARD-Brennpunkten und ZDF-Spezialsendungen, Interviews mit sogenannten Experten in Radio und Presse weiß man immer noch nicht mehr. Und doch schwillt das Stimmengewirr immer wieder an. Jede noch so kleine Mitteilung wird – ungeachtet ihres Wahrheitsgehaltes – zum Anlass für neue Spekulationen. Es scheint fast so, als seien manche Nachrichtenmacher von heute mehr Spekulanten als Informanten. Emotion scheint vor Information zu gehen. Betroffenheit sells! Und um die Wahrheit ist es geschehen.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Fünfter Fastensonntag, Lesejahr B

Im heutigen Sonntagsevangelium spricht der Herr den großen Satz:

„Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.“  (Joh 12,23)

Welcher Anspruch spricht aus diesem Wort. Der so schmählich gescheiterte Christus, verspottet, verlassen und ermordet – von Gott im Stich gelassen, der will alle an sich ziehen?  Also nicht der nachösterliche, auferstandene und verherrlichte Gottessohn, sondern gerade das Gegenteil, der machtlose Leidensknecht? Hier verdeutlicht Johannes mit einem mythologischen Bild das Untere als den Ort des Herrschers der Welt, des Bösen, der aber schon gerichtet ist, weil Christus alle an sich, an sein Kreuz und weiter in sein Heil und seine Gottesherrschaft zieht. An die Stelle der versklavenden Herrschaft des Bösen ist die befreiende Herrschaft Christi getreten (Joachim Gnilka). Und hier liegt der Kern auch für unser heutiges Verständnis: nicht Macht und Sklaverei, sondern Freiheit und Liebe werden das letzte Wort behalten und gerade in seiner vollkommenen äußeren Machtlosigkeit verkörpert sich die umfassende Herrschaft des Gottesreiches: nicht durch Unterdrückung, durch Gebote und Gewalt, sondern durch Hinwendung und liebevolles „Ansichziehen“.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Vierter Fastensonntag, Lesejahr B

Der digitale Stammtisch der sozialen Netzwerke ist nicht der beste Ort, um das Innerste der eigenen Seele zu offenbaren. Die Vertrautheit der kleinen Stammtischwelt barg früher immerhin die Chance, dass sich manche nebulöse Halbwahrheit und vorschnelle Parole im bierseligen Dunst verflüchtigte und das Tageslicht erst gar nicht erblickte. Der Raum war oft so klein wie die Gedanken, die darin geäußert wurden und sie blieben dort, schadeten meistens niemandem und hatten im besten Fall einen gewissen Unterhaltungswert, wenn sich die Stammtischbrüder und -schwestern in ihren eigenen Vorurteilen bestätigt selbstgenügsam auf die Schenkel klopfen konnten. Auch eine Gemeinschaft kleiner Geister stärkt das eigene Gemüt. Und im Alltag am nächsten Morgen konnte man unbelastet und höflich ans Tagewerk gehen. Die Spielregeln waren klar, die Münder wie die Herzen offen und die Gedanken frei wie sonst nur selten im Leben. Selbst der krudeste Blödsinn und das vernunftbefreite Vorurteil konnten hier straflos geäußert werden. Die Stammtische der Vergangenheit säuberten die Seelen, sie waren eine Katharsis der Gesellschaft, die so ihren Seelendreck geschützt entsorgen konnte. Der alte Stammtisch war ein Schutzbezirk, der die, die sich um ihn versammelten bisweilen auch vor sich selbst schützte.

Die Welt hat sich weitergedreht, Wissen und Technik sind fortgeschritten – nur der Mensch ist geblieben, was er ist: Ein Wesen voller Vorbehalte und Ängste, die ihn umtreiben und antreiben, die ihm die Ruhe rauben, weil das Leben das ist, was es ist: unsicher. Die Gefahren lauern überall, und vor allem das Fremde ist gefährlich. Unstet treibt es ihn durch die Welt. Sein Innerstes drängt ihn. Allein ihm fehlt ein Ziel, denn die alte Stammtischrunde gibt es nicht mehr. Die rituelle Katharsis des großen Jammerns und Zeterns, der gegenseitigen Selbstvergewisserung und -bestätigung bleibt aus. Dem eichentischernen Schutz beraubt, irren viele nun unbehaust und angstbesetzt durch die Welt. Was raus muss, muss aber raus – sonst zerreißt es den Menschen. Und so findet so mancher Erlösung in den Discus-Foren, Kommentarspalten und Social-Media-Postings der digitalen Welt.

Freilich hat das Internet wenig gemein mit der Vertrautheit der Eckkneipe. Es ist kein geschützter Raum, es ist ein Marktplatz, eine Agora, auf der man seine Botschaften hinausposaunt. Wie in Marmor gemeißelt bleiben sie nun in der Welt und wird wie digitaler Fliegendreck noch in Generationen Zeugnis von einer Diskussionskultur ablegen, in der das Reden das Hören besiegte. Hatern, Trollen und anderen Agitatoren geht es dabei wohl weniger um Sinn, Verstand und Wahrheit. Es werden meist auch keine Argumente benannt. Die Emotion siegt über die Vernunft. Die innere Zerrissenheit braucht ein Ventil. In Ermangelung eines echten Gegenübers, das als Faktum in sich bereits widerständig ist, geht die Aggression ins Leere. Es fehlt die Grenze. Die Katharsis bleibt aus – und so steigert sich manche hashtag-stimulierte Hysterie zu einem Shitstorm im Second Life, die den armen Tropf im First Life, dem wahren Leben nicht nur hilflos und einsam zurücklässt. Weil er sich außerdem auf dem virtuellen Marktplatz echauffiert hat, haben auch alle mitbekommen, wie er denkt. Die Gedanken sind heutzutage nicht mehr frei, sie sind nackt – mit unabsehbaren Konsequenzen. Oh Mensch, würdest du doch wieder dichten und denken, statt in der Timeline des Second Screen eine Welt zu kommentieren, die du doch gar nicht erleben und verstehen kannst, weil du zwischen dich und sie irgendwas mit Medien geschoben hast. Zur Aufrichtigkeit warst du gerufen, der jetzt mit technikinduziertem Nackenschmerz den Kotau vor einem Artefakt des sogenannten Fortschritts macht.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – Dritter Fastensonntag, Lesejahr B

Geld und Kirche – das ist für viele offenkundig ein Widerspruch in sich. In den Köpfen ist ein mächtiges Bild wirksam: Der besitzlose Gottessohn wandert heilend durch das Land und verkündet das Reich Gottes. Er segnet Kinder, erzählt schöne Gleichnisse und wendet sich den Armen zu, denen er, weil er ja selbst besitzlos ist, auch nicht wirklich helfen kann. Dieser Jesus, dessen Schattenbild die Köpfe nicht nur der Frommen besetzt, ist ein eher harmloser Zeitgenosse, so dass rasch die Frage entsteht, warum denn ein so guter Mensch am Kreuz endet. „Wegen der bösen Menschen, die sich über das Gute des guten Menschen ärgern“ – so lautet dann die einfache und ein wenig infantil-naive Antwort, die man immer wieder hört, angefangen vom Religionsunterricht bis zu den Katechesen in Familiengottesdiensten.

Dass das irgendwie unlogisch ist, scheint wenig zu stören. Wer angesichts soviel böswilliger Abwehr des Guten selbst gut sein möchte, muss da schon ziemlich dumm sein. Vielleicht liegt hier der Grund, warum sich das christliche Abendland zu einer veritablen Ellenbogengesellschaft gewandelt hat. Die Verharmlosung Jesu und sein brutales Todesschicksal am Kreuz sind ein guter Nährboden für die Entwicklung von Selbsterhaltungsstrategien: Wenn das harmlos Gute zum Tod führt, dann bedarf das Leben offenkundig anderer Wege …

Selbstgemalte Bilder liegen dem Urheber erfahrungsgemäß fest am Herzen. Sie sind dem eigenen Können entsprungen. Jeder kennt die Schmach, wenn das eigene Werk der kritischen Betrachtung nicht standhält. Der liebe Jesus, der den vielen in vielen Andachtsbildern vor Augen gehalten und von dort in Hirn und Herz getreten ist, ist allerdings nicht der Jesus der Bibel. Aber wer möchte sich das eigene Bild vom fleischgewordenen Wort Gottes durch das Wort Gottes schon korrigieren lassen. Es könnte sich ja möglicherweise herausstellen, dass dieser Jesus gar nicht so naiv-lieb war, wie man ihn gerne hätte. Und wenn er nicht so naiv-lieb war, dann könnte das auch Folgen für die haben, die sich in seiner Nachfolge wähnen …

Man weiß nicht viel über diesen Jesus von Nazareth. Und das Wenige, was man weiß, steht im Neuen Testament. Und manche Frage, die man heute – nicht selten auch polemisch – an die Nachfolger Jesu stellt, beantwortet sich schnell, wenn man weniger vagen Gerüchten, der Oberflächlichkeit des Hören-Sagens oder den eigenen Phantasiewünschen folgte, sondern einfach einen konkreten Blick in die verschriftlichte Überlieferung des Wortes Gottes schauen würde. Und da kommt Erstaunliches zutage.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 3. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

In den Zeiten sozialpädagogischer Ganztagsbetreuung gerät langsam aber sicher in Vergessenheit, was man früher en passant erlernte: das eigene Selbst, das sich in im Spiel mit anderen maß und im Austeilen und Einstecken entdeckte, die eigenen Grenzen kennen lernte und so seinen Platz in der Gemeinschaft fand. Das war nicht immer einfach. Vor allem die Niederlagen schmerzten, waren aber auch eine Lehre. Das Selbstbewusstsein konnte wachsen in diesen Niederlagen. Es entwickelte sich auch eine Frustrationstoleranz, die einen später davor bewahrte, bei kleinen Schwierigkeiten vorschnell die Flinte ins Korn zu werfen. Wie in allen Gruppen gab es auch damals schon diejenigen, die am Rand der Gruppe standen. Hänseleien und Mobbing sind sicher keine Erfindungen der Neuzeit. Die Welt der Erwachsenen aber ließ das Spiel auf dem Platz des Lebens meist gewähren und schritt nur dann ein, wenn die Grenzen von Respekt und Anstand vor allem den Schwachen gegenüber überschritten wurden. Man lernte noch, dass man Schwächere nicht übervorteilt. Man lernte vor allem aber auch, dass man Kontakt aufnehmen musste, wenn man dazu gehören wollte. Von selbst passierte eigentlich nichts. Das Kinderleben war durchaus ein Kampf, aber ein spielerischer. Im Sandkasten lernte man spielerisch das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, mit Tränen und Lachen – und manche Schramme erinnert den Erwachsenen noch heute an diese Lehrzeit, die ihn an seinen heutigen Platz gebracht hat.

Der Spielplatz, das war ein Ort höchst lebendiger Kommunikation. Wer mit wem gerade was machte, musste immer wieder neu ausgehandelt werden. Und im Gewimmel der Kinderstimmen hörte man immer wieder, wie Mütter und Väter die Namen ihrer Kinder riefen. Meist ließ der Tonfall keinen Zweifel daran, dass er ernst gemeint war.  Dem Ruf war Folge zu leisten. Der Tonfall alleine signalisierte schon: Komm! Sofort!


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 2. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Feierabend. Um 16 Uhr ist für viele fast Feierabend. Das Werk des Tages ist vollbracht. Es ist Zeit, zu entspannen und den Blick nach vorne, auf das Wesentliche, das Leben zu richten. In wievielen Arbeitsstätten mag dieser Kalauer hängen: Wir leben nicht, um zu arbeiten, wir arbeiten um zu leben. Eine Erinnerung an die verlorene Kunst der Muße, die die werktätigen Karriereplanerinnen und -planer von heute nicht mehr beherrschen. Selbst die viel beschworene Work-Live-Balance, dieser Euphemismus der modernen Selbstgestalter, ist eine Leistung, die der Mensch erbringen muss. Das Work und Live, Arbeit und Leben gehen nicht ineinander auf. Sie stehen sich gegenüber wie Gegensätze, die in ein Gleichgewicht gebracht werden muss. Verwundern kann das wenig, wenn die Karriere zum Inhalt der eigenen Existenz wird. Nur wer etwas wird, zählt in dieser Welt der Machbarkeit. Das Leben hingegen ist nichts, was man macht. Es ist. So wie der Mensch aus sich heraus etwas ist, ohne erst etwas leisten zu müssen. Die Würde des Menschen ist nichts, was durch Äußerlichkeiten hergestellt werden müsste. Der Mensch besitzt Würde aus sich heraus. Das Menschenbild der Gegenwart droht, diesen Wert zu vergessen. Heutzutage muss man etwas werden, Karriere machen. Der homo faber ist im Begriff den homo sapiens zu verdrängen.

Die ersten Folgen dieser Entwicklung sind bereits zu erkennen. Kürzlich twitterte eine 17jährige Schülerin, sie könne zwar Gedichte interpretieren, wisse aber nichts von Steuern, Miete und Versicherung. Dass man Letzteres nicht lernen kann, weil sich die Halbwertzeiten der Gültigkeiten von Regelungen zunehmend verringern, sei einmal beiseite gelassen. Auch die kalauerhafte Feststellung, die schon Johannes Pfeiffer – richtig, der mit den drei „f“ aus der Feuerzangenbowle – bewegt haben dürfte, was denn die Inhalte des Lehrplanes mit dem Leben zu tun hätten, ist nicht neu. Neu ist hingegen die Reflexhaftigkeit der Reaktion der Gesellschaft, die auf die 140 Zeichen lange, von der alterstypischen Einsichtsfähigkeit einer 17jährigen Anwärterin auf das Abitur gekennzeichneten Nachricht hysterisch die Frage nach dem Sinn schulischer Bildung stellt. Die „Zeit“ etwa stellt ihr einen Großteil ihres teuren redaktionellen Platzes zur Verfügung, die Rektorin der Schule, die das Mädchen besucht, sieht sich zu einer Klarstellung herausgefordert und sogar die nordrhein-westfälische Schulministerin mischt sich ein. Und all das, weil eine 17jährige nicht verstehen kann, was sie als 40jährige vielleicht verstehen wird: Wer die Komplexität von Gedichten verstehen kann, hat dem Umgang mit Sprache gelernt. Der Umgang mit der Sprache ist ein Schlüssel zur Welt – auch zu der Welt von Steuererklärungen, Miet- und Versicherungsverträgen. Die sind zwar selten lyrisch; die Kenntnis der Komplexität von Sprache ist aber hilfreich, den Sinn hinter dem Vertragstext zu erkennen.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 2. Sonntag nach Weihnachten, Lesejahr B

Die Texte dieses Sonntags geben uns wieder eine Vielzahl von Bildern an die Hand, welche uns in sehr schöner und ausgeschmückter Sprache von dem Kommen der Herrlichkeit Gottes in diese Welt, die wir wieder in meist vollen Kirchen in den letzten Tagen feiern durften, berichten.So steht im Zentrum der Lesungen der Johannesprolog:

„Am Anfang war das Wort (…) Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist (…) Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,1-18).

Auf dieses Wort, das in Jesus Christus Fleisch angenommen hat, weist schon der Psalm voraus „Er sendet sein Wort zur Erde“. (Ps 147,15)

Und welche Bedeutung dieses Wort, Jesus Christus, für uns hat, das ist eindrucksvoll im Brief an die Epheser zu lesen:

„Er erleuchte die Augen Eurer Herzen, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid“ (Eph 1,18).

Nun steht aber all dieser Hoffnung, all diesen positiven Beschreibungen, die religiöse Realität im Deutschland des Jahres 2015 entgegen, die in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 29.12.2014 sehr umfassend beschrieben und analysiert wird. Dort heißt es:

„Das Christentum in Deutschland ist ideell bankrott“ und weiter „Kamphaus und Ratzinger, Modernisten und Traditionalisten, eifrige Reformer und eiserne Konservative, sie alle stehen in Deutschland vor einem gemeinsamen Scherbenhaufen“.


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kath 2:30 Dies DominiDies Domini – 32. Sonntag im Jahreskreis/Weihetag der Lateranbasilika, Lesejahr A

Vorbei ist die Zeit, in der man Kathedralen baute. Gekommen ist die Zeit der Eigenheime. Gegangen ist die Zeit, in der Menschen nicht Kosten und Mühen scheuten, um dem Glauben an einen Gott, der den Himmel auf die Erde kommend verließ, in lichtdurchfluteten Hallen Gestalt zu geben. Genaht ist die Sehnsucht nach kuscheliger Gemütlichkeit. Gewichen ist die Generationen übergreifende Opferbereitschaft und Mühsal, die zu schier übermenschlicher Leistung anspornende Kraft eines Glaubens, der noch Jahrhunderte später mit seinen für eine erhoffte Ewigkeit steingewordenen Zeugnissen Staunen hervorruft; gewichen ist sie einer Berufung auf die eigene Glückseligkeit, die sich an der Illusion einer Berufung berauscht, deren Exklusivität sich in der Zugehörigkeit einer immer kleiner werdenden Herde erweist, die sich in frommem Selbstbetrug als heiliger Rest eines einstmals auserwählten Volkes verstehen möchte – und doch nicht kann. Denn die Angst dieser kleinen Herde erweist sich in der Abschottung einer Welt gegenüber, die voller Gefahren für das eigene kleine Glaubensleben ist. My home ist my castle – König ist im Käfig des selbstgebauten Eigenheims selbst der Fromme, der der Welt gegenüber die Rechenschaft für seinen Glauben schuldig bleiben muss; einen Glauben, der eben keine Kathedralen zu schaffen vermag.

Die Welt wartet nicht auf die Kirche – das ist die Erfahrung, die vor kurzem eine Delegation des Dekanates Paderborn bei einem Besuch der Katholischen Citykirche Wuppertal machte. Sie war mit auf die Straße gegangen, wie es üblich für die Katholische Citykirche Wuppertal ist. Wenn die Kirche auf die Straße geht und der Welt begegnet, vergegenwärtigt sie auch heute noch die Erfahrung, die im Johannesprolog fast lapidar zum Ausdruck gebracht wird:

Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. (Johannes 1,10f)

Wer sich in der Nachfolge Jesu, des fleischgewordenen Logos, in die Welt begibt, wird diese Erfahrung teilen. Wer die kuschelige Gemütlichkeit der Kirchenkreise mit gestalteter Mitte verlässt, um mitten unter die Menschen zu gehen, der macht diese urtypische Erfahrung des Logos neu: Die Welt wartet nicht auf die Jüngerinnen und Jünger des Auferstandenen.


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