Dies domini – Vierter Adventssonntag, Lesejahr B
Es ist die Zeit der Rückblicke. Vom Ende her betrachtet erscheinen die Erfahrungen und Ereignisse der Vergangenheit in einem besonderen Licht. Was vor Jahresfrist noch nicht zu ahnen war, ist Wirklichkeit geworden. Es gehört wohl zum Menschsein, dass an zentralen Wendepunkten – und dazu gehören auch die Jahreswenden – Bilanz gezogen wird. Wird aus dem, was war, für die Zukunft Gutes werden können?
Man kennt die Ambivalenz der guten Vorsätze, deren Halbwertzeit oft nicht bis zum Ende des nächsten Tages währt. Man kann halt nicht wissen, was kommt; wohl weiß man, was war. Die Summe der Erfahrungen kann nicht geändert werden. Die Hoffnung auf das kommende hingegen ist bleibend flexibel. Was aber ist, wenn nach dem Ende nichts mehr kommt? Was ist, wenn die Bilanz endgültig und eben keine Zwischensumme mehr ist?
Von hier aus betrachtet haben letzte Worte ein besonderes Gewicht. Sie sind so bedeutsam, dass sie von großen Persönlichkeiten nicht nur überliefert, sondern ihnen mitunter sogar in den Mund gelegt werden. Hat Papst Johannes Paul II wirklich „Amen“ gesagt, bevor er starb? Und hauchte Julius Cäsar wirklich mit letzter Kraft „Et tu, Brute“, „Auch Du, Brutus“? Wer kann das schon sagen. Heute, ja heute würde das alles wahrscheinlich live via Smartphone ins Internet übertragen. Ohne diese Profanierung des Endes aber haben letzte Worte die Kraft, Legenden zu bilden. Von Jesus, dem fleischgewordenen Logos, werden sogar sieben letzte Worte überliefert, die er am Kreuz gesprochen, geschrien oder ausgehaucht haben soll.
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Dies Domini – 11. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Frömmigkeit feit vor Fehlern nicht. Schon gar nicht, wenn sich Frömmigkeit zur Überheblichkeit eines Bewusstseins außergewöhnlicher Erwähltheit entwickelt, die lässig auf all die herabschaut, die man für weniger fromm hält, als man es selbst ist. Gerne spricht der Fromme dann von den „Heiden“ und urteilt über alles, was nicht in sein Weltbild passt als „heidnisch“, vor allem dann, wenn er es mit Menschen zu tun hat, die vermeintlich ungläubig sind.
Freilich zeugt eine solche Denkweise von einer fundamentalen Wissenslücke, bezeichnet das Wort „Heide“ in den deutschen Übersetzungen des Neuen Testamentes meist jene Menschen, die im griechischen Urtext als ἔθναι (éthnai) bezeichnet werden. Der Begriff leitet sich von ἔθνος (éthnos) ab, der einfach „Volk“ bedeutet. Das ἔθνος τοῦ θεοῦ (éthnos toû theoû) ist das Volk Gottes. So bezeichnet sich das Volk Israel selbst. Davon werden die ἔθναι (éthnai) abgegrenzt – die Völker. Im Griechischen entsteht auf diese Weise ein signifikanter Unterschied, der semantisch aber doch Verwandtschaften zeigt. Theologisch hingegen liegen Welten zwischen Israel und den Völkern, wie er im Hebräischen zum Ausdruck kommt. Es ist Israel, mit dem Gott einen Bund geschlossen hat, wie es in der ersten Lesung vom 11. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A heißt:
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Dies Domini – 3. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Taten erwartet die Welt, Taten statt bloßer Worte. In kleinen und großen Stuhlkreisen aber beraten viele, die in der Kirche Verantwortung tragen, wie es mit dem Werkzeug Gottes in der Welt zukünftig weitergehen soll. Taten erwartet die Welt, Taten statt bloßer Worte. Die Verantwortlichen aber wissen offenkundig nicht, welches Wort jetzt richtig ist; und so beraten sie, die normative Kraft der Tat scheuend, einfach weiter und weiter. Es wird der Tag kommen – und erscheint nicht mehr fern –, da wird sich die Geschichte wiederholen, eine Geschichte, die Paul Herbert Freyer in seinem Tatsachenbericht „Sturmvögel: Rote Matrosen 1918/19“ über die revolutionäre Krise in den Umbruchszeiten nach dem 1. Weltkrieg beschreibt:
„Und da geschah das Unerhörte. Die Massen standen von früh um neun in Kälte und Nebel, und irgendwo saßen die Führer und berieten. Der Mittag kam und dazu die Kälte, der Hunger. Und die Führer berieten. Die Massen fieberten vor Erregung, sie wollten eine Tat, auch nur ein Wort, das ihre Erregung besänftigte. Doch keiner wusste, welches, denn die Führer berieten. Der Neben fiel nieder und mit ihm die Dämmerung. Traurig gingen die Massen nach Hause; sie hatten Großes gewollt und nichts getan, denn die Führer berieten.“
Ähnlich scheint die Kirche der Gegenwart gefangen im ewigen Stuhlkreis der Beratungen. Man beschwichtigt sich mit einer religiösen Sehnsucht der Welt, die statistisch festgestellt merkwürdig folgenlos für das Handeln und Verkündigen der Kirche bleibt. Man zitiert gerne Texte des Aufbruchs, der im Zweiten Vatikanischen Konzil spürbar war, als das Aggiornamento noch gegenwärtig eine frische Brise verheißend sicher keine Revolutionen, doch aber Aufbruch wittern ließ. Der Wind hat sich längst gelegt. Die große Sehnsucht ist da, die Antworten sind aber offenkundig keine mehr. Was nützt es, wenn man das Konzil zu Recht zitierend davon spricht, die Eucharistie sei Quelle und Höhepunkt allen kirchlichen Lebens, aber die Menschen kommen nicht mehr zum Quell des Lebens, weil sie ihren Durst anderswo zu stillen imstande sind. Fragen, die die Menschen stellen, harren auf Antworten, Antworten, die einleuchten. Bloße Behauptungen sind ebenso wenig Antworten wie korrekte Zitate. Hat die Kirche das Streiten mit der Welt verlernt?
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Dies Domini – Fünfter Fastensonntag, Lesejahr B
Heilmittel wirken nicht, wenn man sie nur besitzt. Man muss es sich schon einverleiben, damit es seine Kraft entfalten kann. Das Streben nach Geistlichkeit erliegt dem alten gnostischen Irrtum, wenn es das Körperliche geringachtet oder ignoriert. In der Erdenexistenz ist es ja gerade das Fleisch des Leibes, das dem Geistlichen Form und Gestalt gibt. Paulus weist zwar darauf hin, dass das Sichtbare vergänglich und das Unsichtbare ewig ist (vgl. 2 Korinther 4,14). Das aber widerspricht gerade nicht der Notwendigkeit, dass das Geistliche immer Form und Gestalt braucht. Das Fleischlich-Leibliche ist die Existenz des Geistlichen in Raum und Zeit, während das Geistliche in der Ewigkeit einer in irdischen Maßstäben nicht zu fassende „verklärte“ Leiblichkeit bedarf. Tatsächlich fasst Paulus deshalb den Tod als eine Art Umkleidung des Geistliche auf, wenn er im 2. Korintherbrief ausführt:
Wir wissen: Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes ewiges Haus im Himmel. 2 Korinther 5,1
Wie sehr gerade Paulus aber selbst das Fleischlich-Leibliche als gestaltgebender Ort des Geistlichen schätzt, wird im 1. Korintherbrief deutlich:
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Dies Domini – 23. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Mauerbewehrt waren die Städte in früheren Zeiten. Unbill und Gefahr sollte so abgewehrt werden. Fremde Bedrohungen, die oft nicht aus fernen Ländern, sondern vielleicht von direkt benachbarten Städten zu befürchten waren, würden sonst den Schlaf rauben. Kiel und Lübeck, Bremen und Hamburg, Köln und Düsseldorf können ein Lied davon singen. Die Fremden wohnen schon seit eh und je nur ein paar Kilometer weiter in der Nachbarschaft. Die Fremden sind immer schon nahe gewesen.
Die Fremden waren immer schon anders. Sie sprachen andere Dialekte, hatten andere Feste, Gebräuche, Sitten, Karnevalsrufe. Wehe dem, der ein unbekümmertes „Helau“ auf der Domplatte zu Köln ausruft. Und der, der in der Düsseldorfer Altstadt den Versuch unternimmt, ohne Gefahr für Leib und Leben ein Kölsch zu bestellen, darf wohl erst seit jüngst vergangenen Zeiten darauf hoffen, nicht geteert und gefedert zu werden. Die Fremden sind immer schon die anderen – auch wenn sie schon seit Jahrhunderten in der Nachbarschaft leben.
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Dies Domini – 22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Geht man derzeit durch unsere Städte und Dörfer, begegnen uns all überall auf Plakatständern, an Straßenlaternen und den großformatigen „Wesselmännern“ Wahlplakate aller möglichen und unmöglichen Parteien und Gruppierungen, auch solche, die uns, wie an der Kirche St. Laurentius in Wuppertal, auffordern, nur „keinen Scheiß“ mit unserm Kreuz zu machen, wozu ein „jesusartiger“ langhaariger Zeitgenosse uns freundlich lächelnd auffordert.
Und auch im Sonntagsevangelium geht es um das Kreuz, wenn Jesus seine Jünger auffordert, in seiner Nachfolge ihr Kreuz auf sich zu nehmen und ihm nachzufolgen.
„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ (Mt 16,24)
Selbst die Lesung des Römerbriefs warnt vor der Gleichmacherei mit der Welt:
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Dies Domini – 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Der Glaube stand schon in vielen Zeiten auf dem Prüfstand. Die Glaubens- und Religionskritik ist legitim, denn sie bewahrt die Glaubenden vor dem Abgleiten in die Banalität, dass man manches eben nur glauben kann. Nolens volens stimmt man dem Vorwurf der Religionskritik zu, Glaube sei eben nicht Wissen; was man aber nicht wissen könne, sei letztlich irrelevant, bestenfalls ein Opium für die Verlierer der Gesellschaft, die sich mit der Aussicht auf ein paradiesisches Jenseits vertrösten.
Zweifelsohne wohnt dem Glauben eine solche hoffnungsstiftende Kraft inne, die dem Glaubenden hilft, auch in schwierigen und existentiell bedrohlichen Situationen nicht zu verzweifeln. Gerade dann erweist sich die Kraft des Glaubens, wenn die Gebeugten ihre Häupter zum Himmel heben und den Herausforderungen des Lebens so erhobenen Hauptes entgegensehen. Hierin zeigt sich aber schon, dass der Glaube viel mehr ist als Vertröstung auf ein Jenseits. Einem solchen Glauben komtt eine geradezu revolutionäre Dimension zu, die sich nicht mit den Zuständen zufriedengibt, sondern auf eine immer gerechtere gesellschaftliche Wirklichkeit ausgerichtet ist. Das Reich Gottes ist für Christen zu nahe, als dass man auf das Jenseits warten müsste.
Ein solcher Glaube duldet nicht nur keine Vertröstung; ein solcher Glaube beruht auf einer tiefen Vergewisserung. Allein die etymologische Herkunft des deutschen Wortes „Glaube“ macht das schon deutlich. Es leitet sich von „geloben“ (altdeutsch: gelobistu) ab. Etwas geloben kann man aber nur, von dem man sich selbst vergewissert und Kenntnis gewonnen hat. Die gleiche Wortbedeutung findet sich auch in dem Begriff, den das Neue Testament für „Glaube“ bzw. „glauben“ verwendet: Das Substantiv πίστις (gesprochen: pístis) bzw. das Verb πιστεύειν (gesprochen: pisteúein) heißen in der Grundbedeutung „von etwas überzeugt sein“. Überzeugung setzt aber Verstand und Vernunft voraus, sonst kann keine Überzeugung begründet werden. Überzeugungen sind mehr als Befindlichkeiten. Überzeugungen vertragen den modernen „Gefällt mir“-/“Gefällt mir nicht“-Modus nicht. Überzeugt sein können nur diejenigen, deren Haltungen fest gegründet sind. Nicht ohne Grund kann Paulus deshalb im zweiten Brief an die Korinther feststellen:
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Dies Domini – 25. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C
Zeit ist ein Phänomen des Lebens. Tote haben keine Zeit mehr. Sie brauchen keine Zeit mehr. Lebende hingegen unterliegen dem Paradox der Zeit, jenem Phänomen, das aus der unendlichen Fülle der Möglichkeiten doch nur je eine realisiert werden kann. Es ist der Schein, den Eltern manchmal ihren Schützlingen motivierend mit auf dem Weg geben, dass einem alle Möglichkeiten offen stünden, wenn man sich denn nur genügen anstrengen würde. Tatsächlich aber kann immer nur eine Möglichkeit Wirklichkeit werden. Die Entscheidung für diese Möglichkeit ist so irreversibel wie das Leben selbst. Sie ist getroffen und determiniert von nun an alle anderen Lebensentscheidungen und –varianten. Selbst wenn sich die zuerst ergriffene Variante als falsch herausstellt und selbst wenn ein Mensch den Mut besitzt, diese Sackgasse seines Lebens durch Umkehr zu verlassen – die ursprünglich getroffene Entscheidung ist geschehen und zum Fakt geworden. Und so begrenzt der Mensch in jeder Sekunde seines Lebens die unendliche Fülle der Möglichkeiten auf immer nur eine tatsächlich vollzogene, der er in seinem Leben im Gelingen wie im Nichtgelingen, im Guten wie im Schlechten Gestalt gibt.
Wahrlich: Die Zeit birgt in sich das Geheimnis des Lebens. Zeit ist Werden und Vergehen, Erstehen und Untergehen. Erst im Tod kommt die Zeit zu sich selbst, wird erfüllt in die Zeitlosigkeit hinein, in jene letzte Unumkehrbarkeit des Lebens, wenn alle Entscheidungen getroffen sind. Es ist jene Zeitlosigkeit, die die Zeit umfängt, in sich aufnimmt, erfüllt. Alles Seiende kommt letztlich aus der Zeitlosigkeit, nimmt Zeitgestalt an, wird, vergeht und übergibt sich wieder der Zeitlosigkeit. Niemand hat den Anfang gesehen, keiner wird das Ende schauen. Die Zeit ist ein vergängliches Phänomen.
Für den Menschen erscheint die Zeit selbst als Kontinuum. Sein Bewusstsein ist zeitbesessen. Er wird hineingeboren in eine zeitliche Realität, die vor ihm beginnt; und er schafft durch seine zeitliche Existenz Realitäten, die die ungefragten Voraussetzungen für später Geborene schaffen. Die Freiheit der zeitlichen Existenz wird auf diese Weise merkwürdig paradox determiniert. Des Menschen Freiheit ist nicht absolut, sondern zeitgebunden. Es sind die vorgefundenen Realitäten anderer und die selbsterschaffenen Realitäten, die – in steter Wechselwirkung miteinander verbunden – den Rahmen des Lebens schaffen, innerhalb derer sich der einzelne Mensch interaktiv verwirklicht.
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Dies Domini – 33. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B
Es sind die Tage der Not, in der viele Wort gemacht werden. Der Schockstarre des Entsetzens und dem Moment erschrockenen Schweigens folgen Erklärungsversuche, die das Unfassbare begreifbar zu machen versuchen. Es sind die immer gleichen Worte, die in solchen Momenten zu hören sind. Geradezu rituell versichern sich die Getroffenen gegenseitig der Solidarität. Und das ist gut so!
Die Feigheit der Attentäter in Paris hat über 120 Menschen das Leben gekostet. Nach allem, was man in dem Moment, in dem diese Zeilen entstehen, gut einen Tag nach der Attacke, weiß, sollen die Angreifer gerufen haben „Das ist für Syrien“. Sie kämpfen bis an die Zähne bewaffnet einen Kampf gegen Unbewaffnete. Mannhaftigkeit sieht anders aus. Märtyrertum auch. Es sind die Mächte der Finsternis die so kämpfen, verdunkelte Seelen, die das Leben verachten. Wer aber das Leben verachtet, das eigene wie das fremde, verachtet auch den Geber des Lebens.
Es gibt keine Worte die das Unfassbare begreifen können. Sinnloses kann auch durch noch so viele Zeichen, Gesten, Rituale und Erklärungsversuche nicht mit Sinn aufgeladen werden. Und doch werden viele Worte gemacht. Worte verbinden. Sie helfen, die Sinnlosigkeit zu überleben. Es muss geredet werden, um die Trauer bewältigen zu können.
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Dies Domini – Hochfest Allerheiligen, Lesejahr B
Wandernde Völker werden von vielen als Bedrohung empfunden. Tatsächlich sind sie ein Zeichen messianischer Zeit. Die große Völkerwanderung der Gegenwart, ausgelöst durch die Vertreibung der vielen durch Krieg und Verfolgung, wird daher zur Bewährungsprobe gerade für diejenigen, die dem vom Kreuzestod Auferstandenen nachfolgen: Jesus Christus ist gerade in der Auferstehung vom Kreuzestod als Messias offenbar geworden. Die, die sich ihn nachahmend Christen nennen, sollten deshalb wissen, dass sie bereits in der messianischen Zeit leben. Und als ein Zeichen der messianischen Zeit verheißt der Prophet Jesaja die Wanderung der Völker zum Zion:
Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Völker. Viele Nationen machen sich auf den Weg; sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. (Jesaja 2,3f)
Sicher, so wird nun manch einer einwenden, das ist ein Vision. Und wer Visionen hat, der soll nach einem Wort von Altbundeskanzler Helmut Schmidt zum Arzt gehen. Nun hat sich aber genau diese Vision nicht als Utopie erwiesen. Dass es heute das christliche Abendland überhaupt gibt, ist ein Erweis, dass sich die jesajanische Vision erfüllt hat. Die allermeisten Christen heute sind ja keine Angehörigen des jüdischen Volkes. Sie sind gojim, Nichtjuden, wie es auf Hebräisch heißt. Im Neuen Testament werden die Nichtjuden meist als ἔθνος (gesprochen: éthnos), seltener als λαός (gesprochen: laós) bezeichnet. Beides meint „Volk“. Übersetzt wird es hingegen, wenn die Abgrenzung zum Judentum gemeint ist, als „Heiden“.
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