Jede Zeit kennt ihre eigenen Herausforderungen. Die gegenwärtigen liegen im wahrsten Sinn des Wortes auf der Straße. Das Klima ändert sich – in jeder Hinsicht. Viel Kohlendioxid in der Atmosphäre führt zu dem altbekannten Treibhauseffekt und die Erde erwärmt sich. Das ist in der Erdgeschichte an sich nichts Neues. Neu ist, dass sich die Erwärmung innerhalb weniger Jahrzehnte ereignet. Neu ist auch, dass der Mensch die Erwärmung durch seine Art zu leben, wohl mitverursacht hat – sonst wäre die rasante Erwärmung kaum zu erklären. Vor allem aber ist neu, dass die Menschheit von den klimatischen Veränderungen in bisher kaum bekannter Weise betroffen ist. Kann es da noch Hoffnung geben? Was glauben Sie denn?
Die Menschheitsgeschichte ist geprägt von klimatischen Veränderungen. Nicht selten haben sie zu Wanderungsbewegungen geführt. Große Dürren, sintflutartige Niederschläge, aber auch unwirtliche Kältephasen haben die Menschen genötigt, sich neue Lebensräume zu suchen. Das wird auch jetzt wieder so sein! Wenn durch die globalen Klimaveränderungen ganze Klimazonen unbewohnbar werden, werden sich die Menschen auf den Weg machen und nach neuen Räumen, in denen Leben möglich ist, suchen. Das hat den Menschen in der Geschichte überleben lassen: Seine Fexibilität!
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Dies domini – 20. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Leugnen macht keinen Sinn mehr. Die Fakten liegen auf dem Tisch und sprechen für sich. Es brennt allerorten. Das durch Menschenhandeln veränderte Klima lässt Böden verdorren, Flüsse austrocknen und Wälder brennen. Ein von menschlicher Hand vom Zaun gebrochener Krieg bringt Leid und Tod für die mit sich, die unmittelbar der Gewalt der Aggressoren ausgeliefert sind; Gasknappheit und Inflation betreffen auch weiter vom Kriegsgebiet entfernte Gegenden, sind aber im Vergleich zu den Leiden derer, die unmittelbar der Bestie Krieg ausgeliefert sind, sicher eine kleineres Übel – gleichwohl ein Übel, mit dem man umgehen muss. Damit es im kommenden Herbst und Winter nicht zu sozialen Flächenbränden kommt, ist kluges und weitsichtiges Handeln vonnöten – zumal die Corona-Pandemie ebenfalls noch nicht besiegt ist. Es gibt sie jetzt schon, die Propheten, die das Kommende sehen und mahnen und warnen. Sie ereilt aber wohl das Schicksal aller Propheten die wahr sagen, während die Menschen das Wahre, das die eigenen Bequemlichkeiten und Gewohnheiten in Frage stellt, nicht hören wollen und deshalb die, die wahr sagen, zum Schweigen bringen möchten. Heute toben durch die sozialen Medien Shitstorms; in jenen Zeiten, in denen die erste Lesung vom 20. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres C zu verorten ist, warf man die Propheten in den Dreck – so auch den Propheten Jeremia:
In jenen Tagen sagten die Beamten zum König: Jeremía muss getötet werden, denn er lähmt die Hände der Krieger, die in dieser Stadt übrig geblieben sind, und die Hände des ganzen Volkes, wenn er solche Worte zu ihnen redet. Denn dieser Mann sucht nicht Heil für dieses Volk, sondern Unheil. Der König Zidkíja erwiderte: Siehe, er ist in eurer Hand; denn der König vermag nichts gegen euch. Da ergriffen sie Jeremía und warfen ihn in die Zisterne des Königssohns Malkíja, die sich im Wachhof befand; man ließ ihn an Stricken hinunter. In der Zisterne war kein Wasser, sondern nur Schlamm und Jeremía sank in den Schlamm. Jeremia 38,4-6
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Sophrosyne – so bezeichneten die alten Griechen jene Tugend der Besonnenheit und inneren Gelassenheit, die sich in gesundem Gebrauch des Verstandes und Mäßigung der Begierden ausdrückt. Es scheint allerdings, als seien diese Tugenden aus der Mode gekommen. In Zeiten, wo das einfache Tragen einer Maske zum Schutz anderer manchen schon als massive Einschränkung der Grundrechte erscheint und – Corona hin, Delta her – das Bedürfnis, alles endlich einmal hinter sich zu lassen und mal so richtig Urlaub zu machen, als Ausdruck der Höchstform der Sinnfindung erscheint, steht wohl eher die Pflege eigener Befindlichkeiten im Vordergrund als der Verzicht zum Gelingen des großen Ganzen. Auch wenn schon viele geimpft sind, fordert die Delta-Variante doch ihren Tribut. Und doch erscheint es manchen als unzumutbare Belastung, wenn man aus einem ausländischen Risikogebiet einreist, speziellen Nachweis- und Quarantänepflichten unterliegt. Was glauben Sie denn?
In Zeiten, in denen Emotionen vor Informationen gehen und subjektive Befindlichkeiten objektiven Befunden vorgezogen werden, haben Besonnenheit und Gelassenheit, hat Sophrosyne keine Konjunktur. Konjunktur hingegen ist heutzutage das Maß aller Dinge. Es kann kein Zweifel bestehen, dass eine gesunde Wirtschaft die Basis für Freiheit und Wohlstand sind. Allerdings ist die Frage, ob die Konjunktur grenzenlos sein kann. Die Unwetter der letzten Tage, die Überschwemmungen und Flutwellen, der Stromausfall, die Evakuierung von Alten- und Pflegeheimen, weil die Wasserfluten sich ihren Weg suchten – all das zeigt dem Menschen ebenso die Grenzen auf wie die Hitzesommer der vergangenen Jahre. Der Klimawandel ist längst Realität. Seiner technisch Herr werden zu wollen, wie es manche fordern, wird sicher möglich sein – schafft aber neue Probleme. Jetzt schon stellt der aktuelle Wirtschaftsminister Peter Altmaier fest, dass der Stromverbrauch bis 2035 um mindestens 15% steigen wird. Wenn gleichzeitig der Ausstieg aus einer carbonorientierten und auf Verbrennung basierenden Energiegewinnung bewältigt werden soll, heißt das aber auch, dass Wälder für mehr Windkraftanlage oder – sofern diese im Meer stehen – für Stromtrassen gerodet oder Flächen für Solaranlagen benötigt werden. Jetzt schon verschlingt die Gewinnung von Materialien, die moderne Technik benötigt werden, wie seltene Erden, Lithium und andere Metalle enorme Ressourcen und führt andernorts zu Umweltschäden – die uns, weil fern der Heimat, nur nicht so in den eigenen Befindlichkeiten stören wie eine Windkraftanlage nah beim Haus. Verzicht ist keine Tugend des modernen Menschen. Verzicht aber wäre vonnöten, um die Zukunft lebbar zu halten.
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Dies Domini – Fest der Heiligen Familie/Sonntag in der Weihnachtsoktav, Lesejahr A
Als Gottes Wort die Welt ins Dasein brachte, schuf er als erstes die Zeit. Noch bevor Gewölbe, Himmel und Erde, Pflanzen, Sonne, Mond und Sterne entstehen, schafft er zuerst das Licht, das er von der Finsternis scheidet. Die Finsternis nennt er Nacht, das Licht Tag. So kann es Abend und Morgen werden – der erste Tag. Noch bevor irgendetwas anderes entsteht, Materie oder Raum, ist die Zeit da. Die Zeit ist vor allem anderen da:
Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag. Genesis 1,3-5
Der Wechsel von Dunkelheit und Licht, von Nacht und Tag, bildet einen Rhythmus, aus dem Zeit entsteht. Eine wahrlich meisterhafte Schöpfungstat, denn die Zeit trennt uns Vergängliche von der unvergänglichen Ewigkeit. Die Zeit ist Werden und Vergehen, die Ewigkeit pures Sein in reinster, unvergänglicher und doch hochdynamischer Gegenwart. Die Zeit ist so gewissermaßen die Schwelle, die alles zeitliche Sein von der Ewigkeit trennt. In der Tat: Niemand kann die Zeit zurückdrehen. Sie ist ein stetiges Fortschreiten, ein Werden und Vergehen, irreversibel, aus der Ewigkeit kommend und in die Ewigkeit führend. Niemand, dessen Existenz zeitlich bestimmt ist, kann die Zeit verlassen, um in die Ewigkeit zu schauen. Es mag einige Mystikerinnen und Mystiker geben, denen eine solche Schau wenigstens schemenhaft vergönnt war. Was auch immer sie erfahren haben: Auch den mystisch begabten Zeitlichen ist es nicht gegeben, die richtigen Worte für das zu finden, was ihnen widerfahren ist. So sagt schon Paulus – wahrscheinlich über sich selbst:
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In Wuppertal fallen Bäume. Es ist schon an der Berliner Straße geschehen und am Von-der-Heydt-Platz. Lebendiges und schattenspendendes Grün ist staubigem Grau und sandigem Ocker gewichen. Die Sonne brennt nun unerbittlich auf das Pflaster. Nun soll es auch die Platanen am Döppersberg treffen. Keine Frage – es gibt gute Gründe für die Säge. Die Pilzkrankheit „Massaria“ soll die Platanen am Döppersberg befallen haben – neben architektonischen und bautechnischen Gründen ein Grund mehr, das Grau und Ocker der Stadt um eine weitere Nuance anzureichern. Und natürlich haben die bautechnisch versierten Planer des Döppersberg hier sicher schon weitergedacht: Wo man den Asphalt vor allzu großer Auskühlung schützt und seine Erhitzung fördert, verdunsten Regentropen schließlich bevor sie den Boden erreichen. Das wiederum löst das Problem der nur einen Steinwurf entfernten Undichtigkeit des Daches der Bahnhofs-Mall. Was glauben Sie denn?
Bevor Verschwörungstheoretiker jetzt noch anfangen, an solche Zusammenhänge zu glauben, sei der Hinweis erlaubt, dass das alles natürlich Quatsch ist. Trotzdem zeigt die Reaktion vieler Wuppertalerinnen und Wuppertaler, dass ihnen die Bäume am Herzen liegen. Und das zu Recht! Die Atmosphäre am Von-der-Heydt-Platz etwa hat sich in jeder Hinsicht verändert. Davon ist nicht nur das Mikroklima betroffen; der Stadtplatz selbst hat auch ein wenig seine Seele verloren. Bäume sind halt stille Freunde, die eine Stadt in besonderer Weise lebenswert machen.
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Dies Domini – 6. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr C/strong>
Es ist wieder Umbruchzeit. Immer dann, wenn das Leben neue Fragen und Herausforderung stellt – und das Leben stellt permanent neue Fragen und Herausforderung – ist Umbruchzeit. In Europa etwa müssen neue Wege gesucht werden, damit der globale Kontinentaldrift nicht auch den alten Kontinent zerreißt. Nationalistische „Ich zuerst“-Denken konkurriert mit einer von Solidarität geprägten Haltung, die weiß, dass Friede nur dann bestehen kann, wenn ein immer neuer Ausgleich zwischen den Reichen und den Armen gelingen kann. Das „Ich“ muss dann bisweilen zurückstehen zugunsten „der Andere“; wer hat gibt dann, weil er weiß, dass er nur so den (sozialen) Frieden bekommen kann, der alleine seinen Besitzstand zu wahren imstande ist. Gegenwärtig aber regiert in vielen europäischen Nationen eine kurzsichtige Gartenzaunmentalität, die übersieht, dass Grenzen zwar notwendige, letztlich aber bloß organisatorische Vereinbarungen von Zuständigkeiten sind; die Geschichte hat hinlänglich bewiesen, dass keine Grenze von ewigem Bestand ist.
Der Umbruch der Gegenwart ist von besonderer Bedeutung, weil er nicht mehr nur periphere Aspekte betrifft. Er ist global. Die von dem amerikanischen Präsidenten angezettelten Handelskriege machen vor keiner Grenze mehr halt. Das fragil austarierte Gleichgewicht ist aus dem Lot geraten. Aber diese Art zwischenmenschlicher Beziehungen ist noch nicht einmal die größte Herausforderung der Gegenwart. Das es um vielmehr als wirtschaftspolitische Fragen geht, zeigt der für jeden klardenkenden Menschen nicht zu leugnende Klimawandel. Das Klima macht vor keiner Grenze halt. Wer jetzt nur „Ich zuerst“ denkt, hat nicht begriffen, dass es mehr denn je auf die soziale Dimension des menschlichen Existentials ankommt: Nur wenn sich die Menschheit als Ganzes diesen zu einem großen Teil selbstverursachten Herausforderungen stellt, wird sie eine gute Zukunft haben. Das ist keine Dunkelmalerei. Es ist die Herausforderung der Gegenwart. Der Umbruch besteht in der Notwendigkeit einer echten μετάνοια (gesprochen: metánoia), also eines Umdenkens, dass liebgewordene aber letztlich bloß scheinbar selbstverständliche Gewohnheiten radikal in Frage stellt.
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Es ist die Woche der großen Interviews des Papstes gewesen. Allein schon die Tatsache, dass ein Papst freimütig Rede und Antwort steht, ist ein Zeichen, dass hier nicht bloß ein Windhauch säuselt. Es deutet sich eher ein grundlegender Klimawandel an, der Schritt für Schritt die Kirche erfassen wird. Es scheint so, als sei die Zeit gekommen, von der es in der ersten Lesung des 27. Sonntags im Jahreskreis des Lesejahres C heißt:
Denn erst zu der bestimmten Zeit trifft ein, was du siehst; aber es drängt zum Ende und ist keine Täuschung; wenn es sich verzögert, so warte darauf; denn es kommt, es kommt und bleibt nicht aus. (Habakuk 2,3)
Die Zeit des Wartens war lang. Viele haben oft und viele Male auf die Notwendigkeit der Änderung hingewiesen. Oft wurde mit dem Hinweis auf die Tradition und die Hierarchie betont, dass alles so sein müsse, wie es ist. Und nun kommt dieser Papst aus Argentinien und stellt allein durch sein Handeln das bisher Geltende auf den Kopf.
Das ist neu und stiftet bei vielen Hoffnung. Doch nicht alle können sich freuen. Die Traditionalisten, die die Tradition, die doch der Vorgang der Weitergabe ist und damit nach vorne drängt, schon dadurch verraten, dass sie das Vergangene festhalten wollen, löst das Verhalten des Papstes Befremden aus. So wertet etwa Matthias Gaudron von der traditionalistischen Piusbruderschaft in Deutschland die Absage des Papstes an eine übertriebene Suche nach Sicherheit im Glauben als „sehr problematisch“ (Quelle: katholische.de)
Aber auch bei vielen Progressiven, die lange Jahre auf eine Veränderung in der Kirche gehofft haben, herrscht bisweilen Skepsis. Es scheint, als trauten sie den neuen Zeichen nicht. Oft werden dann Desiderate aufgezählt, die der Papst schuldig geblieben ist. Er hat dann dies nicht gesagt und das nicht getan. Das was bisher in den nur gut sechs Monaten des franziskanischen Pontifikats getan hat, wird dann bestenfalls als Wetterleuchten gedeutet, vielleicht noch als Wetterumschwung, auf den dann doch wieder das alte Nebelwetter folgen wird. Es hat manchmal den Anschein, als herrsche auch hier Angst vor zu viel Veränderung. Was passiert, wenn die eigenen Träume erfüllt werden? Ist man dann noch als Kritiker gefragt?
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