Wenigstens einmal im Jahr verlassen katholische Gläubige die schützenden Mauern der Kirche. Die Monstranz mit dem Allerheiligsten wird durch die Straßen getragen, jenem Stückchen ungesäuertem Brot, das nach katholischem Glauben durch die Konsekration zum Leib Christi selbst gewandelt wurde. Die, die dem Allerheiligsten durch die Straßen folgen, zeigen ihren Glauben mit offenem Visier. Zweifelsohne teilen nicht alle den Glauben an die reale Gegenwart Jesu Christi in der konsekrierten Hostie. Gerade deshalb zeugt es von Freimut, sich öffentlich zu seinem Glauben zu bekennen.
Öffentlicher Freimut – griechisch „Parrhesia“ – ist ein prägendes Wesensmerkmal, zu dem das Neue Testament immer wieder auffordert. Der Autor des 1. Petrusbriefes fordert unumwunden:
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“ (1 Petr 3,15)
Die freimütige Rede ist auch in der aktiven Verkündigung gefordert:
„Verkünde das Wort, tritt auf, ob gelegen oder ungelegen, überführe, weise zurecht, ermahne, in aller Geduld und Belehrung!“ (2 Tim 4,2).
Leisetreterei scheint offenkundig nicht die Haltung der Zeugen Jesu Christi zu sein.
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Sie saßen hinter verschlossenen Türen. Entscheidungen standen bevor. Von außen besehen herrschte Einmütigkeit; drinnen hingegen gespannte, vielleicht ängstliche Erwartung vor der großen Aufgabe. Nichts drang nach außen. Nichts sollte nach außen dringen. Wer weiß schon, was geschehen würde, wenn die Welt wüsste, worum es wirklich geht?
Nein, das ist nicht die in vielen Leserbriefen beschworene vermeintliche Haltung Wuppertaler Entscheidungsträgerinnen und –träger. Es ist die Situation, in der sich nach der Apostelgeschichte die Jünger nach der Himmelfahrt Christi befanden. Ihnen fehlte einfach noch der Mut zur offenen Auseinandersetzung.
Der Aufbruch kommt mit dem Pfingstfest. Eine plötzliche Begeisterung erfasst die eben noch Verschlossenen. Sie brechen auf. Im wahrsten Sinn des Wortes brechen sie Türen auf. Sie gehen in die Öffentlichkeit und bekennen öffentlich ihre Überzeugung. Viele begeistern sie mit ihrem Auftreten; bei vielen stoßen sie aber auch auf Widerstand. Wer öfffentlich redet, muss mit Gegenwind rechnen. Aber nur so kann die eigene Ansicht und die eigene Meinung zur Wahrheit reifen. Der Irrtum treibt hinter verschlossenen Türen seine eigenen Blüten.
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Anlässlich der Aktion „TalPassion“ wurde in Wuppertal eine Diskussion um die Frage eröffnet, wie öffentlich das Bekenntnis der Kirche sein darf. Zu einem wesentlichen Grundpfeiler der Demokratie gehört die Meinungsfreiheit. Untrennbar mit ihr verbunden ist die Bekenntnisfreiheit. Ein neutraler Staat hat beide zu schützen und die Ausübung von Meinungs- und Bekenntnisfreiheit zu fördern. Gerade an Orten, die dem demokratischen Diskurs offen stehen, müssen deshalb Meinungs- und Bekenntnisfreiheit. Keine Weltanschauung darf sie exklusiv für sich beanspruchen, keiner darf sie verwehrt werden. Auch wenn die Entscheidung für eine Religion oder Weltanschauung die private Angelegenheit des Einzelnen ist, die öffentliche Ausübung und die Ermöglichung des öffentlichen Bekenntnisses sind Grundwerte jeder Demokratie, zu der auch der kritische Diskurs der Weltanschauungen gehört.
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In Episode 32 äussern sich Dr. Werner Kleine und Matthias Nocke zur Kritik an der Kunstaktion TalPassion.
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Eine Auseinandersetzung mit der Dresdner Rede 2014 von Sibylle Lewitscharoff
Es ist heute wahrhaft nicht schwer, das Etikett „Intellektuell“ zu bekommen. Man muss schreiben können und die Möglichkeit haben, das Geschriebene auch zu veröffentlichen. Stemmt man sich dann noch gegen den Zeitgeist – was auch immer das sein soll … – dann steht der Bewunderung der Feuilletonisten nichts mehr im Wege. Leser von Feuilletons sonnen sich dann gerne im Glanz der intellektuell Etikettierten. Und je weniger man beim Lesen versteht, desto intellektueller muss der Autor wohl sein. Der Philosoph Karl R. Popper hat diese Erfahrung am eigenen Leib gemacht. Er stellt im Nachgang einer Fernsehdiskussion, an der auch Ernst Bloch teilgenommen hat, fast mehr amüsiert als resigniert fest:
Es kam zu einigen unbedeutenden Zusammenstößen. (Ich sagte, wahrheitsgemäß, daß ich zu dumm bin, um seine Ausdrucksweise zu verstehen.) Am Schluß der Diskussion bat uns der Gesprächsleiter, Dr. Wolf gang Kraus: „Bitte sagen Sie in einem Satz, was Ihrer Meinung nach am meisten not tut.“ Ich war der einzige, der kurz antwortete. Meine Antwort war: „Etwas mehr intellektuelle Bescheidenheit.“ (Quelle: Die Zeit, Jahrgang 1971, Nr. 39 – kursiv im Original)
Diese Erfahrung führt Karl R. Popper zu einer polemischen Abrechnung mit den von ihm so genannten „dreiviertel Gebildeten“, deren Anmaßung
das Phrasendreschen [ist], das Vorgeben einer Weisheit, die wir nicht besitzen. Das Kochrezept ist: Tautologien und Trivialitäten gewürzt mit paradoxem Unsinn. Ein anderes Kochrezept ist: Schreibe schwer verständlichen Schwulst und füge von Zeit zu Zeit Trivialitäten hinzu. Das schmeckt dem Leser, der geschmeichelt ist, in einem so „tiefen“ Buch Gedanken zu finden, die er schon selbst einmal gedacht hat. (Wie heute jeder sehen kann – des Kaisers neue Kleider machen Mode!). (Quelle: Ebd.)
So kommt er zu folgendem Schluss:
Das Schlimmste – die Sünde gegen den heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen es versuchen, sich ihren Mitmenschen gegenüber als große Propheten aufzuspielen und sie mit orakelnden Philosophien zu beeindrucken. (Quelle: Ebd.)
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