Dies Domini – 12. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Selten verbreiteten sich Gerüchte schneller als in diesen Tagen. Was früher von Mund zu Ohr und von Mund zu Ohr geflüstert würde, das zwitschern heute die digitalen Spatzen aus dem virtuellen Äther in die Welt. Und wie es sich für ein Gerücht gehört, reicht es, dass es den Geruch des Möglichen verbreitet. Und dieser Geruch ist hartnäckig, denn das Mögliche ist beständiger als das Wahre. Wahr ist immer nur eine Möglichkeit, möglich aber ist vieles. Die Wahrheit zu finden, ist mühsam. Die Wahrheit ist scheu. Wer die Wahrheit sucht, muss Licht ins Dunkel bringen. Wahrheit braucht Aufklärung und Erkenntnis. Das Gerücht hingegen entlastet von den Anstrengungen der Wahrheitssuche, denn was viele gehört haben, muss doch irgendwie auch wahr sein. Der und die haben es doch auch schon gehört. Und so haftet der Geruch der Gerüchte lange in den Kleidern; gegen ihre Ausdünstungen, die schwer in der Welt liegen, kann sich der leichte und lichte Duft der Wahrheit nur schwer durchsetzen.
Gleichwohl lebt auch das Gerücht von der Lust der Wahrheitsfindung. Es verbreitet sich ja gerade aufgrund der Illusion, man würde etwas Wahres, was nur wenigen zugänglich ist, meist unter dem Siegel der Verschwiegenheit erfahren. Und weil man vor Stolz in den Kreis einiger weniger Eingeweihter zu gehören platzen könnte, muss man sich natürlich mitteilen. Der Stolz der so Illuminierten lebt ja davon, dass sie vor der Welt leuchten wollen. Die eigene Eitelkeit überstrahlt dabei die Frage, ob an einem Gerücht überhaupt etwas dran ist. Denn die Aufdeckung, dass an einem Gerücht nichts dran ist, würde doch bedeuten, dass man einer Illusion aufgesessen sei. Der Illuminierte würde sich als kleines Licht offenbaren, die Einweihung als Betrug. Zu einer solchen Selbsterkenntnis sind wohl nur wenige fähig. Und so weicht die scheue Wahrheit allzu oft der Lust an einer selbstreferentiellen Relevanz.
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Aufregend sind die Zeiten, in denen sich die katholische Kirche gegenwärtig befindet. Die Gezeiten sind unruhig. Bei unruhiger See ist es gleichgültig, ob man sich auf dem Wellenberg oder im Wellental befindet – entweder schlagen die Wellen über dem Schiff zusammen oder es droht beim nächsten Kawenzmann zu kentern. Es braucht jetzt erfahrene und mutige Seeleute, die das Schiff lenken. Es sind nicht immer die Kapitäne, die hier für die nötige Sicherheit sorgen; ein Kapitänspatent alleine reicht noch nicht, wenn es nur auf die goldenen Schulterklappen und die schicke weiße Mütze ankommt. Gefragt sind Erfahrung, Mut und Gelassenheit, aber auch Tatkraft und Entscheidungsfreude um ein Schiff lenken. Manch ein alter Matrose oder Steuermann hat da einen Vorsprung vor dem Kapitän. Ein guter Schiffskommandant weiß das und wird auf den Rat seiner erfahrenen Untergebenen hören; ist er aber eitel genug, die äußerlichen Insignien, die er seinem Patent verdankt, für das Wesentliche und Eigentliche zu halten, sieht er gerade im Annehmen eines Rates eine unzulässige Schwäche – eine Auffassung, die so manches Schiff zu einem Tummelplatz seltener Tiefseefischarten werden lässt.
Auch die Kirche benötigt eine Mannschaft aus erfahrenen Frauen und Männern, um in den Untiefen dieser Zeit nicht auf Grund zu laufen. Jetzt sind Lebenserfahrung und – weisheit gefragt. Im Sturm ist es nicht wichtig, welches Gewand jemand trägt, sondern was er oder sie kann und vor allem auch tut. Stattdessen aber trägt der innerkirchliche Systemkonflikt, der sich seit vielen Jahren immer mehr verschärft, dazu bei, dass die Kirche steuerungsunfähig von den Wellen des Zeitensturmes hin und her geworfen wird. Es geht vor allem um die Frage des Miteinanders von Klerikern und Laien.
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„Denn wie der Leib eine Einheit ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden.“ (1 Kor 12,12)
Liebe Leserinnen und Leser,
ohne erneut auf die Geschehnisse der letzten Wochen, für die die heutige Lesung sicherlich auch Relevanz hat, eingehen zu wollen, ist in dieser Botschaft, die der erste Korintherbrief uns an dieser Stelle übermittelt, viel Ermutigung für unseren Alltag als Christen.
Die Kirche befindet sich in Deutschland in einer großen Krise und zwar auch, aber nicht nur wegen persönlichen Fehlverhaltens einzelner. Wenn wir aus dieser Krise herauskommen wollen wird dies nur gemeinsam gehen. Jedes Glied der Kirche hat denselben Wert und eine enorm wichtige Bedeutung für den Leib, aber nicht jedes Glied ist gleich. So wie ein Körper Arme, Augen und einen Kopf hat, so hat dies auch der Leib der Kirche. Jeder hat seinen Platz, den er nach bestem Wissen und Gewissen ausfüllen kann und soll. Warum ist aus so vielen Kommentaren in persönlichen Gesprächen aber auch Meinungsbekundungen zum Beispiel in den sozialen Netzwerken wie Facebook, immer wieder so eine große Sehnsucht der Laien zu spüren „wie Priester“ zu sein. Ist Laie, vielleicht sogar Mutter oder Vater zu sein, nichts wert? Hängt das persönliche Heil so sehr an der Erlaubnis Sakramente spenden zu dürfen?
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